Metro AG

Vorstand beim Real-Verkauf unter Zeitdruck

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Ruth Vierbuchen, Chefredakteurin „Handelsimmobilien Report“

Der Metro-Vorstand drückt aufs Tempo, um den Verkauf von Real Ende Januar abschließen zu können. Den Ausschlag für die Hinwendung zu den Verhandlungspartnern The SCP Group S.à.r.l. und x+Bricks gab deren Bereitschaft, das kartellrechtliche Risiko des Verkaufs alleine zu tragen.

Zuversicht und Optimismus zu verbreiten, gehört offenbar zu den Stärken von Metro-Chef Olaf Koch. Auf die Frage, ob er wirklich glaubt, dass die Verhandlungen mit dem Handelsimmobilien-Konsortium aus The SCP Group S.à.r.l. und x+Bricks über den Verkauf der Real GmbH, wie angekündigt, bis 31. Januar 2020 so weit gediehen seien, dass der Kaufvertrag abschlussbereit sei, gab er sich „absolut“ zuversichtlich. Trotz der Tatsache, dass das Konsortium erst nach der Wiederaufnahme der Verhandlungen mit der Metro Ende Oktober Zugang zum Datenraum hatte.

Den Ausschlag für den Schwenk zu den neuen Interessenten gab laut Koch deren Bereitschaft, das „kartellrechtliche Risiko“, das mit dem Verkauf verbunden ist, allein zu tragen. Denn das Konsortium ist bereit, das operative Geschäft des SB-Warenhausbetreibers mit noch 276 Filialen - die meisten sind gemietet - sowie mit 80 Real-Immobilien, die der Metro gehören, sofort vollständig zu übernehmen.

Hintergrund dieser wettbewerbsrechtlichen Überlegungen ist die Tatsache, dass der größte Teil der Real-Märkte von anderen deutsche Lebensmittelkonzernen übernommen wird. So hatte jüngste die Hamburger Edeka die Übernahme von 87 Real-Standorten beim Bundeskartellamt angemeldet. Da Edeka schon heute der größte Lebensmittelhändler Deutschlands ist, wird die Behörde die Wettbewerbssituation in den regionalen Märkten sehr genau prüfen. Das kostet Zeit. Weniger ins Gewicht fallen die bisher beim Bundeskartellamt angemeldeten Übernahmen von Tegut und der Georg Jos. Kaes GmbH mit jeweils sieben Märkten.

Doch auch der SB-Warenhaus-Betreiber Kaufland, der anfänglich als Dritter im Bunde mit Handelsexpertise zum Konsortium aus The SCP Group sowie x+Bricks gehörte, will dem Vernehmen nach 120 Standorte übernehmen. Auch wenn sich Kaufland zurückgezogen hat, weil das Konsortium ansonsten vom Bundeskartellamt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht die Genehmigung erhalten hätte, Real zu übernehmen, dürfte das Unternehmen an etlichen Standorten interessiert sein.

Wenn das neue Konsortium, das auch deshalb wieder zum Zuge kommt, weil es beim Kaufpreis nachgelegt hat und wie die Redos Group nun 0,5 Mrd. Euro bietet, Real wie geplant vollständig übernimmt, muss Metro die Hängepartie, die mit den Prüfungen durch das Bundeskartell verbunden ist, nicht mittragen. Im Gegensatz dazu gehörte zu den Bedingungen des Konsortiums um die Hamburger Redos Group, dass die Metro AG das operative Geschäft des SB-Warenhaus-Betreibers noch für drei Jahre begleitet und bis dahin mit 24,9% an der Real GmbH beteiligt bleibt. Mit Blick auf die Tatsache, dass Redos zwar Spezialist für Handelsimmobilien und Fachmarktimmobilien wie SB-Warenhäuser ist, aber keine Expertise in punkto Lebensmittelhandel hat, war diese Forderung auch im Interesse von Real und seiner Mitarbeiter aber sinnvoll.

Doch nachdem der Metro-Vorstand den Verkauf von Real bereits im September 2018 überraschend angekündigt hatte und sich der Prozess viel länger hinzieht, als geplant, steht das Unternehmen offensichtlich unter Zeitdruck. Denn für den tschechische Großaktionär Daniel Kretinsky, der knapp 30% der Anteile an der Metro AG hält, ist dem Vernehmen nach der Abschluss des Real-Verkaufs - neben dem Verkauf von Metro China - die Voraussetzung für ein weitergehendes Engagement bei Metro.

Neues Konsortium übernimmt kartellrechtliches Risiko allein

Koch stützt seine Zuversicht darauf, dass die kartellrechtliche Transparenz heute größer sei als im Mai, als die exklusiven Vertragsverhandlungen mit dem Konsortium um Redos aufgenommen wurden. Wie er berichtet, sei die Lage mit dem Bundeskartellamt geklärt worden, um die Gefahr zu bannen, dass die Behörde „nein“ sagt zu den Plänen, das Gros der Real-Standorte (über 200) an andere Lebensmittelhändler abzugeben. Im Zuge der Übergabe der Märkte an Wettbewerber sollen diese vertraglich zur Übernahme der Real-Mitarbeiter verpflichtet werden. So wie beim Redos-Konsortium geht es bei The SCP Group / x+Bricks im wesentlichen um die Übernahme der 65 Real-Märkte (plus einiger weiterer Immobilien), die im Eigentum der Metro sind. Für Real bedeutet die geplante Transaktion, dass das Unternehmen das Gros seines Vertriebsnetzes verliert und der Umsatz drastisch schrumpft. Damit stellt sich die Frage, wie wettbewerbsfähig das operative Geschäft im preisaggressiven deutschen Lebensmitteleinzelhandelsmarkt dann noch ist? Und was der neue Eigentümer ohne Erfahrung mit Lebensmittelhandel mit der Kerngesellschaft vorhat?

Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2018/19 (30.9.) ging der Umsatz von Real flächenbereinigt um 0,6% auf 6,942 Mrd. Euro zurück, nach 7,058 Mrd. Euro im Vorjahreszeitraum, das Ebitda wird mit -154 Mio. Euro beziffert, nach +154 Mio. Euro im Jahr zuvor und das Ebit mit minus 555 Mio. Euro nach einem Minus von 83 Mio. Euro im Geschäftsjahr 2017/18. Wie es im Geschäftsbericht dazu heißt, wurden auf Grund des Ausweises nach IFRS 5 „als nicht fortgeführte Aktivität“ im Geschäftsjahr 2018/19 „Abschreibungen für das SB-Warenhausgeschäft auf Anlagevermögen in Höhe von 180 Mio. Euro ausgesetzt“. Zudem sei im Rahmen des fortgeschrittenen Verkaufsprozesses eine Wertminderung des SB-Warenhausgeschäfts in Höhe von 401 Mio. Euro erfolgswirksam erfasst worden.

Im fortgeführten Geschäft, dem Metro-Großhandel, erzielte die Metro AG ein Umsatzwachstum von 1,1% auf gut 27 Mrd. Euro. In seiner Prognose für das Geschäftsjahr 2019/20 erwartet Koch ein Umsatzwachstum in der Bandbreite von 1,5 bis 3%. Das Ebitda (ohne Immobilientransaktionen) ging um 4,2% auf 1,173 Mrd. Euro zurück. Das Ergebnis aus Immobilientransaktionen lag bei 388 Mio. Euro, nach 338 Mio. Euro 2017/18. Wie Finanzvorstand Christian Baier betonte, bleibt das Immobiliengeschäft, vor allem die Projektentwicklung, wichtiger Bestandteil der Strategie. Dabei setzt das Unternehmen auch darauf, die Großmärkte durch andere Nutzungen wie Wohnungen zu ergänzen. 2019/20 erwartet Metro-Chef Koch ein Ebitda ohne Immobilientransaktionen auf dem Niveau von 2018/19.