Projektentwicklungsmarkt

Weniger Planungen, viele Verzögerungen

Weniger Projektentwicklungen in A-Städten wie Berlin. Bild: Fotolia

rv DÜSSELDORF.Drastisch steigende Materialkosten und ein historisch schneller Anstieg der Zinsen im ersten Halbjahr 2022 zeigen inzwischen auch deutliche Spuren im Projektentwicklermarkt. Nach einer Auswertung der Aktivitäten in den deutschen A-Städten schrumpft das Entwicklungsvolumen gemessen an 2022 laut Bulwiengesa um 5,7%. In dieser Gemengelage ist zudem zusätzliches Fremdkapital von den Banken nach Feststellung der BF.Direkt AG schwer zu bekommen.

Nachdem der Entwicklermarkt schon seit geraumer Zeit unter den stark veränderten Marktbedingungen ächzt und Nachrichten über die Verzögerung oder die Stornierung von Projekten die Runde machten, kann das Analyseunternehmen Bulwiengesa nach den Worten von Felix Embacher, Head of Research & Data Science, diese Entwicklung nun auch anhand der aktuellen Zahlen belegen. Dass die Projektentwickler nach dem eklatanten Anstieg der Finanzierungskosten viel skeptischer auf ihre Ertrags-Chancen blicken, ist laut Embacher vor allem am Einbruch bei den Projektplanungen abzulesen. Diese gehen gegenüber 2022 um 7,8% zurück.

Einziger Vorteil dieser Entwicklung ist aus seiner Sicht, dass dadurch die Gefahr gedämpft wird, dass bei nachlassender Nachfrage zu viel gebaut wird, was im Büroimmobilienmarkt von Vorteil sein könnte. Hier macht sich der wachsende Trend zum Homeoffice bemerkbar und löst einen Strukturwandel aus. Hinzu kommt, dass dadurch dringend benötigte Ressourcen frei werden für die erforderliche Sanierung von Bestandsimmobilien.

Im Segment Wohnimmobilien wird man das angesichts des Wohnungsmangels insbesondere in den deutschen A-Städten Berlin, Frankfurt, Hamburg, München, Düsseldorf, Köln und Stuttgart wohl eher nicht so sehen „Ausgerechnet in den Metropolen, wo die Wohnungsnot am größten ist, schläft die Bautätigkeit nun vollends ein“, bedauert Sven Carstensen, Vorstand bei Bulwiengesa, als er die Zahlen vorstellte: „Ohne Beschleunigung der Verfahren und zumindest temporäre finanzielle Förderung von Wohnungsbau werden wir das Problem nicht lösen.“

Ein Rückgang der Wohn-Projektfläche um 20,4 Mio. qm in den A-Städten entsprechen laut Bulwiengesa einem Rückgang von -1,6 Mio. qm oder -7,4% im Vergleich zur Vorjahresauswertung. Denn bereits vor Ausbruch der Pandemie und des Angriffskriegs führten die hohen Grundstückspreise und Baukosten, politische Restriktionen und ein Ausweichen auf kleinere Städte oder das Umland der Metropolen zu einem kontinuierlichen Rückgang, wie das Analyseunternehmen schreibt. Ein Plus bei den Wohnprojektentwicklungen wurde demnach zuletzt 2019 registriert.

Wie die Untersuchung weiter ergibt, gehen die Projektflächen in Berlin um 790 000 qm zurück, für Düsseldorf und Hamburg wurde beim Projektvolumen ein Rückgang um -15% registriert. Außer in Köln mit +1% gehen die Wohnprojektflächen in allen A-Städten zurück. Vor allem die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften sind noch aktiv. Dagegen ziehen sich die Trader Developer, die für den Verkauf entwickeln, deutlich stärker aus den Metropolen zurück.

Die meisten Verzögerungen sind laut Embacher im Segment Büroimmobilien zu beobachten, die wenigsten bei Logistikprojekten. Hier gehen die Entwickler offenbar auch künftig von einer hohen Nachfrage aus, denn angesichts der großen Lieferengpässe und der De-Globalisierung legen immer mehr Unternehmen Läger an, um ihre Produktion sicher zu stellen.

Im Handel geht die Kurve bei Fertigstellungen, Planungen und Projekten im Bau laut Bulwiengesa bereits seit 2020 kontinuierlich zurück. „Umso erstaunlicher ist, dass sich das Volumen der Handels-Projektentwicklungen stabil zeigt“, schreibt das Analysehaus weiter, gibt aber auch zu bedenken, dass in den Zahlen die Sanierungen und Umgestaltungen von Handelsflächen einbezogen sind, so dass die Verkaufsfläche netto nicht zunimmt. Mit Blick auf die Tatsache, dass es nach Schätzung von Experten hierzulande ohnehin zu viel Einzelhandelsflächen gibt, ist das auch kein Manko. Mit Verzögerungen hat die Branche allerdings auch zu kämpfen. Jedes vierte Handelsprojekt werde später fertig als noch Ende 2022 geplant.

Die aktuelle Marktsituation mit steigenden Zinsen, hoher Inflation und hohen Baukosten bei gleichzeitig zurückgehender Nachfrage hat sich auch stark auf die Projekt-Finanzierung ausgewirkt. Nach den Worten von Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG, brauchen „viele Projektentwickler derzeit frisches Eigenkapital, da sie in der aktuellen Situation kein zusätzliches Fremdkapital mehr von Banken bekommen“. Um das auszugleichen bleibt ihnen derzeit zur Kapitalbeschaffung die Hereinnahme von sogenanntem Preferred Equity oder eines Joint-Venture-Partners. Fedele: „Die Voraussetzung ist aber immer, dass das Objekt eine Chance hat, in der heutigen Marktlage Gewinne zu erwirtschaften."

Mit Blick auf die Bedeutung des Development Monitors konstatiert er, dass in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit solche Informationen und die dadurch geschaffene Transparenz wichtiger denn je sind. Deshalb wird die BF.direkt AG Bulwiengesa beim digitalen Ausbau des Development Monitors und der Developer Profile unterstützen. „Das hilft auch uns als Finanzierungsberater, die Marktlage richtig einzuschätzen und Trends zu erkennen“, so Fedele.