Das Interview

Nachhaltige Immobilien sind deutlich langlebiger und ökonomisch erfolgreicher

Mit der Offenlegungsverordnung wird Nachhaltigkeit zum zentralen Thema bei Ankauf und Management von Immobilien. Neben ökologischen Ansprüchen gewinnen im Immobiliensektor zudem soziale Aspekte an Bedeutung – hohes disruptives Potenzial für die Immobilienwirtschaft. Über diese Themen äußerte sich Manuel Jahn, Head of Business Development beim Nahversorgungsspezialisten Habona Invest GmbH im Gespräch mit dem Handelsimmobilien Report.

Handelsimmobilien Report:Herr Jahn, Green Buildings gibt es seit zehn Jahren, jährlich werden über 2 000 Gebäude zertifiziert. Was ist neu an der „Offenlegungsverordnung“?

Manuel Jahn (Foto: Michaela Kuhn): Die Offenlegungsverordnung zwingt zur Klassifizierung, Messung und Offenlegung nachhaltiger Eigenschaften nach einem vom Gesetzgeber anerkannten Verfahren. Maßstab ist dabei der Grundsatz der Ressourcenschonung sowie des sozialen Ausgleichs. Damit gehen die Regulatoren auch deutlich über die Ingenieursbrille der Zertifikatanbieter hinaus.

HIR:Offenbar ist Nachhaltigkeit nur durch noch mehr Regulierung zu haben?

Jahn: Richtig ist: Regulierung ist anstrengend, insbesondere wenn die Messinstrumente noch geschaffen werden müssen. Andererseits ist nach meiner Erfahrung ein ökologisch und sozial nachhaltiges Immobilienprodukt auch deutlich langlebiger und damit auch ökonomisch erfolgreicher. Der Gesetzgeber ermutigt zudem, Gebäude und Betrieb im laufenden Management zu verbessern. Der Anleger profitiert von einem laufend optimierten Produkt.

HIR:Habona wurde im Jahr 2009 mit dem Ziel gegründet, Immobilien für die Grundversorgung, insbesondere Lebensmittelmärkte und Kitas zu erwerben. War das eine richtige Entscheidung?

Jahn: Die Idee war damals wie heute richtig. Nahversorgungsobjekte sind per se kleinteilige Immobilien an dezentralen Standorten, die auf kurzen Wegen die Grundversorgung mit Lebensmitteln und sozialen Dienstleistungen sichern. Die Vermeidung von überörtlichem Einkaufsverkehr, die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung auch abseits der Ballungsräume sowie die hohe Standortloyalität der Mieter, z.T. 30 Jahre und länger, sind charakteristische Merkmale von ökologischer, sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeit.

HIR:Nahversorgungsobjekte haben Züge von Betreiberimmobilien, zumindest mit Blick auf die gängigen Ankermieter wie Edeka, Rewe, Lidl & Co. Welchen Einfluss haben die Vorstellungen und Wünsche dieser Mieter auf die Nachhaltigkeit ihres Immobilienportfolios?

Jahn: Alle großen Lebensmittelhändler haben mittlerweile eigene Nachhaltigkeitsstrategien entwickelt. Die Themen reichen von Gebäude- und Gerätetechnik über Energieeffizienz, Verringerung von Treibhausgasen und Elektromobilität bis hin zu Tierwohl- und Klimaschutzinitiativen. Unsere Mieter sind unsere natürlichen Partner auf dem Weg zur immer nachhaltigeren Immobilien.

HIR:Wie sieht aktuell das konkrete Engagement für Nachhaltigkeit in den Habona Publikums- und Spezialfonds aus?

Jahn: Wir haben noch im Vorjahr die „PRI Principles for Responsible Investment“ der UN als Herzstück unserer ESG-Strategie unterzeichnet. Ausgehend von dieser Selbstverpflichtung arbeiten wir an mehreren umsetzungsorientierten Projekten. Wir sind Teil des ESG Circle of Real Estate, der in Abstimmung mit der BaFin ein Klassifizierungs- und Scoring-Modell für die Immobilienwirtschaft entwickelt.

Auf Initiative von Bell Consultants und Union Investment sind schon fast 100 Immobilienunternehmen beigetreten. Wir rechnen mit einem funktionierenden Tool noch in diesem Sommer. Dann werden wir unsere Fonds und Portfolien auf ESG-Konformität nachvollziehbar bewerten lassen können. Zudem verfolgen wir konkrete Projekte zur Elektrifizierung unserer aktuell rund 170 Objekte mit Elektro-Ladeinfrastruktur sowie Photovoltaik.

HIR:Wird Ihr Engagement bereits von den Anlegern gewürdigt?

Jahn: Machen wir uns nichts vor: Unsere Investoren wünschen an erster Stelle maximale Stabilität und attraktive Renditen für ihr Geld. Seit Gründung unseres Unternehmens kann Habona ausnahmslos diesen hohen Anspruch zuverlässig erfüllen. Aber das wichtige Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit ist bei den Anlegern angekommen. Corona hat die Sensibilität für das Thema noch gesteigert. Gemeinschaft, sozialer Ausgleich und ökologische Verantwortung sind starke Ziele einer nach Halt suchenden Gesellschaft, die den Druck auf die Politik erhöht.

Erst in der vergangenen Woche hat das Bundesverfassungsgericht in einem bahnbrechenden Beschluss Nachbesserungen beim Klimaschutzgesetz gefordert, um die Anstrengungen des Wandels nicht nur den künftigen Generationen zu überlassen.

HIR:Welche Produkte hat Habona Invest für interessierte Anleger derzeit in seinem Angebot?

Jahn: Der Privatanleger kann sich noch bis zum 30. Juni dieses Jahres für unseren Fonds 07 der geschlossenen AIF-Serie entscheiden. Aufgrund der hohen Nachfrage haben wir das Eigenkapitalvolumen erst vor Kurzem von 50 auf 75 Mio. Euro erhöht. Für private Anleger, die kürzere Haltezeiten bevorzugen, empfehlen wir unseren Habona Nahversorgungsfonds Deutschland, der voraussichtlich noch im Sommer die Grenze von 100 Mio. Euro Eigenkapital erreichen wird. Der Spezialfonds Habona Deutscher Nahversorger (Inst.) richtet sich dagegen an Investoren aus dem Sparkassenbereich und hat seine Zielgröße von rund 350 Mio. Euro erreicht.

HIR:Nahversorgungsimmobilien beweisen ihre Krisenfestigkeit jeden Tag aufs Neue und ziehen ein steigendes Interesse nach Supermärkten und Discountern nach sich. Gleichzeitig wächst auch Habona mit einer Ausweitung seines Fondsangebots. Wie gelingt es, für diese Vehikel die geeigneten Immobilien zu finden?

Jahn: Deutschland verfügt über einen recht stabilen Bestand aus ungefähr 28 000 investmentfähigen Nahversorgungsimmobilien. Unsere Pipeline ist stets gut gefüllt, da jedes Jahr bei etwa 10% des Bestands Revitalisierungen und Erneuerungen durchgeführt werden. Danach sind die Immobilien oft verkaufsreif. Nur wenn das Preis-Leistungsverhältnis der Objekte optimal ist, greifen wir zu. Aber ja, die Preise steigen, und dort, wo es gerechtfertigt ist, müssen wir mitgehen. Unsere Anleger verstehen das.

HIR:Wie stellen Sie sicher, dass jeder Habona-Fonds das jeweils beste Nahversorgungsprodukt erhält?

Jahn: Die Ankaufsprofile unserer Fonds sind so weit abgestimmt, dass Habona einerseits das gesamte Spektrum an modernen Nahversorgungsimmobilien ankaufen kann, andererseits Überschneidungen und Interessenskonflikte zwischen den Fonds ausgeschlossen sind. Dabei differenziert die Ankaufsstrategie nach kleinteiligem Einzelankauf bis 5 Mio. Euro, größeren Verbrauchermärkten und Nahversorgungszentren bis 20 Mio. Euro sowie Portfolien ab 20 Mio. Euro.

Herr Jahn, wir danken Ihnen für das Gespräch.