Expo-Schlussbericht

Neuorientierung in der Zeitenwende

Foto: Messe München

rv DÜSSELDORF. Nach zwei Corona-Jahren kann die Messe München für die Expo Real 2022 eine gute Bilanz ziehen. Mit knapp 40 000 Besuchern aus 73 Ländern knüpfte die Beteiligung laut Messe München nahezu an das Vor-Corona-Jahr 2019 an – trotz Ukraine-Krieg. In sieben Hallen präsentierten sich 1887 Aussteller aus 33 Ländern. Die Zeitenwende bei den Zinsen und damit bei der Finanzierung hat viele zum Gedankenaustausch nach München reisen lassen.

Stefan Rummel, Geschäftsführer der Messe München, der für die Expo Real verantwortlich ist, sieht in dieser Rückkehr zur Normalität eine Bestätigung dafür, dass die internationale Immobilienmesse für viele Marktakteure eine wichtige Plattform des Austauschs und der Information ist. Viele dürften sich nach zwei Jahren Abstinenz aber auch über die Rückkehr zur Normalität und das persönliche Gespräch gefreut haben.

So bestätigt auch Fabian Hellbusch, Leiter Marketing und Kommunikation bei Union Investment, dass die Messe mit Blick auf die vielfältigen Umbrüche eine wichtige Orientierungshilfe geliefert habe, wo in den nächsten sechs bis neun Monaten Abwarten oder doch eher das sehr gezielte Ausnutzen von Marktchancen die klügere Strategie sein werde. Das Gespräch und die Diskussionen mit anderen über die anstehenden Herausforderungen war auch für Frank Pörschke, CEO von P3 Logistic Parks, sehr wichtig, um Lösungen zu finden und gemeinsam attraktive Wachstumschancen auszuloten.

Laut Expo-Schlussbericht sind alle Ausstellungsbereiche mit den Assetklassen Wohnen, Büroimmobilien, Hotel, Logistik und Handel gewachsen, genauso wie die internationalen Gemeinschaftsstände und die Stände der Regionen und Städte, der Startups und der Technologieanbieter. An die Widrigkeiten des Kriegs erinnerte, dass die Ukraine mit einem Forum in München vertreten war, um die Möglichkeiten für den Wiederaufbau ihres Landes auszuloten.

Zu den zentralen Themen zählten auch in den Messehallen (Foto: Messe München) die fortschreitende Inflation und die damit einhergehende Straffung der Zinspolitik durch die Zentralbanken, die in der Immobilienbranche zu einer Neuorientierung und einer Preisfindungsphase führt. Schließlich wurde der Immobilien-Boom europaweit in den vergangenen Jahren nur noch von der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) angetrieben.

Hinzu kommt das Thema ESG-Anforderungen an Bau und Investment, das durch die exorbitant steigenden Energiepreise regelrecht befeuert wird. Und mit Blick auf die wachsende Ungeduld in der deutschen Bevölkerung und die weitere Brisanz durch die verstärkte Zuwanderung, stand auch die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum im Mittelpunkt – alles eingebettet in die wirtschaftliche Gesamtsituation. Den Rahmen dafür steckte der Chefvolkswirt der Commerzbank,Jörg Krämer, ab.

Dabei machte Krämer deutlich, dass er in den nächsten Jahren mit einer Inflationsrate rechnet, die weit über dem von der EZB gesteckten Stabilitätsziel von 2% liegen wird. In diesem Kontext erwartet er einen Anstieg des Leitzinses auf 3%, was im historischen Vergleich aber immer noch moderat sei. Mit Blick auf den immer wieder beklagten Arbeitskräftemangel und den demographischen Wandel geht Krämer aber nicht von einem Einbruch am Arbeitsmarkt aus. Deshalb glaubt er auch nicht, dass die Nachfrage nach Wohnimmobilien sinken werde.

In diesem Kontext äußerte sich Bundesbauministerin Klara Geywitz auf zwei Podiumsdiskussionen zum Thema „Mangel an bezahlbarem Wohnraum“. Nach ihren Worten geht es angesichts der schwierigen Lage in der Baubranche und der steigenden Materialkosten darum, „die Rahmenbedingungen zu schaffen, um in Deutschland rentabel bauen zu können und gleichzeitig die Kapazitäten auszuweiten“. Dazu müsse die Produktivität gesteigert und mehr in die Vorfertigung gegangen werden. Außerdem muss aus Sicht der Bauministerin die gesamte Kette von Bauplanung, -antrag und -ausführung digitalisiert und der soziale Wohnungsbau gefördert werden.

Dass trotz der wieder gefüllten Hallen aber immer noch Luft nach oben bleibt, zeigt der Vergleich mit den Zahlen von 2019 als die Besucherzahl mit 46 747 aus 76 Ländern doch noch um einiges über den knapp 40 000 von 2022 lag. Den rund 19 500 Fachbesuchern standen vor drei Jahren 22 065 gegenüber. 20 456 Teilnehmer waren Unternehmensrepräsentanten, 2019 waren es 24 682. Das Gros der Besucher kam aus Deutschland, Großbritannien, Nordirland, den Niederlanden, Österreich, Polen, Schweiz, Frankreich, Tschechien, Luxemburg, den USA und Spanien.