Vermietungsmarkt Logistik

Lebhaftes Geschäft im Schlussquartal erwartet

Das Logistik-Center in Königs Wusterhausen. Foto: ECE

rv DÜSSELDORF: Die Logistikbranche hat die Folgen der Covid-19-Pandemie bislang viel besser verkraftet als andere Anlageklassen des Gewerbeimmobilienmarkts. Das belegt das Vermietungsvolumen von 2,29 Mio. qm im dritten Quartal, wodurch der Vermietungsumsatz in den ersten neun Monaten laut BNP Paribas Real Estate auf 5,02 Mio. qm gestiegen ist, nur 5% weniger als im Rekordjahr 2019. Treiber sind der eCommerce und der Lebensmittelhandel. Es gibt aber auch Schattenseiten.

Nach einem Corona-bedingten Dämpfer im zweiten Quartal, der auch an diesem Markt nicht spurlos vorbei ging, haben sich nach den Worten von Hubert Reck, Head of Industrial & Logistics Stuttgart bei Colliers International, die Prognosen, dass sich die Marktteilnehmer in der zweiten Jahreshälfte deutlich aktiver verhalten werden, nun bestätigt. Der Immobiliendienstleister ermittelte allein für die Top 8-Industrie- und Logistikimmobilienmärkte Deutschlands in den ersten drei Quartalen einen soliden Flächenumsatz von rund 2,0 Mio. qm, das waren 8% mehr als im Vorjahreszeitraum.

Da parallel zu dieser günstigen Entwicklung die Erholung der Gesamtwirtschaft voranschreitet - zumindest bis zu den erneuten Beschränkungen im November - spricht aus Sicht von Bastian Hafner, Head of Logistics & Industrial Advisory der BNP Paribas Real Estate GmbH (BNPPRE), „alles dafür, dass auch im Schlussquartal ein sehr gutes Ergebnis zu erwarten ist“. Vor diesem Hintergrund geht er für das Gesamtjahr von einem Flächenumsatz von deutlich mehr als 6 Mio. qm aus, womit der Zehnjahresdurschnitt deutlich überschritten würde.

Die Freude war auf dem deutschen Logistikmarkt allerdings nicht ungeteilt. So spürten die exportorientierten Unternehmen sowie die Automobilindustrie die negativen Folgen des weltweiten Abschwungs, wie Christopher Raabe, Geschäftsführer und Head of Logistics & Industrial der BNP Paribas Real Estate GmbH, doch wurde dieser Abwärtstrend von den gerade auch durch die Pandemie begünstigten Bereichen eCommerce, Lebensmittelhandel und Pharmaunternehmen wieder kompensiert.

So kommt es nicht von ungefähr, dass laut BNPPRE der Handel mit einem Anteil von knapp 37% am Vermietungsvolumen an der Spitze steht. Die wachsende Bedeutung des Segments lässt sich daran ablesen, dass der Vorjahreswert um über 8 Prozentpunkte gestiegen ist und der Rekord von 2016 nochmals übertroffen wurde. An der hohen Nachfrage in diesem Segment werde sich auch in den nächsten Quartalen nichts ändern, so der Berater. Dagegen erreichten die Produktionsunternehmen mit einem unterdurchschnittlichen Anteil von nur 24% und einem Flächenumsatz von 1,2 Mio. qm das schlechteste Ergebnis der vergangenen sechs Jahre.

Zwischen diesen beiden Polen konnten sich die Logistikdienstleister mit einem Anteil von knapp einem Drittel auf dem zweiten Platz etablieren. Lauf BNPPRE kommt diese erfreuliche Platzierung mit Blick auf die rückläufigen Exporte etwas überraschend.

Große Vertragsabschlüsse prägten das Geschäft

Nach den Worten von Steffen Sauer, Head of Industrial & Logistics Leipzig bei Colliers International, war das Vermietungsgeschäft im dritten Quartal in den Top 8-Regionen von einigen großen Vertragsabschlüssen geprägt, „die wir auf Grund der Covid-19-Pandemie im zweiten Quartal nicht gesehen haben“. Dabei geht – nicht unerwartet – der deutschlandweit größte Eigennutzerabschluss mit rd. 86 500 qm in der Region Hamburg auf das Konto der Kölner Rewe Group. Hier handelt es sich um eine Neubaufläche, die 2022 fertig werden soll.

In der Bauphase wurden auch für 56 000 qm in Königs Wusterhausen, südlich von Berlin, vom Logistikdienstleister Ceva Logistics der Mietvertrag unterzeichnet und für die 46 000 qm in der Region Frankfurt, die der Anbieter für elektronische Installationen, die Hager Group, gemietet hat. Beide Flächen sollen bis Anfang nächsten Jahres fertig werden. Da laut Colliers International Bestandsobjekte oft keine großen Flächen bieten, sind Vermietungsabschlüsse über 10 000 qm fast ausschließlich bei Neubauobjekten möglich, die sich regional sehr unterschiedlich verteilen. In den ersten neun Monaten lag der Neubauanteil am Gesamtumsatz laut BNPPRE bei über 73%, bei einem langjährigen Schnitt von rund 67%.

So registrierte Colliers International im dritten Quartal Projekte, die schon vor der Realisierung vorvermietet wurden und schlussfolgert aus der hohe Vorvermietungsrate auf dem hiesigen Logistikimmobilienmarkt auf eine gewachsene Nachfrage nach geeigneten Immobilien. Sauer: „Was wir benötigen sind mehr kurzfristig verfügbare Grundstücke und Mietflächen in den Top-Lagen, um die bestehende Nachfrage besser bedienen zu können.“ Damit konkurriert die Branche in den großen Ballungsgebieten aber auch mit dem Wohnungsbau.

Durch die hohe Nachfrage gewinnen Standorte außerhalb der klassischen Logistikzentren zunehmend an Bedeutung, zumal sie gemessen an den Top-8-Logistikstandorten naturgemäß ein günstigeres Mietniveau bieten und höhere Flächenpotenziale. Vor dem Hintergrund des Nachfrageüberhangs erwartet Bastian Hafner beim Blick in die Zukunft keine wirkliche Entspannung, was die knappe Angebotssituation anbelangt, und hält „tendenziell steigende Mietpreise in den nächsten Quartalen für das wahrscheinlichste Szenario“.

Spitzenmieten mit steigender Tendenz

Ableiten lässt sich diese Entwicklung aus dem bisherigen Jahresverlauf mit einer Mietentwicklung, die offenbar auch der Lockdown im Frühjahr nicht abbremsen konnte – zumindest in den großen Ballungsräumen. So stiegen laut BNPPRE im dritten Quartal die Top-Mieten in Frankfurt/M um 3% auf durchschnittlich 7,00 Euro je qm und in Leipzig um 1% auf 4,55 Euro. In den vergangenen zwölf Monaten stiegen die Spitzenmieten in Düsseldorf um 11% auf 6,00 Euro, in Köln um 4% auf 5,60 Euro, im Ruhrgebiet um 4% auf 4,90 Euro. Stabil war das Niveau in Berlin mit 7,20 Euro, in Hamburg mit 6,30 Euro, in München mit 7,00 Euro und in Stuttgart mit 7,00 Euro.

Nicht zuletzt das fehlende Angebot führte in den genannten großen Ballungsgebieten dazu, dass das Vermietungsvolumen in den Top-Städten in den ersten neun Monaten nach Feststellung von BNPPRE mit 1,6 Mio. qm um 10% unter dem Vorjahresniveau lag. In einigen stark betroffenen Regionen zeigte auch die Pandemie ihre Wirkung. Zu den Gewinnern gehörte Hamburg mit+ 41% auf 340 000 qm, Köln mit +16% auf 102 000 qm und Leipzig mit +88% auf 231 000 qm.

Dass München mit 166 000 qm einen Rückgang von 58% verzeichnete, lag in erster Linie an den hohen Vergleichszahlen des Vorjahres. Rückläufig war auch die Vermietung in Stuttgart mit -32% auf 101 000 qm, in Berlin mit -24% auf 294 000 qm, in Düsseldorf mit -13% auf 94 000 qm und in Frankfurt mit -8,5% auf 333 000 qm.

An den Standorten außerhalb der Ballungsräume hat sich der Markt laut BNPPRE wieder belebt, so dass der Vermietungsumsatz mit 3,36 Mio. qm nur noch gut 2% unter dem Vorjahreswert liegt. Angetrieben wurde der Markt durch den Anstieg des Neuvermietungsgeschäfts um 22,5% auf 468 000 qm im Ruhrgebiet.