Outlet-Center-Markt Europa

Die Inflation hat den Erfolgskurs der Branche erst einmal ausgebremst

Das Fashion Outlet in Zweibrücken soll erweitert werden. Foto: Via

rv DÜSSELDORF. Jahrelang hat sich der europäische Markt für Factory und Designer Outlet Center positiv entwickelt. Selbst schwierige Phasen konnten die Entwicklung kaum beeinträchtigen. Doch die aktuellen Verwerfungen machen selbst vor der relativ resilienten Branche nicht Halt.

Die Vertriebslinie Factory Outlet Center (FOC) verknüpft zwei ganz wesentliche Verkaufsvorteile miteinander: Die Ware ist relativ preisgünstig und es handelt sich um hochwertige Markenqualität. Als i-Tüpfelchen obendrauf befriedigt der Verkauf von solchen Einzelstücken den Jagdinstinkt der Kunden auf der Suche nach attraktiven Schnäppchen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass diese Asset-Klasse gerade in Krisenzeiten lange Zeit profitiert hat und in guten Zeiten als Ausflugsort und Freizeitbeschäftigung gefragt war.

Zu den Erfolgsfaktoren gehörten nach der Marktanalyse des Wiesbadener Beratungsunternehmens Ecostra prozentual zweistellige Umsatzzuwächse im Bestand, eine Flächenproduktivität, die deutlich oberhalb der von Shopping-Centern bekannten Benchmarks lag, und auch die Flächennachfrage der Mieter war lange konstant hoch, so dass sich die Standorte lange dynamisch entwickelt haben. Und auch die Konkurrenz des Online-Handels mussten sie nicht fürchten.

Zu den Schattenseiten dieser Vertriebslinie gehören – insbesondere in Deutschland – die schwierigen und langwierigen Genehmigungsverfahren, die hierzulande nicht selten auch mit der Aufgabe eines Projekts enden können. Gerade in Deutschland ist der Widerstand von Seiten des Einzelhandels und der Kommunen beachtlich, sehen sie darin doch eine ernsthafte Konkurrenz für die Innenstädte.

Laut Ecostra war es dennoch überraschend, dass der europäische Marktführer der Branche, McArthurGlen, seine Ansiedlungspläne für Remscheid und die Erweiterungspläne für sein Outlet-Center in Ochtrup aufgegeben hat. Anlass für diese Entscheidung war offenbar, dass das deutsche Bundesverwaltungsgericht die Bebauungspläne im Januar 2022 auf Grund von Fehlern kassiert hatte. „Damit hat McArthurGlen eine über zehn Jahre dauernde Planung mit Vorlaufkosten in zweistelliger Millionenhöhe abgeschrieben“, berichtet das Beratungsunternehmen.

Die stark steigenden Baukosten und die sich eintrübende Konjunktur auch in dieser Branche dürften weitere Gründe für den Rückzug sein. Somit gibt es derzeit in Deutschland nur noch die Erweiterungspläne für Zweibrücken, Deutschlands größtes Outlet-Center, und für Montabaur. Neue Objekte von großen internationalen Outlet-Betreibern gibt es laut Ecostra damit nicht.

Dass der europäische Outlet-Center-Markt trotz der vergangenen Erfolge nun dennoch deutliche Bremsspuren aufweist, führt Joachim Will,Geschäftsführer von Ecostra, vor allem auf die Verteuerung der Energie- und Heizkosten zurück, wodurch die Inflation befeuert, und die Kaufkraft der Bevölkerung aufgezehrt wird, so dass die Kaufneigung insgesamt zurückgeht. Das bekommt derzeit selbst der Online-Handel zu spüren, der 2020 und 2021 noch von den Zwangsschließungen weiter Teile des stationären Einzelhandels stark profitierte. Gegen Kaufkraftverluste ist schwer anzukommen. Das gelingt derzeit allenfalls dem Luxusgütermarkt, dessen Kundschaft nicht auf den Cent schauen muss.

Will: „Die Verbraucher merken die Preisentwicklung bereits an der Tanksäule und vielen ist es sehr bewusst, dass die nächste Nebenkostenabrechnung für die Wohnung unangenehme Überraschungen bieten wird.“ Das Resultat sind laut Ecostra bestenfalls stagnierende und im schlechtesten Fall rückläufige Umsätze. Konkrete Zahlen dazu nennt der Berater aber noch nicht.

Die aufgezeigte Entwicklung widerspricht aus Sicht des Ecostra-Geschäftsführers damit dem vielfach vorgebrachten Argument, Factory Outlet Center seien generell antizyklisch und wären nur in schlechten Zeiten erfolgreich und würden von Hochphasen kaum profitieren. Dabei wurde der Erfolg der Fabrikverkaufszentren im vergangenen Aufschwung vielfach belegt. Generell reagiert die Branche laut Will aber mit Zeitverzögerung auf konjunkturelle Auf- und Abschwünge.

Vollbremsung auf dem russischen Outlet-Markt

Verschärft wird der Abwärtstrend derzeit noch durch den Personalmangel. Laut Will berichteten diverse Center-Manager, dass sie mit dem bisherigen Stab an qualifizierten Mitarbeitern kaum in der Lage sind, den großzügig gesteckten Rahmen bei den Öffnungszeiten aufrecht zu erhalten. Mit Blick auf die beachtliche Zahl an Touristen unter den Kunden suchen die Betreiber mehrsprachiges Personal, zumal die Mitarbeiter durch ihren Auftritt auch die Marke repräsentieren sollen.

Im Betrachtungszeitraum der Untersuchung zwischen Juni 2021 und Juni 2022 erhöhte sich die Zahl der europäischen Outlet Center um sechs Standorte auf insgesamt 198. Die Verkaufsfläche wuchs um knapp 120 000 qm auf etwa 3,3 Mio. qm, die Durchschnittsgröße der Objekte liegt bei 16 520 qm. Insgesamt hat sich das Wachstumstempo laut Ecostra damit verlangsamt.

In Großbritannien mit der größten Outlet-Dichte (38) registrierte der Berater beim Bestand ein leichtes Abschmelzen. In Ländern wie Italien mit seinen 26 Objekten, in Deutschland (18), Russland (10) und Litauen (2) registrierte das Beratungsunternehmen eine Ausweitung der Standorte, in Zypern wurde das erste Outlet-Center eröffnet.

Dass der russische Outlet-Center-Markt dagegen derzeit eine Vollbremsung hinlegt, ist laut Ecostra dem Angriff des Landes auf die Ukraine und den westlichen Sanktionen geschuldet. Dabei hatte Russland mit seiner markenorientierten Bevölkerung und den vielen Millionenstädten die besten Voraussetzungen in diesem Segment und galt für die Branche deshalb als Zukunftsmarkt. Innerhalb von nur wenigen Jahre waren die zehn relativ großdimensionierten Objekte an den Markt gekommen.

Doch da viele prominente Sportmarkenhersteller wie Nike, Puma und Adidas sowie Modehersteller aus allen Preislagen – von H&M und Zara bis Chanel, Hermès und Gucci – sich wie auch das Gros der Unternehmen aus anderen Branchen aus Russland zurückgezogen haben, stehen inzwischen so manche Marken-Stores leer. Hugo Boss beschränkt sich laut Ecostra darauf, nur noch seine Franchisenehmer zu beliefern. Andere versuchen sich damit zu behelfen, dass sie den Boykott umgehen, indem sie ihre Stores über Drittländer wie Kasachstan versorgen.

Diese Entwicklung ist ein Beispiel von vielen dafür, wie Russland durch den Ukraine-Krieg seine eigene Wirtschaft beschädigt. Ob sich die Lage auf dem Outlet-Center-Markt nach dem Ende des Kriegs schnell wieder normalisieren kann, bezweifelt Ecostra-Chef Will: „Eine Rückkehr dieser Marken nach Russland (…) dürfte auf absehbare Zeit ausgeschlossen sein.“ Der russische Outlet-Markt werde sich in den nächsten Jahren nicht erholen und die westlichen Marken seien schwer zu ersetzen.