Vermietungsmarkt Logistik

Schwächelnder Online-Handel und hohe Mieten dämpfen die Nachfrage

Neues Amazon Logistikzentrum in Horn-Bad Meinberg. Bild: Bremer

Nach zwei Rekordjahren 2021 und 2022 hintereinander konnte der hiesige Logistikimmobilienmarkt bei der Vermietung im vergangenen Jahr kein erneutes Rekordergebnis und damit kein weiteres Ausnahmejahr verzeichnen. Die Nachfrage nach Flächen hat sich abgeschwächt, der Online-Handel geht nach dem Corona-Boom erst einmal in die Konsolidierung und steigende Mieten sowie Flächenknappheit begrenzen den Flächenumsatz.

So lag das Vermietungsvolumen im vierten Quartal 2023 – trotz Belebung in der zweiten Jahreshälfte – laut Colliers in den acht stärksten deutschen Industrie- und Logistikimmobilienmärkten mit 2,2 Mio. qm um 33% unter dem Vorjahreszeitraum und um 29% unter dem Fünf-Jahres-Durchschnitt. CBRE ermittelte sogar nur ein Flächenvolumen von 1 Mio. qm. Der deutliche Rückgang im Flächenumsatz hat nach Feststellung von Rainer KoepkeHead of Industrial & Logistics bei CBRE in Deutschland, mehrere nachfrage- und angebotsbedingte Ursachen. Einerseits schwächte sich die Nachfrage im Einzelhandel und im eCommerce deutlich ab, andererseits werden viele Unternehmen durch die sprunghaft gestiegenen Mieten vorsichtiger und ziehen es vor, ihre Mietverträge zu verlängern, statt neue Logistikflächen zu mieten.

Dabei war laut CBRE zu beobachten, dass nicht nur die Zahl von Online-Händlern, die neue Flächen nachfragten, überschaubar war, sondern dass es mehrfach sogar zu Untervermietungen an Dritte kam, weil die eCommerce-Mieter die Flächen nicht auslasten konnten. Diese Nachfrageverschiebung sieht auch Nicolas RoyHead of Industrial & Logistics Germany bei Colliers, da Handelsunternehmen generell zögerlich gewesen seien und teils sogar Flächen an den Markt zurückgegeben hätten – wobei insbesondere eCommerce-Unternehmen ihre Expansionspläne anpassen mussten.

So ging unter den drei großen Nutzergruppen der Flächenumsatz am deutlichsten bei den Handelsunternehmen/Online-Händlern zurück – laut CBRE um 54% auf 1,55 Mio. qm, wodurch der Anteil am gesamten Flächenvolumen von 41% im Jahr 2022 auf zuletzt 29% sank. BNP Paribas Real Estate (BNPPRE) sieht den Anteil sogar nur noch bei 21%. Darüber hinaus ging das Vermietungsvolumen jedoch in allen drei Bereichen zurück, sodass sich das Flächenvolumen im Handel laut CBRE auf einem vergleichbaren Niveau befindet wie die Branche Produktion, deren Volumen um 16% auf 1,46 Mio. qm sank, sowie Transport & Logistik, wo der Anteil um 25% auf 1,65 Mio. qm zurückging. BNPPRE sieht den Anteil der Logistikdienstleister bundesweit bei knapp 29%.

Neubau-Eigennutzungen dominierten den Markt

Laut Colliers ist es auf Grund der leichten Rezession aber auch für Industrieunternehmen und Kontraktlogistiker derzeit schwierig, ihren Flächenbedarf richtig einzuschätzen. Als wesentlichen Treiber des Vermietungsgeschäfts im vergangenen Jahr identifizierte BNPPRE den Automobilsektor, der mit 1,2 Mio. qm für rund ein Fünftel des Gesamtergebnisses verantwortlich zeichnete. Dadurch erreichte die Industrie- und Produktionsbranche nach Berechnung des Immobilienberaters im Vorjahr sogar einen Flächenumsatz von rd. 2,6 Mio. qm.

Insgesamt ermittelten die Immobilienberater für das Jahr 2023 einen Flächenumsatz, den CBRE mit 5,35 Mio. qm und BNPPRE mit 6,3 Mio. qm beziffert. Den Zehn-Jahres-Schnitt berechnete CBRE mit 6,67 Mio. qm. „Dass im Zeitraum seit 2014 nur in den Jahren 2022 mit knapp 8,5 Mio. qm, 2021 mit fast 9,2 Mio. qm und 2018 mit rund 7,4 Mio. qm signifikant höhere Gesamtvolumina als in den vergangenen 12 Monaten generiert wurden, unterstreicht das weiterhin positive Marktsentiment“, bewertet BNP Paribas Real Estate das Vermietungsjahr 2023 im Logistikimmobilienmarkt.

Bei den drei größten Vermietungsabschlüssen des vergangenen Jahres handelte es sich laut CBRE allesamt um Neubau-Eigennutzungen, wobei auf die Anmietung durch Daimler Trucks mit 260 000 qm in Halberstadt der größte Deal entfiel, gefolgt von VW/Power Co mit 210 000 qm in Salzgitter und – allen negativen Nachrichten vom Online-Handel zum Trotz – Amazon mit 174 400 qm in Horn-Bad Meinberg auf dem dritten Platz. Damit entfiel auf Neubauten mit 2,97 Mio. qm laut CBRE ein Anteil von 62% (-6%), was angesichts des geringen Leerstands in der Branche nicht verwundert.

Zwar ist die Logistikimmobilien-Branche von Insolvenzen großer Entwickler bisher verschont geblieben, doch hinterlassen die gestiegenen Finanzierungskosten auch hier Spuren in der Projektpipeline, die Ende 2022 laut CBRE noch 4,04 Mio. qm umfasste. Inzwischen – Stand Ende 2023 – ist die Pipeline um 13% auf 3,5 Mio. qm zurückgegangen – wegen der höheren Leitzinsen, der vorsichtiger agierenden Banken und der geringeren Flächennachfrage der Mieter.

Höhere Finanzierungskosten hinterlassen Spuren

Die Leerstandquote in der Branche ist aber immerhin so gering und der Nachfrageüberhang gegenüber dem Flächenangebot so hoch, dass nach Feststellung von Sarina SchekahnHead of Industrial & Logistics Agency bei JLL Germany, die Spitzenmieten 2023 auf fast allen Märkten in Deutschland zugelegt haben. Hinzu kommen die in der jüngeren Vergangenheit massiv gestiegenen Kosten und Risiken und der höhere Anteil an Built-to-suit-Entwicklungen, statt spekulativer Entwicklungen und die Index-Mieten.

Bei den von JLL untersuchten 19 Märkten sind sie für Objekte mit mehr als 5 000 qm in den vergangenen fünf Jahren zwischen 25% in Stuttgart und 67% in Köln un Essen gestiegen. Laut Scheckhahn führte der Flächenmangel zumindest in jenen Branchen, die von der anhaltend schwierigen konjunkturellen Lage „nicht oder nur im geringen Maße betroffen waren“, dazu, dass sie durchaus bereit waren, die höheren Mieten zu zahlen. CBRE ermittelte im Jahresverlauf 2023 einen Anstieg der Spitzenmiete für Logistikimmobilien im Durchschnitt der Top-5-Märkte von 13% auf bis zu 8,41 Euro pro qm und Monat. Für den Top-Standort München ermittelte JLL in der Spitze 10,47 Euro, BNPPRE sogar 10,50 Euro, während Colliers mit 9,30 Euro etwas niedriger liegt. Am günstigsten liegen die Mieten laut BNPPRE noch in Leipzig mit 5,90 Euro je qm.

Beim Blick auf 2024 geht Koepke davon aus, dass die Spitzenmieten „nur noch im Rahmen der Inflationsrate steigen werden“. Auch Bastian Hafner, Head of Logistics & Industrial Advisory der BNP Paribas Real Estate GmbH, sieht die Mietpreise auf Grund der Verschärfung der Angebots-und-Nachfrage-Relation zwar weiter unter Aufwärtsdruck, doch geht er künftig nicht mehr von einer derart dynamischen Entwicklung wie in den vergangenen Jahren aus.

Sarina Schekahn kann sich 2024 sogar vorstellen, dass die Spitzenmieten stagnieren oder sinken, wenn in den Märkten in der Mitte und dem Osten Deutschlands mehr Fläche durch Projektentwicklungen, auslaufende Mietverträge und nicht genutzte Flächen auf den Markt kommen, während die Nachfrage abnimmt. Beim Blick auf den Vermietermarkt geht Rainer Koepke davon aus, dass beim Flächenvolumen die 6 Mio. qm Schwelle überschritten werden kann, sofern sich die deutsche Konjunktur belebt. Kräftigere Impulse erwartet Jan LinsinHead of Research bei CBRE in Deutschland, vor allem in der zweiten Jahreshälfte. Auch Nicolas Roy blickt positiv auf 2024 und erwartet, dass sich die Marktbelebung fortsetzen wird.