Investmentmarkt Logistik

Fortgeschrittenes „Repricing“ und Vertrauen in die Nutzernachfrage

Verkauf des Böhler Areals war die größte Transaktion. Foto: Igedo Company

Nach einem schwachen Start im ersten Quartal 2023 war auch im zweiten Quartal auf dem deutschen Investmentmarkt für Industrie- und Logistikimmobilien keine Dynamik zu verspüren, so dass die Halbjahresbilanz vorerst moderat ausfällt. Ob das dennoch hohe Interesse der Investoren an dieser Anlage-Klasse zu einer Belebung im zweiten Halbjahr führen wird, muss sich zeigen.

„Die niedrigen Transaktionsvolumina und die Vielzahl an Transaktionen, die on hold gesetzt wurden, sprechen weiterhin für eine hohe Unsicherheit am Markt“, umschreibt Nicolas RoyHead of Industrial & Logistics bei Colliers, die aktuelle Stimmung im Markt für deutsche Industrie- und Logistikimmobilien. Einziger Lichtblick: Im zweiten Quartal registrierte er eine erstmalige Stabilisierung der Kaufpreise und seit einigen Wochen „eine Belebung des Investmentmarktes, insbesondere bei Objekten mit mittelfristigem Upside-Potenzial in der Miete“.

Diese Beobachtung teilt auch Kristine KühnDirector Valuation Advisory Services bei CBRE: „Das Repricing fand am Logistikinvestmentmarkt schneller statt als in anderen Assetklassen und ist bereits größtenteils abgeschlossen.“ Ende des zweiten Quartals 2023 lag die Spitzenrendite für Logistikimmobilien nach Kühns Worten bei 4% und hat sich damit in den vergangenen zwölf Monaten um 0,85 Prozentpunkte erhöht, blieb im zweiten Quartal aber stabil.

„Auch wenn nur wenige Core-Transaktionen stattgefunden haben, so gibt es mittlerweile genügend Evidenz, bei welchem Preis Käufer und Verkäufer zusammenfinden“, berichtet auch Savills. Deshalb weicht der Immobiliendienstleister von seiner bisherigen Praxis ab, für die Spitzenrenditen eine Spanne von +/- 20 Basispunkten zu benennen und legt sich auch auf einen Wert von 4,0% fest. Wie BNP Paribas Real Estate (BNPPRE) anmerkt, lagen die Renditen für Objekte in den A-Städten im Verlauf des zweiten Quartals 2019 zuletzt auf diesem Niveau.

Bemerkenswert ist aus Sicht von Panajotis AspiotisManaging Director und Chief Commercial Officer bei Savills Germany, dass es im Spitzensegment derzeit kaum einen Unterschied zwischen BürosGeschäftshäusern oder Logistikimmobilien gibt, deren Renditen sich alle um die 4% bewegen. Das belegt aus seiner Sicht die gestiegene Attraktivität und Relevanz dieser Anlage-Klasse.

So einig sich die Immobilienberater bei den Spitzenrenditen und der Preisfindung in diesem Marktsegment sind, so unterschiedlich weisen sie das Transaktionsvolumen für das erste Halbjahr 2023 aus. CBRE ermittelte mit einem Volumen von 2,37 Mrd. Euro den höchsten Wert, der nach Feststellung des Beraters damit aber immerhin um 62% unter dem Vorjahresniveau von 6,23 Mrd. Euro lag. Dabei entfielen nur 11% auf die Top-7-Städte. Colliers kommt auf einen Wert von rund 1,94 Mrd. Euro und weist darauf hin, dass ein so niedriger Halbjahreswert zuletzt in der ersten Jahreshälfte des Jahres 2014 mit 1,71 Mrd. Euro erreicht wurde.

BNPPRE liegt mit seinem Halbjahreswert von 1,55 Mrd. Euro, der aus Sicht des Beraters um 76% unter dem Rekordwert des Vorjahres lag, deutlich darunter, aber leicht über dem Investmentvolumen von Savills mit 1,5 Mrd. Euro. Im ersten Quartal lagen die Transaktionsvolumina in der Bandbreite von 1,03 Mrd. Euro (CBRE), 970 Mio. Euro (JLL), 951 Mio. Euro (BNPPRE), 848 Mio. Euro (Colliers) und gut 700 Mio. Euro (Savills).

Insbesondere das Fehlen größerer Portfoliotransaktionen macht sich aus Sicht der Immobilienberater bei dem schwachen Ergebnis stark bemerkbar. In den ersten sechs Monaten haben laut Colliers – nicht zuletzt auf Grund der veränderten Finanzierungsbedingungen – überwiegend kleinere Portfolios unterhalb von 80 Mio. Euro das Geschäft bestimmt, wobei der Schwerpunkt auf Value-Add-Produkten lag. Generell registriert auch CBRE, dass die Transaktionen kleiner geworden sind: „Während im ersten Halbjahr 2022 noch 53% des Transaktionsvolumens auf Abschlüsse von mehr als 100 Mio. Euro entfielen, waren es im ersten Halbjahr 2023 lediglich 27%“, schreibt der Berater.

Finanzierung größerer Objekte deutlich schwieriger geworden

Wie Bertrand EhmDirector Industrial Investment bei Savills, ergänzt, haben im Größensegment ab 50 Mio. Euro in den ersten sechs Monaten nur wenige Transaktionen stattgefunden: „Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Gemengelage schauen viele Investoren mittlerweile lieber auf kleinere Hallen unterhalb von 50 000 qm Mietfläche“, wie er berichtet. Zudem sei die Finanzierung vor allem von größeren Logistikimmobilien deutlich schwieriger geworden, sodass hier mit viel Eigenkapital gearbeitet werden müsse.

Unter den bedeutenden Logistikstandorten führt laut BNPPRE Düsseldorf die Städterangliste an. Denn getrieben durch die bislang größte Transaktion des Jahres, den Verkauf des Gewerbeparks „Areal Böhler“ für mehr als 150 Mio. Euro, steht die Rheinmetropole an der Spitze. Es folgt auf Platz zwei Stuttgart mit einem Plus von 33% auf 112 Mio. Euro auf Platz zwei. Alle übrigen Städte liegen mit ihren Volumina zum Teil deutlich unter ihren Vorjahreswerten. München unterbot den Vorjahreswert mit gut 108,5 Mio. Euro um 45% und steht auf Rang drei. Es folgen Leipzig mit 81 Mio. Euro und einem Minus von 33%, Berlin mit einem Minus von 88% auf 65 Mio. Euro, Frankfurt mit -84% auf 30 Mio. Euro und Köln mit -25% auf nur 13,5 Mio. Euro. Für Hamburg konnte laut BNPPRE noch keine Transaktion registriert werden.

Zuversichtlich für das zweiten Halbjahr stimmt Kai OuldsHead of Logistics Investment bei CBRE in Deutschland, dass die Vorbereitungen von Transaktionen wieder Fahrt aufnehmen und mehr Investoren Gespräche führen, zumal ein weiterer Zinsanstieg von vielen Akteuren bereits eingepreist sei. „Das fortgeschrittene Repricing und ein großes Vertrauen in die Nutzernachfrage werden im weiteren Jahresverlauf eine entscheidende Stütze des Transaktionsvolumens sein“, ist er überzeugt, „auch weil die Fundamentaldaten aus weiterhin hoher Nachfrage bei begrenztem Angebot und einer geringen Projektentwicklungspipeline nach wie vor stimmen“. Steigende Mieten könnten aus seiner Sicht den Preisrückgang infolge des starken Zinsanstiegs kompensieren. Dennoch erwartet Oulds für 2023 das geringste Investmentvolumen seit 2016.

Skeptischer äußert sich Christopher RaabeGeschäftsführer und Head of Logistics & Industrial der BNP Paribas Real Estate GmbH, nach dessen Einschätzung die aktuellen Rahmenbedingungen dafür sprechen, dass auch in der zweiten Jahreshälfte noch weitere, wenn auch moderate, Zinsschritte der Notenbanken zu erwarten sind. Dadurch könnte sich das Ende der Preisfindungsphase hinauszögern, was wiederum die Belebung auf dem Transaktionsmarkt abbremsen könnte. Andererseits dürfte der im Logistiksegment geringe Leerstand aus Raabes Sicht zu einem weiteren Anstieg des Mietpreisniveaus führen – auch wenn die konjunkturellen Aussichten nicht für großen Rückenwind von Seiten der Nutzermärkte sprechen würden. Auch Roy verweist auf die vielerorts zweitstelligen Mietwachstumsraten bei historisch niedrigen Leerstandsquoten unterhalb von 2%. Vor allem eigenkapitalstarke Investoren könnten in der aktuellen Phase eine Chance sehen.