Investmentmarkt Logistik

Die Branche hat ihre Krisenfestigkeit bewiesen

Quelle: JLL

Es geht selbst in schwierigen Zeiten immer noch ein Stückchen besser. Mit einem Transaktionsvolumen von 8,74 Mrd. Euro konnte 2020 im deutschen Markt für Logistik- und Industrieimmobilien laut JLL das Rekordjahr 2017 mit 8,7 Mrd. Euro nochmals knapp übertroffen werden. Damit verteidigt die Anlageklasse ihren dritten Platz auf dem deutschen Investmentmarkt für Gewerbeimmobilien hinter Büros und Handelsimmobilien. Daran dürfte sich auch 2021 nichts ändern.

Wie generell auf dem Gewerbeimmobilienmarkt verlief auch bei Logistik- und Industrieimmobilien das Geschäft zum Jahresende noch einmal recht lebhaft. Seit dem zweiten Quartal im bisherigen Rekordjahr 2017 war das vierte Quartal 2020 nach dem Worten von Nick Jones, bei JLL Head of Germany, Logistics & Industrial Investment, mit einem Transaktionsvolumen von über 2,7 Mrd. Euro das stärkste Quartal. Doch während 2017 ein Groß-Deal, der Deutschlandanteil des europaweiten Logicor-Portfolios, das Ergebnis geprägt hatte, war das Investmentgeschäft 2020 laut Colliers International ohne „milliardenschwere Plattformdeals“ ausgekommen. Die Anlageklasse stellt sich immer breiter auf.

Geprägt wurde der Investmentmarkt laut JLL von einer hohen Zahl von Transaktionen im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich. Mit 21 - davon elf Portfolios und zehn Einzeltransaktionen – seien acht großvolumige Transaktionen mehr als 2019 gezählt worden, die mit 47% knapp die Hälfte des gesamten Volumens ausmachten. Die größte Transaktion auf dem hiesigen Markt war mit dem Verkauf von 14 Objekten (Root Portfolio) im vierten Quartal durch die Patrizia AG an die AEW Europe für über 500 Mio. Euro denn auch ein Portfolio.

Schon zu Beginn der Corona-Krise 2020 zeigte sich der Markt nach den Worten von Christopher Raabe, Geschäftsführer und Head of Logistics & Industrial der BNP Paribas Real Estate GmbH (BNPPRE), „im Vergleich zu vielen anderen Assetklassen ausgesprochen krisenresistent und kann in diesem Kontext sogar als eine Art Gewinner bezeichnet werden“. Das sieht Hubert Reck, Head of Industrial & Logistics Stuttgart bei Colliers International Deutschland, ähnlich, wenn er auf das Wachstum im eCommerce verweist, wodurch die Attraktivität und Bedeutung von Logistikimmobilien in Deutschland verstärkt wird. Die Zwangsmaßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie haben den Online-Handel und damit das Paketaufkommen und den Bedarf an Lager- und Logistikflächen weiterwachsen lassen.

Bei der Frage, ob 2020 das Rekordjahr 2017 übertrumpft hat oder nur auf Platz zwei lag, sind sich die Immobiliendienstleister nicht einig. Während JLL, wie oben erwähnt, für das Vorjahr das Rekordergebnis von 8,74 Mrd. Euro ermittelte, nach 6,8 Mrd. Euro 2019, beziffert BNP Paribas Real Estate das Volumen mit gut 7,9 Mrd. Euro, was gegenüber 2019 ein Plus von 5,6% und gegenüber dem langjährigen Durchschnitt von 56% bedeutet. Auch Colliers International sieht das Logistikjahr 2020 mit etwa 7,5 Mrd. Euro (+14%) nur als das „zweitstärkste je gemessene Jahresergebnis nach dem Rekordjahr 2017 mit 8,7 Mrd. Euro“.

Beim Blick auf die Entwicklung in den vergangenen zehn Jahren konstatiert Nick Jones, dass das jüngste Rekordtransaktionsvolumen gemessen am Zehn-Jahres-Schnitt von jährlich 4,2 Mrd. Euro zwischen 2010 und 2019 eine Verdoppelung darstellt. Der Anteil der Anlageklasse am Gewerbeimmobilienmarkt erhöhte sich auf 11%. Neben „Wohnen“ war das Segment das einzige, das den Vorjahreswert übertraf.

Insgesamt gaben die nationalen Investoren mit einem Investitionsvolumen von 4,2 Mrd. Euro und einem Anteil von etwa 57% am Gesamtvolumen den Ton an, weil die eingeschränkten Reisemöglichkeiten die Ausländer daran hinderten, Objekte persönlich zu begutachten, wie Colliers International berichtet. Reck schätzt, dass sich die sehr wettbewerbsintensive Lage verschärfen könnte, wenn die Reisebeschränkungen fallen und internationale Investoren aktiver in den hiesigen Markt eingreifen.

Dabei ist der Druck auf die Kaufpreise und die Spitzenrenditen schon heute stark: „In allen Big 7 Märkten war allein in den letzten drei Monaten 2020 ein weiterer Abwärtstrend von 15 Basispunkten auf 3,35% bzw. 3,45% in Köln und Stuttgart zu verzeichnen“ berichtet JLL. Im Jahresvergleich lag der Rückgang in den sieben Ballungsräumen bei 30 bis 40 Basispunkten. Den Trend bestätigt auch BNPPRE und sieht den Rückgang bei den Netto-Spitzenrenditen in fast allen großen Märkten bei 35 Basispunkten auch auf 3,35%, bis auf Leipzig mit 3,6% – ein Rückgang von 45 Basispunkten. Colliers International sieht die Netto-Rendite für moderne Objekte in den bedeutendsten Logistikregionen sogar nur noch bei 3,30%, nach 4,20% (2019).

„Während die Kaufpreise 2020 in anderen Immobilienanlageklassen allenfalls auf hohem Niveau stagnieren, so Nick Jones, „sind Logistik-Anleger bereit, bei entsprechendem Objekt z.T.l noch mehr an die Preisobergrenze zu gehen“. Laut Colliers-Experte Reck gab es im Vorjahr vereinzelt Transaktionen, „die durch ihr Gesamtpaket absolute Outperformer waren und Kaufpreise über dem 28-fachen der Jahresnettomiete erzielten, die es normalerweise nur auf dem Büro- und Wohnimmobilienmarkt zu sehen gibt“. Vor diesem Hintergrund überschritten die erzielten Kaufpreise pro qm zum Teil sogar die 2 000 Euro-Marke. Das könnte der Maßstab für zukünftige „gleichzusetzende Transaktionen“ sein, meint Reck.

Kaufpreise überschritten teilweise die 2 000 Euro-Marke

Zu den größten Paketdeals 2020 zählte laut Colliers International u.a. Anfang des Jahres die Übernahme des europäischen Logistrial-Portfolios durch Union Investment mit einem Gesamtvolumen von rund 800 Mio. Euro - davon sind gut die Hälfte deutsche Objekte. Das Rocket-Portfolio wurde für einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag gleichfalls von Union Investment erworben. Einzeltransaktionen erreichten ein Gesamtvolume von 4,8 Mrd. Euro.

Unter den großen Ballungsräumen, die laut BNPPRE ein Transaktionsvolumen von zusammen 2,6 Mrd. Euro erreichten – 39% mehr als im Vorjahr – stach vor allem Berlin mit einem Transaktionsvolumen von 1 Mrd. Euro heraus. Dabei sorgte der Verkauf des Air Park Berlin durch Partizia im Oktober mit seiner Lage in einer der stärksten deutschen Logistikregionen, seinem „Hauptstadtbonus“ und seiner attraktiven Gebäude- und Mieterstruktur laut Colliers International für besondere Aufmerksamkeit. In dem Bieterverfahren, das von einem außergewöhnlichen Preiskampf geprägt wurde, habe sich CBRE Global Investors durchgesetzt. Das Objekt gilt als teuerste Transaktion in Deutschland und die Renditen liegen deutlich über dem derzeitigen Spitzenwert.

Einig sind sich die Immobiliendienstleisterin ihrer Einschätzung, dass der Markt für Logistikimmobilien „2020 eindrucksvoll seine Krisenfestigkeit bewiesen“ hat, wie BNPPRE-Geschäftsführer Raabe formuliert, und dass er nochmals deutlich an Attraktivität gewonnen hat: „Es ist daher auch für 2021 davon auszugehen, dass die Renditen noch einmal leicht nachgeben.“ Er ist zuversichtlich, dass „Ende 2021 im fünften Jahr in Folge die Schwelle von 7 Mrd. Euro erreicht werden kann“.

Aus Sicht von Nick Jones werden „stabile Nutzermärkte und strukturelle Trends wie Digitalisierung und Wachstum des Online-Handels, die sich weiter verfestigt haben, die Nachfrage von Händlern und eCommerce-Anbietern nach regionalen und lokalen Verteilungszentren“ antreiben. Nachdem laut Colliers International 2020 überdurchschnittlich viele Sale-and-Lease-Back-Transaktionen für einen gewissen Produktnachschub gesorgt haben, geht Jones davon aus, dass es mit Blick auf die herausfordernden Zeiten zu mehr Verkäufen von unternehmenseigenen Immobilien kommen könnte. Jedenfalls bleiben die Aussichten für 2021 gut.