Investmentmarkt Logistik

Der großen Flächennachfrage stehen zögerliche Investoren gegenüber

Im Logistikmarkt wird viel gebaut. Foto: Amazon

Die Zeiten des „immer schneller, weiter und höher“ dürften auch im Markt für Logistikimmobilien vorerst vorbei sein, auch wenn die Branche im ersten Halbjahr 2022 laut BNP Paribas Real Estate mit 6,6 Mrd. Euro ein neues Rekordergebnis erzielt hat und ihren zweiten Platz im Investmentmarkt für Gewerbeimmobilien verteidigen konnte. Es zeigt sich derzeitig jedoch ein zwiespältiges Bild.

Denn die hohe Inflation und rapide steigende Zinsen zeigen auch im Investmentmarkt für Logistikimmobilien ihre Wirkung. So konstatiert der Immobilienberater Savills, dass zwar „die Nachfrage nach Industrie- und Logistikflächen ungebrochen“ ist, doch dass dies am Investmentmarkt nicht uneingeschränkt gelte. Wie JLL in diesem Kontext und mit Blick auf die Kehrtwende vieler Notenbanken bei ihrer Zinspolitik feststellt, scheinen die Zeiten des „billigen Geldes“ definitiv vorbei zu sein, so dass sich die Anleger „wieder mit einem normaleren Finanzierungsumfeld auseinandersetzen müssen“. Immobilien würden damit ihren „TINA“-Status, der besagt; „There Is No Alternative“, verlieren, da Anlagen wie Staatsanleihen attraktiver würden.

„Für sich genommen sind Industrie- und Logistikimmobilien für Investoren unverändert attraktiv“, stellt Bertrand Ehm, Director Industrial Investment bei Savills, grundsätzlich fest: „Die gestiegenen Zinsen sorgen jedoch auch hier für ein verändertes Umfeld und zumindest vorübergehend für spürbar gestiegene Zurückhaltung unter den Investoren“. So registrierte BNP Paribas Real Estate (BNPPRE), dass sich „der Investorenkreis im Core-Segment zuletzt verkleinert und sich die Dynamik dadurch etwas verlangsamt“ hat.

Im Kontrast dazu berichtet Panajotis Aspiotis, Managing Director und Chief Commercial Officer bei Savills, dass auf Seiten der Nutzer – insbesondere bei Großnutzern – teilweise die „pure Verzweiflung“ herrsche. Gerade für sie sei „das Angebot extrem begrenzt und mit Blick auf die Knappheit geeigneter Grundstücke und die Entwicklungspipeline dürfte sich die Situation weiter verschärfen“. Denn der wachsende eCommerce, das Bestreben vieler Firmen, angesichts von Lieferengpässen vermehrt Läger anzulegen und die Rückverlagerung von Produktionen nach Deutschland bzw. Europa befeuern den Flächenbedarf, trotz Abschwächung der Konjunktur. Vor diesem Hintergrund registrierte BNPPRE in den sechs größten Ballungsgebieten beim Transaktionsvolumen ein Plus von 60% gegenüber 2021 auf 1,4 Mrd. Euro.

Doch auch der Berater bestätigt, dass das veränderte Zinsumfeld auf den Finanzmärkten – trotz ausgezeichneter Nachfrage – an den Spitzenrenditen resp. den Preisen nicht spurlos vorüber geht. „Dementsprechend wurde die Renditekompression der letzten Jahre gestoppt und in ein leichtes Anziehen der Spitzenrenditen um jeweils 10 Basispunkte in den Top-Märkten umgekehrt“, schreibt der Berater, so dass die Renditen in den A-Städte nun im Schnitt bei 3,10% notieren und in Leipzig bei 3,30%.

Die Spitzenrenditen könnten im Jahresverlauf steigen

Beim Blick auf den weiteren Jahresverlauf will Christopher Raabe, Geschäftsführer und Head of Logistics & Industrial der BNP Paribas Real Estate GmbH, bei aller Euphorie auf dem Markt nicht ausschließen, dass sich die Spitzenrenditen im Jahresverlauf auf ein höheres und die Kaufpreise auf ein niedrigeres Niveau zubewegen. „Die gestiegenen Zinsen haben auch am Industrieimmobilienmarkt eine neue Grundlage für die Preisbildung geschaffen“, bestätigt auch Matthias Pink, Head of Research Germany bei Savills.

Allerdings fallen auch in dieser Zeit des Übergangs die Preisvorstellungen der Verkäufer und die der Käufer zunächst einmal auseinander, so dass sich laut Savills exakte Spitzenrenditen noch schwer beziffern lassen. Nach Beobachtung des Beraters liegen die Preisvorstellungen der Verkäufer bei einer Anfangsrendite von 3,0%, während die Zahlungsbereitschaft der Käufer eher bei einer Anfangsrendite von 3,2% liegt.

Die aktuelle Zurückhaltung der Investoren äußerte sich laut Savills in einem vergleichsweise niedrigen Transaktionsvolumen im zweiten Quartal, das in den vergangenen drei Monaten auf etwa 1,5 Mrd. Euro zurückgegangen ist, nach noch rund 4,1 Mrd. Euro im ersten Quartal 2022. Mit knapp 5,7 Mrd. Euro im ersten Halbjahr liegt Savills beim Transaktionsvolumen etwas niedriger als BNPPRE mit 6,6 Mrd. Euro

Vor allem im Portfoliosegment gingen die Aktivitäten im Quartalsvergleich um 90% zurück, nachdem laut Savills-Director Ehm mehrere Investoren ihre Ankäufe zunächst ausgesetzt haben und den Markt in den nächsten Monaten beobachten wollen. Speziell im großvolumigen und hochpreisigen Segment waren die Investoren demnach zurückhaltend und haben ihre Kaufpreisangebote am deutlichsten korrigiert. Deshalb rechnet Ehm für das dritte Quartal erst einmal „mit einer gedämpften Investmentaktivität“.

BNPPRE-Geschäftsführer Raabe erwartet beim Blick auf das zweite Halbjahr aber eine gute Nachfrage nach Logistik-Immobilien, „obwohl sich die geopolitisch-, wirtschaftlich- und finanzmarktgetriebenen Unsicherheiten im nächsten Quartal fortsetzen dürften“. Und da bereits zur Jahresmitte „der langjährige Durchschnitt der Gesamtjahre geknackt werden konnte“ sieht er den Logistik-Investmentmarkt in jedem Fall vor einem Ausnahmejahr.

Ob in dieser Gemengelage aus hoher Flächennachfrage und gestiegenen Zinsen das Preisniveau unverändert bleibt, dürfte laut Matthias Pink davon abhängen, ob der Zinseffekt vollständig von höheren Mietwachstumserwartungen der Investoren kompensiert wird. „Tatsächlich sind die Logistikmieten auch in den letzten Monaten gestiegen, besonders im Bestand“, schreibt Savills dazu, räumt aber auch ein, dass der größte Teil dieses und auch des noch zu erwartenden Mietwachstums von den Investoren bereits eingepreist wurde.

Allerdings haben laut Savills-Director Ehm „Knappheit, gestiegene erzielbare Mieten und weiterhin hohe Faktoren die Grundstückspreise zuletzt regelrecht explodieren lassen“, sodass in einigen Fällen die Marke von 1 000 Euro überschritten wurde. Dieser Mangel an Grundstücken, der auch durch die restriktive Grundstücksvergabe durch die Kommunen befeuert werde, treibe die Logistikmieten und damit auch die Preise der gelagerten Waren – wie etwa der Tiefkühlpizza – in die Höhe und werde damit auch zum gesellschaftlichen Problem.