Modehandel: Durchwachsenes Jahr 2022

Verkauf über Internet oft unwirtschaftlich

rv DÜSSELDORF: In den vergangenen Jahren haben viele Textil-, Schuh- und Lederwarengeschäfte ihre Online-Verkaufsaktivitäten forciert – oft als Reaktion auf die Zwangsschließungen und Corona-bedingten Beschränkungen. Nach einer Unternehmerbefragung des BTE im Januar will sich das Gros künftig dennoch allein auf den stationären Verkauf konzentrieren. Dabei gibt es jedoch Unterschiede, je nach Verkaufsformat bzw. Verkaufskanal. Die wirtschaftliche Lage ist durchwachsen.

Nach Feststellung des Handelsverbands Textil, Schuhe, Lederwaren (BTE) hatten vor dem Jahr 2022 bereits 35% der Umfrageteilnehmer einen eigenen Webshop, 5% haben ihn im vergangenen Jahr eingerichtet. Weitere 5% sind bei ihrem Webshop noch in der Planungsphase. Allerdings: Die Mehrheit (56%) lehnt in der gegenwärtigen Situation die Einrichtung eines eigenen Webshops ab.

Den Verkauf über Social-Media-Kanäle haben laut BTE vor 2022 bereits 31% praktiziert, ein Prozent hat 2022 damit begonnen und 14% wollen das in Zukunft in Angriff nehmen. Die Mehrheit (54%) will aber auch diesen Weg nicht gehen.

Ein weiteres Internet-Thema sind die Online-Plattformen über die vor 2022 bereits knapp die Hälfte der Befragten (49%) Ware verkauft hat. Ein weiteres Prozent ist im vergangenen Jahr hinzugekommen und weitere 4% wollen diesen Vertriebsweg demnächst ausprobieren. Aber auch bei diesem Thema gibt es laut BTE 46%, die den Verkauf über Plattformen derzeit ablehnen.

Als Hauptgrund für diese hohe Skepsis hat der Mode- und Schuhverband die hohe Kostenbelastung identifiziert, die für den stationären Mode-Handel damit verbunden ist: „Fast drei Viertel der Umfrageteilnehmer gaben an, dass sich ein eigener Webshop für sie betriebswirtschaftlich (Vollkostenrechnung) nicht lohnt, beim Plattform-Verkauf und bei den Sozialen Medien vermeldete dies mehr als die Hälfte“, fasst der Verband die Ergebnisse zusammen: „Über alle Online-Kanäle hinweg schreiben also fast 60% der Teilnehmer mit ihren Online-Verkäufen rote Zahlen.“

Nur jeder fünfte Teilnehmer bezeichnete seine Online-Aktivitäten als „betriebswirtschaftlich eindeutig lohnenswert“, wobei der Verkauf über Soziale Medien noch etwas besser abschneidet. Ein weiteres Fünftel erzielt damit zumindest einen Deckungsbeitrag – allerdings mit großen Unterschieden zwischen den verschiedenen Vertriebswegen.

Laut BTE-Umfrage wirken sich die Online-Aktivitäten auch nicht steigernd auf die Umsatzentwicklung aus. Bei fast der Hälfte der Befragten lag der Umsatzanteil bei unter 5% des Gesamtumsatzes, bei 27% lag der Online-Anteil zwischen 5 und 10% und bei 9% zwischen 9 und 20%. In der Spanne von 20 bis 30% bewegen sich 7% der Befragten bei ihren Online-Verkäufen. Es gibt aber auch die 9%, die immerhin mehr als 30% ihrer Erlöse via Online-Verkauf erzielen.

Diese Zurückhaltung des Mode-Handels bei teuren Online-Aktivitäten muss auch vor dem Hintergrund der Tatsache gesehen werden, dass nach Feststellung des Verbands nach den schwierigen Corona-Jahren 2020 und 2021 zu viele Unternehmen im Vorjahr rote Zahlen schrieben. 2022 sei für viele Textil-, Schuh- und Lederwarenhändler sehr durchwachsen gewesen, schreibt der BTE nach seiner Umfrage im Januar. Zwar hätten drei von zehn Modehändlern ein operatives Geschäftsergebnis von mehr als 5% des Bruttoumsatzes – unter Berücksichtigung kalkulatorischer Kosten – erzielt, bei einem Viertel habe der Ertrag aber nur bei +1 und +5% gelegen.

Als problematisch bewertet der Verband, dass 12% der Befragten nur ein halbwegs ausgeglichenes Ergebnis in der Bandbreite von +1 und -1% erreicht hat und ein knappes Drittel der Umfrageteilnehmer tief in den roten Zahlen landete. Bei jedem Fünften lag der operative Verlust sogar bei -5% oder schlechter (siehe Grafik). Vor diesem Hintergrund konstatiert der BTE-Hauptgeschäftsführer Rolf Pangels, dass bei einem Gutteil der Unternehmen die vollständige Rückkehr zur Normalität nach zwei „hochproblematischen Corona-Jahren mit zum Teil hohen betriebswirtschaftlichen Verlusten“ damit noch nicht erreicht werden konnte.

Externe Gründe wie der Ukraine-Krieg mit seinen Kostenbelastungen erschweren derzeit die Rückkehr zur Normalität zusätzlich. „Angesichts der wohl weiter steigenden Kosten und gleichzeitig unsicheren Umsatzentwicklung dürften rund die Hälfte der Unternehmen Probleme haben oder bekommen, notwendige Investitionen in ihre Wettbewerbsfähigkeit zu tätigen“, befürchtet Pangels.

Vor diesem Hintergrund blickt der Textil-, Schuh- und Lederwarenhandel auch mit Zurückhaltung auf 2023 und die Entwicklung seiner Umsätze. So rechnen laut BTE nur 40% der Befragten mit einem nennenswerten Umsatzplus gegenüber 2022, in der Bandbreite von -1 bis +1% sehen sich 27% und etwa ein Drittel befürchtet einen Rückgang von mindestens einem Prozent. Die Hälfte aus dieser Gruppe befürchtet sogar ein Minus von mindestens 5%. Dieser Einschätzung des Geschäftsverlaufs dürfte auch die Zurückhaltung bei den Online-Aktivitäten erklären.