Online-Handel in Europa

Großbritannien steht mit Abstand an der Spitze

rot = hoher Online-Anteil, blau = niedriger Online-Anteil

rv DÜSSELDORF: Laut BNP Paribas Real Estate wurden Ende 2018 in Europa durchschnittlich 8,4% des Einzelhandelsumsatzes online erzielt. Der Blick auf die Europa-Karte zeigt aber, dass die regionalen Unterschiede groß sind. Laut Regio Data beeinflussen vier Faktoren die Online-Affinität der jeweiligen Bevölkerung: „Ein kaltes Klima und eine hohe Kaufkraft erhöhen die Onlineaffinität, eine hohe Verkaufsflächendichte und eine südländische Lebensweise verringern die Onlineaffinität.“

An der Spitze befindet sich, wie schon die große Zurückhaltung der Investoren bei Retail Assets vermuten lässt, ein Land mit große Kaufkraft, einer relativ geringen Verkaufsflächendichte von 1,08 qm pro Kopf (GfK) und einer hervorragenden digitalen Infrastruktur: Großbritannien steht mit einem Online-Anteil von 18,4% laut Regio Data in Europa an der Spitze. Der britische eCommerce-Markt sei sehr fortgeschritten, stabil und leistungsstark, berichten die Forscher.

Das zeigt sich z.B. darin, dass die Lieferzeiten hier gering sind, die Kundenkommunikation professionell und die Sendungsverfolgung schnell und genau funktioniert. So sind laut Regio Data von den 66,5 Mio. Briten 90% aktive Internetnutzer und fast genauso viele (87%) kaufen auch online ein. Weitere Faktoren, die diese Onlineaffinität befördern, sind die kostengünstigen Handytarife, die leicht dazu verführen, viel im Internet zu sein und via Handy einzukaufen.

Dass Großbritannien die Königsdisziplin des Online-Shoppings beherrscht, zeigt sich laut Regio Data auch daran, dass hier schon sehr viele Lebensmittel online gekauft werden. Der Online-Anteil bei Nahrungsmitteln liegt hier bei über 5% und ist damit sogar höher als in den USA. In Deutschland mit seinem dichten Filial-Netz (Verkaufsfläche pro Kopf: 1,45 qm, GfK) liegt der Online-Anteil bei Lebensmitteln bei etwa einem Prozent. Ins Bild passt auch, das Großbritanniens größte Lebensmittel-Kette Tesco bereits früher als namhafte Konkurrenten aus Deutschland oder Frankreich den Online-Handel vorangetrieben hat. Wie Regio Data weiter herausfand, kaufen die Briten auch gerne in anderen Ländern ein, so etwa in amerikanischen, chinesischen und deutschen Online-Shops. „Wichtig dabei ist, dass die Website in der eigenen Sprache verfügbar ist, die Produkte in der eigenen Währung angeboten werden und es wenige bürokratische Hürden gibt“, berichten die Forscher weiter: „Was die gute Entwicklung des britischen eCommerce-Markts bremsen oder negativ beeinflussen könnte, sind etwa die wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen des Brexit.“

Briten kaufen auch in ausländischen Online-Shops

Gemäß der genannten Faktoren, die das Online-Shopping begünstigen, wundert es nicht, dass in der europäischen Rangliste hinter Großbritannien die skandinavischen Länder mit Dänemark, aber auch den Niederlanden an der Spitze, folgen. Zu der Verfolger-Gruppe gehören - allerdings mit Abstand zu Großbritannien - auch Deutschland (etwa 10% Online-Anteil), Frankreich und Österreich mit jeweils 12,3%.

Dabei fanden die Forscher heraus, dass die österreichischen Online-Shops vom wachsenden eCommerce-Markt nur begrenzt profitieren. Mehr als jeder zweite Österreicher kauft außerhalb seines Landes ein, was per Saldo zu einem Kaufkraftabfluss führt, und auch die Nutzung von Voice-Shopper á la Alexa & Co liegt hier im Trend. Einen Zusammenhang sehen die Forscher auch zwischen der Handelskonzentration einerseits und dem Online-Anteil am Einzelhandelsumsatz andererseits. Je weniger Handelsunternehmen in den einzelnen Branchen eines Landes tätig seien, umso mehr werde im Internet eingekauft.

Noch geringe Verbreitung in Mittel- und Osteuropa

Die Einfärbung der europäischen Regio-Data-Landkarte zeigt, dass der Online-Kauf in den nordeuropäischen Ländern und - mit Abstrichen - in westlichen Ländern wie Spanien, Portugal und Italien höher liegt, als in Osteuropa, wobei Länder wie Tschechien und die Slowakei mit Spanien gleichziehen und Polen, Ungarn sowie die baltischen Staaten auf dem Level von Italien und Portugal liegen. Weiter östlich schrumpft der Anteil deutlich: „Vor allem in Weißrussland, dem Kosovo und Moldawien steckt der eCommerce mit 2,5% Online-Anteil noch in den Kinderschuhen“, berichtet Regio Data, da nur ein kleiner Teil das Internet nutzt und noch weniger online einkaufen.

Doch wird auch hier die Zeit nicht stehen bleiben. So wurde die Internetinfrastruktur verbessert und es wurden öffentliche WLAN-Zugänge gefördert. Dass der Online-Kauf insbesondere im Ausland aber auch nicht in jedem Fall akzeptiert wird, zeigt Weißrussland. Hier wurde eine Begrenzung des steuerfreien Shoppings im Ausland eingeführt. Angesichts der geringen Kaufkraft in diesen Ländern sind solche Maßnahmen, zur Eindämmung des Kaufkraftabflusses verständlich.