Neubauvolumen Logistik

Die ungewisse Wirtschaftslage belastet

HIR DÜSSELDORFIm ersten Halbjahr 2023 wurden nur rund 2,1 Mio. qm Neubaufläche registriert. Dabei ist nach Beobachtung des Immobiliendienstleisters Logivest vor allem in den etablierten Ballungsgebieten viel Zurückhaltung spürbar. Im Fokus stehen bei Neubauprojekten derzeit vor allem Nachhaltigkeit und der Einsatz regenerativer Energien.

Der deutsche Logistikimmobilienmarkt erholt sich nach dem starken Einbruch im vierten Quartal 2022 mit nur noch 750 000 qm Neubaufläche – das ist der niedrigste Stand der vergangenen fünf Jahre – im ersten Halbjahr 2023 nur langsam. Nach den Daten des auf Logistikimmobilien und -standorte spezialisierten Beratungsunternehmens Logivest wurden in den ersten beiden Quartalen jeweils etwa 1 Mio. qm Logistikflächen neu entwickelt. Basis dieser Daten ist der Zeitpunkt des jeweiligen Baustarts.

Grund für diese Zurückhaltung bei den Entwicklern sind laut Logivest die immer noch steigenden Zinsen, die der Baubranche derzeit in allen Anlage-Klassen zu schaffen machen, und die aktuelle Wirtschaftslage in Deutschland. Nach zwei Quartalen, in denen das Bruttoinlandsprodukt (BIP) geschrumpft ist und einem zweiten Quartal 2023 mit Null-Wachstum, ist hierzulande unklar, wohin sich die Wirtschaft entwickeln wird. Die Prognosen für 2023 sagen ein Schrumpfen des BIP voraus.

Hinzu kommt, dass sich die Baukosten inzwischen zwar auf einem hohen Niveau stabilisieren, die wichtigen Energiekosten aber nach wie vor extrem hoch sind. Ein Hoffnungsschimmer ist laut Logivest derzeit noch die gut gefüllte Projekt-Pipeline. Denn nach den Worten von Kuno NeumeierCEO der Logivest Gruppe, hat der Markt „alle Optionen“, da viele spannende Projekte geplant sind.

Das Problem in dieser schwierigen Marktphase ist laut Neumeier, dass gegenwärtig nur wenig spekulativ gebaut wird: „Das vergangene Jahr ist auch am Logistikimmobilienmarkt nicht spurlos vorbeigegangen“, stellt er fest. Zwar sei die Nachfrage nach Logistikflächen nahezu ungebrochen, doch hätten durch die wirtschaftliche Unsicherheit und die gestiegenen Kosten Bestandsimmobilien an Relevanz gewonnen.

Die Zurückhaltung in punkto Baustarts macht sich laut Logivest vor allem in den etablierten Ballungsgebieten bemerkbar. So bleiben Metropolen wie Hamburg oder Berlin, aber auch die nordrhein-westfälischen Logistikregionen zum Teil weit hinter den Erwartungen für das erste Halbjahr 2023 zurück. Dagegen überrascht die Logistikregion Münster/Osnabrück mit dem besten Ergebnis der ersten sechs Monate. Nach nur 70 000 qm im Gesamtjahr 2022 sind nun bereits circa 190 000 qm im Bau. Und auch die Logistikregionen Hannover und Bremen, die es 2022 nicht unter die Top 10 geschafft hatten, überbieten mit circa 170 000 bzw. 145 000 qm im ersten Halbjahr 2023 bereits ihr Vorjahresergebnis.

Beim Blick auf die Top-Projekte des ersten Halbjahres sticht vor allem die Fokussierung auf das Thema Nachhaltigkeit der Immobilien ins Auge. So verfügen die fünf größten Projektentwicklungen allesamt über Photovoltaikanlagen, legen generell den Fokus auf hohe Energieeffizienz und streben mindestens eine „DGNB-Gold-Zertifizierung“ an.

Die größte Projektentwicklung des ersten Halbjahres entsteht derzeit mit rund 127 000 qm im niedersächsischen Estorf. Hier entwickeln Bentall Green Oak und Thirteen Seven den Mittelweser Park nach GEG-40-Standard und unter höchsten ökologischen Gesichtspunkten. Auch das zweit- und drittgrößte Projekt, die beide von Garbe Industrial Real Estate entwickelt werden, legen den Fokus auf Energieeffizienz. So entstehen rund 87 000 qm im hessischen Ludwigsau sowie circa 82 000 qm im niederbayrischen Pilsting. Das letztere Projekt wird die Logistikregion Donau von Rang 22 im vergangenen Jahr unter die Top 5 Regionen des ersten Halbjahres 2023 katapultieren.

„Der Einsatz regenerativer Energien ist auch ein probates Mittel, um die hohen Energiepreise und damit die massiv gestiegenen Nebenkosten so gering wie möglich zu halten“, zeigt Kuno Neumeier einen wichtigen Aspekt der Debatte um das Thema Nachhaltigkeit auf: „Nachhaltigkeit kann und muss gerade in der jetzigen Zeit auch wirtschaftlich sein.“ Deshalb ist der Logivest-CEO überzeugt, dass sich dieser Ansatz weiter durchsetzen und es einen neuen Nachhaltigkeitsstandard geben wird.

Auch wenn der Logistikimmobilienmarkt im laufenden Jahr beim Neubauvolumen laut Logivest-Studie voraussichtlich nicht das Niveau der vergangenen Jahre erreichen wird, so zeichnet sich doch eine gewisse Stabilisierung des Marktes ab. Die steigende Relevanz vermeintlich neuer Branchen wie beispielsweise der Halbleiterindustrie, die Entstehung neuer, nachhaltiger Produktionsstandorte und der weitere Aufbau von Pufferlagern würden ebenso positive Zeichen setzen wie die gut gefüllte Projekt-Pipeline, so Neumeier.