Vermietungsgeschäft Retail

Internationale Marken treiben den Markt an

Foto: Vierbuchen

rv DÜSSELDORF: Die hohe Inflation und der damit einhergehende Kaufkraftverlust haben die Stimmung der Konsumenten – gemessen im Konsumklima – auf neue Tiefstände absacken lassen. Das dämpft auch die Stimmung im Einzelhandel, wie der Ifo-Geschäftsklima-Index zeigt. Gleichzeitig ist der Umsatz im stationären Einzelhandel zwischen Januar und September real um 3,7% und nominal um 11,4% gewachsen. Das gibt Hoffnung für den hiesigen innerstädtischen Vermietungsmarkt.

Und es lässt darauf schließen, dass die Stimmung bei Einzelhändlern und Konsumenten schlechter ist als die aktuelle Lage. So ist der deutsche Einzelhandel nach den vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes in den ersten neun Monaten – gegenüber dem Vorjahreszeitraum – real um 1,4% und nominal um 9,1% gewachsen. Auch der Einzelhandel mit Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren, der stark unter den Zwangsschließungen zur Pandemie-Bekämpfung zu leiden hatte, konnte in diesem Zeitraum um real 38,9% und nominal um 41,4% wachsen. Gleichzeitig verzeichnete der Internet- und Versandhandel ein reales Umsatzminus von 1,5% bei einem nominalen Plus von 4,6%. Dieser Zahlenvergleich lässt durchaus vermuten, dass der stationäre Einzelhandel nach dem Wegfall der Zwangsmaßnahmen gegenüber der Online-Konkurrenz wieder Boden gut machen kann.

Das große Potenzial des hiesigen Einzelhandelsmarkts in punkto Vermietung betont auch Dirk Wichner, Head of Retail Leasing bei JLL Germany, wenn er darauf hinweist, dass in den vergangenen Monaten viele internationale Marken in Deutschland expandiert haben. Dazu gehören nach seiner Aufzählung die dänische Lifestyle-Marke Design Letters und der französische Outdoorjackenhändler Jott- Just over the Top, die beide jüngst in Düsseldorf ihre ersten deutschen Filialen eröffnet haben. Der belgische Designer Christian Wijnants wählte für seinen ersten Schritt auf den hiesigen Einzelhandelsmarkt den Standort Berlin. Zusammen kommt Wichner auf knapp ein Dutzend neuer Marken aus den Bereichen Mode, Möbel, Sport und Gastronomie, die hier Fuß fassen wollen. Weitere Namen sind beispielsweise Lids, Pepco, Fisker, EL&N London sowie NorrØna.

Dass internationale Handelskonzepte sich bevorzugt in den großen Metropolen mit ihrem traditionell großen Einzugsgebiet und internationalen Touristen ansiedeln und hier den Flächenumsatz beflügeln, zeigt der Blick auf die Zahlen. Laut JLL erreichten die zehn Hochburgen unter den Einkaufsstädten in den ersten neun Monaten einen Anteil von 38,8% am Flächenumsatz, was einem Volumen von 124 000 qm bei 303 Anmietungen entspricht. Gemessen am Vorjahresumsatz war das ein Plus von 9% bei der Fläche und von 10% bei der Zahl der Abschlüsse. Vor allem die Toplagen von Berlin, Köln, Hamburg und Düsseldorf stechen hervor.

Mit Blick auf den gesamten Vermietungsmarkt und die Lage im Einzelhandel berichtet André Stromeyer, Geschäftsführer der HBB Centermanagement GmbH & Co. KG, in einem Interview, dass die Gesamtlage derzeit uneinheitlich ist und viele Unternehmen noch mit den Nachwirkungen der Pandemie zu kämpfen haben und teilweise in diesem Jahr noch staatliche Unterstützungen zurückzahlen mussten oder Kredite aufgenommen haben, die sie nun bedienen müssen. Zu den Hindernissen bei der Expansion gehört für manche Händler auch, dass sie wegen der gestörten Lieferketten keine Ware bekommen oder sie kein Personal finden. Hinzu kommen steigende Kosten für Energie, Personal und Ladenbau.

Die Gesamtlage ist derzeit uneinheitlich

Zu den expansiven Händlern gehören nach Stromeyers Beobachtung Konzepte aus den Bereichen Sport und Sneaker, aber auch Mieter aus dem Bereich Textilien würden wieder vermehrt Flächen mieten. Hier registriert Tim Mayer, Head of Asset Management – Retail in Deutschland bei CBRE Global Investors, eine spürbare Expansion der Textil-Discounter wie etwa NKD oder Takko, aber auch eine grundsätzliche Expansion im Discount-Bereich wie beispielsweise von Action. Dieser Sektor dürfte von der sinkenden Kaufkraft profitieren. Zudem sieht Mayer neue Trends zurück zu lokalen Händlern.

Allerdings haben sich die Laufzeiten der Mietverträge, die vor Jahren im Innenstadt-Bereich und bei Shopping-Centern noch bei zehn Jahren lagen, inzwischen auf drei bis sieben Jahre verkürzt. Das ermöglicht laut Mayer beiden Seiten – Mietern und Vermietern – flexibel auf neue Marktgegebenheiten zu reagieren. Um die Barrieren für attraktive Konzepte so niedrig wie möglich zu halten, legt CBRE Global Investors den Fokus verstärkt auf Umsatzmieten.

Insgesamt ermittelte JLL im dritten Quartal im innerstädtischen Einzelhandel einen Flächenumsatz von 101 000 qm – auch angetrieben durch den Neueintritt internationaler Marken – bei 201 Vermietungsabschlüssen. Damit summiert sich das Flächenvolumen in den ersten neun Monaten auf 320 000 qm bei 673 Vertragsabschlüssen. Dass der Flächenumsatz damit um 4% und die Zahl der Abschlüsse um 9% unter dem Vorjahresniveau blieben, zeigt aber deutlich, wie angespannt der Markt trotz der vereinzelt positiven Anzeichen bleibt.

Des Weiteren registriert der Immobilienberater ein Comeback des Textileinzelhandels als aktivster Bereich mit einem Anteil von 35%, deutlich vor dem Bereich Gastronomie/Food mit 26%. Ein Grund dafür ist laut Dirk Wichner, dass „der Textilhandel die Pandemie dazu genutzt hat, attraktive Multi-Channel-Konzepte zu entwickeln“. Im Corona-Jahr 2021 hatte sich Gastronomie/Food bedingt durch die starke Expansion der Nahversorger in den innerstädtischen Einkaufslagen knapp vor dem Textilbereich an die Spitze gesetzt.

In Städten wie München, Berlin und Frankfurt sieht JLL die Spitzenmieten für ideal geschnittene Flächen auf stabilem Niveau von 340 Euro je qm bzw. 300 Euro und 280 Euro. In einzelnen Städten jenseits der Top 3 rechnet Wichner allerdings mit einer geringfügigen Anpassung der Spitzenmieten nach unten.