Einzelhandelskonjunktur

Hoffnung auf leichte Erholung 2024

Die Kaufzurückhaltung der Bundesbürger ist spürbar. Foto: R. Vierbuchen

Am Ende haben sich die Hoffnungen des Einzelhandels auf ein gutes Weihnachtsgeschäft als krönenden Abschluss für das Jahr 2023 nicht erfüllt. Zwar ist der Einzelhandelsumsatz im vergangenen Jahr nominal um 2,9% auf 649,1 Mrd. Euro gewachsen, nach Abzug der Inflationsrate blieb unterm Strich aber ein stattliches Minus von 3,4%. Für 2024 hofft die Branche auf eine leichte Erholung – und preisbereinigt auf ein kleines Plus.

So konstatierte Alexander von PreenPräsident des Handelsverbands Deutschland (HDE) in seinem Resumée für das vergangene Jahr, dass der deutsche Einzelhandel nur über höhere Preise gewachsen ist. Das Weihnachtsgeschäft sei deutlich schwächer gelaufen als prognostiziert. Das hatte sich auch schon nach der ersten Hälfte der Adventszeit abgezeichnet. So gingen die Erlöse im Weihnachtsgeschäft nominal um 0,3% auf 118,7 Mrd. Euro zurück, was einem realen Minus von 3% entspricht.

Noch ungünstiger lief es für den Online-Handel, der im Weihnachtsgeschäft sogar einen Umsatzrückgang von nominal 2,9% und real von 4,3% auf 20,6 Mrd. Euro hinnehmen musste. Damit wird deutlich, dass die Käufe zu Weihnachten nicht ins Internet verlagert wurden. Im Gesamtjahr blieben die Online-Erlöse mit 84,2 Mrd. Euro um nominal 0,4% und real um 3,9% unter dem Vorjahreswert zurück.

„Der Online-Handel hat während der Corona-Jahre einen riesigen Umsatzsprung hingelegt“, konstatiert von Preen während der Jahrespressekonferenz des Verbands in Berlin: „Es war zu erwarten, dass in der Zeit danach das Wachstum nicht ungebremst weiter geht. Das Umsatzniveau ist und bleibt aber hoch.“ Offenbar ist es dem stationären Einzelhandel nach Corona aber auch gelungen, wieder mehr Kunden von der Online-Konkurrenz zurückzugewinnen.

Belastet wurde das Geschäft der Einzelhändler im vergangenen Jahr durch die gestiegenen Kosten, die bei der Mehrheit (63%) laut HDE zu einer Verschlechterung der Gewinnlage geführt haben. Und auch die Entwicklung der Frequenz im Umfeld ihrer Geschäfte bereitet vielen Einzelhändlern Sorgen. Denn bei 43% der Befragten ging sie zurück und bei gut einem Fünftel (22%) sogar „deutlich“ zurück. Das steht im Kontrast zu den Frequenzmessungen der Hystreet.com GmbH wonach die Frequenz insgesamt in den Städten wieder gestiegen ist. Offenbar kommt es hier auf die einzelnen Lagen an.

Beim Blick auf das Jahr 2024 erwartet von Preen insgesamt eine leichte Erholung, weil der Konsum und die Realeinkommen leicht steigen werden – auch wenn diese positiven Effekte den Kaufkraftverlust am Ende nicht ganz wettmachen könnten. So prognostiziert der HDE unter dem Strich für 2024 ein Umsatzwachstum von nominal 3,5% auf 671,8 Mrd. Euro und real noch ein kleines Plus von 1%, weil der Verband davon ausgeht, dass sich die Inflationsrate in diesem Jahr abschwächen wird, wie Stefan GenthHauptgeschäftsführer des HDE, erläuterte.

Verbraucherstimmung zu Jahresbeginn gesunken

Als Wermutstropfen bleibt jedoch, dass die Verbraucherstimmung zu Jahresbeginn nach kurzem Aufwärtstrend wieder gesunken ist, wie der Index des Konsumbarometers zeigt. Für den Online-Handel erwartet der HDE 2024 ein Wachstum von nominal 3% auf 86,7 Mrd. Euro. Der stationäre Handel soll um 3,6% auf 585,1 Mrd. Euro (real: +1%) steigen.

Den aufkeimenden Optimismus unter den Einzelhändlern spiegelt auch die jüngste HDE-Umfrage unter etwa 850 Handelsunternehmen wider, wonach zumindest die Hälfte der befragten Unternehmen in diesem Jahr von „stabilen“ oder sogar „steigenden“ Umsätzen ausgeht. 50% bezeichnen die aktuelle Geschäftslage auch als „befriedigend“, ein Drittel aber auch als „schlecht“. Gleichzeitig befürchten aber auch knapp die Hälfte der Befragten, dass sie den Vorjahreswert leicht oder sogar deutlich verfehlen werden.

Dass in diesem Kontext gerade im Lebensmittelhandel viele glauben, dass sie gegenüber dem Vorjahr noch ein leichtes Wachstum erreichen werden, kommt mit Blick auf die gute Krisenbewältigung der Branche in der Corona-Zeit nicht unerwartet. In Branchen wie dem Schuhhandel, dem Handel mit Uhren/Schmuck und Büchern sowie mit elektronischen Erzeugnissen gibt es aber auch eine ganze Reihe von Händlern, die mit „deutlichem“ Wachstum rechnen. Am meisten investieren die Händler (47% der Nennungen) in Marketing und Kundenbindung, gefolgt von der Qualifizierung und Schulung des Personals (39% der Nennungen) und in die Geschäftsausstattung (34%).

Noch großer Nachholbedarf beim Thema Multichannel

Die Umfrage ergab aber auch ein nicht so erfreuliches Bild beim Thema Multichannel-Handel. Denn wie von Preen berichtete, gab mit 59% die Mehrheit der Befragten an, dass sie noch keine Ware über das Internet verkaufen, ein Drittel (33%) verkauft aber über einen eigenen Shop und 19% über Online-Marktplätze – dabei waren Mehrfachnennungen möglich. Bei 40% der Befragten liegt der Umsatzanteil der online vertriebenen Waren aber erst bei 1%, ein beachtlicher Teil verkauft aber auch deutlich mehr übers Internet: Bei 11% der Befragten sind es zwischen 10 und 20%. Allerdings ist es offenbar schwierig mit dem Online-Verkauf Geld zu verdienen. Nach den Worten des HDE-Präsidenten nutzen viele Händler den Online-Vertrieb, vor allem um Überbestände abzubauen.

Beim Blick auf 2024 gehen 40% der Befragten davon aus, dass ihre Online-Umsätze auf dem Vorjahresniveau liegen werden, 34% erwarten allerdings auch einen leichten bzw. einen deutlichen Rückgang und 25% einen leichten oder deutlichen Anstieg. Sehr viel Engagement zeigt die Branche aber bei der Nutzung digitaler Lösungen für ihre Unternehmen – meist bei den Geschäftsprozessen (48% der Nennungen). Nur 21% gaben an, dass sie in den vergangenen vier Jahren nicht in digitale Lösungen investiert haben.

Zu den Problemen, die die Branche 2024 besonders beschäftigen, gehört nach Feststellung des HDE der Arbeitskräftemangel, den 57% der Unternehmen beklagen. Gleichzeitig bekräftigt der Verband, dass die Branche heute 50 000 Arbeitnehmer mehr beschäftigt als vor Corona. Und nach dem schwachen Weihnachtsgeschäft ist die aktuelle Kaufzurückhaltung (72% der Nennungen) die größte Sorge der Branche. Es folgen auf den weiteren Plätzen die Belastungen des Mittelstands durch Bürokratie (59%), natürlich der Anstieg der Energiekosten (56%), die Preisentwicklung (54%) und der Attraktivitätsverlust der Innenstädte (41%). Gleichzeitig bleiben unkalkulierbare Risiken wie die Kriege in der Ukraine und in Nahost, die weiterhin für Unsicherheit und Unwägbarkeiten sorgen.