Shopping-Center-Markt

Ein Ort für den Alltag der Bürger

Visualisierung: ECE

Vom Strukturwandel im Einzelhandel durch den Online-Handel waren Shopping-Center mit ihrem hohen Anteil an Mode-Anbietern besonders stark betroffen. Corona hat die Krise zusätzlich verschärft. Der geringe Anteil dieser Asset Klasse am Transaktionsvolumen mit Handelsimmobilien in den vergangenen Jahren hat die Probleme widergespiegelt. Nun kommt eine Studie von ZIA und EY Real Estate über den hiesigen Center-Markt zu dem Ergebnis, dass die Branche inzwischen die Talsohle verlassen hat und als Orte für soziale Begegnungen neue Akzente setzt.

Denn gerade die Pandemie mit ihren Zwangsschließungen im Nonfood-Einzelhandel in den Einkaufszentren – genauso wie in den Innenstädten – hat vielen Menschen vor Augen geführt, dass Einkaufen nicht nur Warenbeschaffung ist – das geht auch über den Online-Shop – sondern dass dabei das soziale Miteinander wichtig ist. Abzulesen ist das daran, dass der stationäre Einzelhandel nach der Pandemie wieder Boden gut machen kann und die Frequenz in den Einkaufslagen steigt, während der Online-Handel Umsatz verliert.

Wie sehr der Aufwärtstrend auch für die deutschen Einkaufszentren gilt, hat die Studie Shopping-Center 2024: Bestandsaufnahme und Zukunftsfähigkeit einer Branche vom ZIA (Zentraler Immobilien Ausschuss) und der EY Real Estate deutlich gemacht. Hauptinitiator war die ZIA Task Force Handel. Dabei nutzt die Analyse laut ZIA-Präsident Andreas Mattner und Andreas HohlmannVorsitzender der Task Force Handel, eine bislang unerschlossene Datengrundlage, um profunde Aussagen über die Lage der Shopping-Center in Deutschland zu treffen. Und die haben nach den Worten von Iris SchöberlVizepräsidentin der ZIA Task Force Handel, ergeben, dass die Trendumkehr geschafft ist und sich der Aufwärtstrend beschleunigt fortsetzt.

Nach ihren Worten hat das Gros der Branche die gravierenden Herausforderungen durch die Corona-Pandemie genutzt, um ihre Center auf Vordermann zu bringen. So hätten fast 60% der bundesweit 72 Center mit einem Umsatz von je gut 10 Mrd. Euro und einer Gesamtmietfläche von 2,5 Mio. qm, die an der Befragung teilgenommen haben, in den vergangenen fünf Jahren jeweils mehr als 3 Mio. Euro in Revitalisierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen investiert – vor allem in Objekte, die in der Jahrtausendwende gebaut wurden. Dabei stand auch der soziale Aspekt der Center im Mittelpunkt, der sich in einem erweiterten Nutzermix widerspiegelt.

So werden traditionelle Einkaufskonzepte nach den Kernergebnissen der Studie zunehmend ergänzt, wodurch zusätzliche Frequenz gewonnen werden kann. Dabei hat sich der Lebensmittelhandel als typischer Ankermieter (75% der Nennungen) etabliert. Auch Drogeriemärkte (35%) gibt es nun häufiger und Freizeit- sowie Unterhaltungsangebote sind bei mehr als der Hälfte der Center (52%) vorhanden. Und: „Dienstleistungs- und Gesundheitsangebote finden nahezu überall ihren Platz (89%).“

Der Einzelhandel bleibt Hauptmagnet

Dieser Trend zu einer bunteren Angebotsmischung soll allerdings nicht den Blick darauf verdecken, dass der klassische (Nonfood)Einzelhandel sowohl in Einkaufzentren als auch in den innerstädtischen Einkaufsstraßen der Hauptmagnet bleibt. Das zeigt der Blick auf den Nutzermix: So belegt die Textilbranche mit 96% laut Studie die größten Mietflächenanteile in Einkaufszentren und stellt in fast allen Einkaufszentren einen Ankermieter. Konkret belegen Textilanbieter in den allermeisten Centern (86%) zwischen 20 und 50% der Fläche. Auch die Unterhaltungselektronik ist mit 74% ein wichtiger Ankermieter. Auf Hartwaren entfallen in zwei Drittel (68%) der Einkaufszentren bis zu 20% der Mietfläche und der Lebensmittelhandel belegt zwischen 5 und 20% - je nach Ausrichtung des Centers.

Die Bedeutung der Gastronomie als wichtigem Faktor für die Aufenthaltsqualität eines Einkaufszentrums ist bereits seit Jahren ein zentrales Diskussionsthema, insbesondere, seit die Center sich mit der Frage befassen müssen, wie sie sich vom Online-Kauf abgrenzen können. Gegenwärtig belegen Gastronomie-Konzepte im Schnitt 7% der Mietflächen, wobei der Anteil bei 63% der befragten Center irgendwo zwischen 5% und 10% pendelt. Bei einem Drittel liegt er aber noch unter 5%. Dabei gewinnen laut Studie hochwertige gastronomische Angebote in Kombination mit klassischen Food Courts im Nutzungsmix immer mehr an Bedeutung. Hier sind einige namhafte Projekte in der Umsetzung.

Insbesondere die Ausweitung der Gastronomie und der Freizeitangebote bieten laut Studie somit die Chance, sich durch mehr Erlebnis am Point of Sale vom funktionalen Online-Kauf abzugrenzen. Center, die in diesem Punkt hinterherhinken, müssen künftig nachzulegen. Denn in einer Welt, in der die Grenzen zwischen Freizeit und Arbeit immer mehr verschwimmen, müssen Einkaufszentren laut Studie mehr Erlebnis- und Unterhaltungswert bieten, indem sie zu Lifestyle Hubs werden, an denen man sich trifft, Gesundheitsangebote findet und neben Einkaufen gehen auch seinen Alltag verbringen kann. Iris Schöberl spricht hier von einem Mehrwert der Marke „Einkaufen plus‘, der zusätzliche Besucherinnen und Besucher in die Center zieht.

Revitalisierungen beleben das Vermietungsgeschäft

Dass der aktive Ansatz im Center-Management Früchte trägt, die sich in konkreten Zahlen messen lassen, kann Oliver SchweizerLeiter des Immobiliensektors bei EY in Deutschland, berichten. Denn über 70% der befragten Center verzeichnen nach seinen Worten eine starke Performance beim Mietvolumen und bei der Neuvermietung mit entsprechend niedrigem Leerstand. Dabei zeigte sich vor allem ein positiver Zusammenhang zwischen Revitalisierung einerseits und der durchschnittlichen Entwicklung der Vertragslaufzeit, des Mietvolumens und der Leerstandsquote andererseits. In drei Viertel der Center lag die Miete bei den Bestandsmietern Ende 2023 höher als Anfang 2022 – die Indexklauseln wirken als Inflationsschutz.

Zudem waren laut Studie mehr als 60% der befragen Einkaufszentren Ende 2023 voll vermietet oder hatten eine Leerstandsquote, die unter der Fluktuationsreserve von 5% lag. Allerdings sind die Vertragslaufzeiten nach der Pandemie oft kürzer. Außerdem hat sich die Flächenproduktivität der Mieter in den allermeisten Centern (75%) gegenüber der Vor-Corona-Zeit erhöht – auch wenn die Frequenz in 86% der Center noch nicht wieder das Niveau der Vor-Corona-Zeit erreicht.

Recht gut stehen die Einkaufszentren auch beim Thema Nachhaltigkeit da, das für Investoren an Bedeutung gewinnt. So sind mehr als drei Viertel der Objekte zertifiziert, 94% wurden auf Grünstrom umgestellt und 86% bieten E-Ladesäulen an. Den Bereich „soziale Nachhaltigkeit“ interpretieren sie, indem das Gros (94%) spezielle Angebote für Familien oder kollaborative Flächen für soziale Aktivitäten (86%) anbietet.

Dass dabei Center, die sich unter einem professionellen Center-Management frühzeitig auf die Veränderungen beim Konsumverhalten und neue Trends eingestellt haben, von den Folgen der Krise schneller erholt haben als andere, dürfte freilich niemanden überraschen. So differenziert sich die Shopping-Center-Landschaft in Deutschland laut Studie derzeit aus. Denn gemessen am Jahr 2019 ist das Mietvolumen von knapp der Hälfte der befragten Center gestiegen, das der anderen Hälfte ist gesunken. In Deutschland gab es 2023 laut Studie 509 Einkaufszentren mit mehr als 10 000 qm. Davon entsprechen etwa 204 den Größenanforderungen der ZIA-EY-Studie, die bei 20 000 qm liegt. Mit den 72 Centern deckt die Studie damit 35% des entsprechenden Marktes ab. Die Befragung wurde 2023 durchgeführt.