The KaDeWe Group: Insolvenz in Eigenverwaltung

Das große Pokern um die Existenz

Das KaDeWe in Berlin. Foto: Signa

Im Portfolio der insolventen Signa Prime Selection AG gehören die Luxuswarenhäuser der „The KaDeWe Group GmbH“ zu den wertvollen Immobilien, mit deren Verwertung das Unternehmen hofft, erfolgreich durch die Insolvenz zu kommen. Am 29. Januar hat die KaDeWe Gruppe für ihr operatives Geschäft nun selbst Insolvenz angemeldet – ganz offensichtlich, um Ballast abzuwerfen.

Ähnlich wie der CEO der Warenhaus-Kette Galeria Karstadt KaufhofOlivier van den Bossche, der nach zwei Insolvenzverfahren feststellen musste, dass gerade die Mieten der 18 zur Signa Gruppe gehörenden Warenhäuser immer noch zu hoch seien, moniert auch der CEO der KaDeWe Group, Michael Peterseim, dass „die exorbitant hohen Mieten an den Standorten Berlin (KaDeWe, Foto), Hamburg (Alsterhaus) und München (Oberpollinger) ein nachhaltig ertragreiches Wirtschaften nahezu unmöglich“ machen.

Dabei hatte The KaDeWe Group GmbH nach seinen Worten 2022/23 mit 728 Mio. Euro das umsatzstärkste Geschäftsjahr der Unternehmensgeschichte verzeichnet. Immerhin lagen die Erlöse um knapp 24% über dem Vor-Corona-Geschäftsjahr 2018/19, das im Einzelhandel derzeit als Benchmark gilt, an der die Erholung des Handelsgeschäfts nach den Beschränkungen durch die Pandemie gemessen wird. Dass die Mieten für die drei Warenhäuser in diesem Zeitraum jedoch um fast 37% erhöht wurden, ist laut Petersheim der Grund dafür, dass das erfolgreiche Geschäft der drei Luxus-Warenhäuser unter dem Strich seine Profitabilität einbüßt. Denn nach seinen Worten sind die geforderten Indexmieten „unverhältnismäßig hoch, sie sind nicht marktüblich – und sollen noch weiter ansteigen“.

Nachdem zahlreiche Gespräche mit dem Vermieter und auch die veränderten Bedingungen durch die Insolvenzen bei den diversen Unternehmen der Signa Gruppe an der Haltung des Vermieters nichts änderten, hat die Gruppe am 29. Januar beim Amtsgericht Charlottenburg Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt, dem das Gericht auch zeitnah stattgegeben hat. Das spricht dafür, dass die Geschäftsführung die prekäre finanzielle Lage der Gruppe nachweisen konnte.

Unterstützung erhält die KaDeWe-Geschäftsführung während des Insolvenzverfahrens von Stephan Strumpf von der Rechtsanwaltskanzlei Finkenhof, der als Generalbevollmächtigter fungiert. Zum vorläufigen Sachwalter bestellte das Amtsgericht Christian Graf Brockdorff von der BBL Brockdorff Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Abgesehen davon, dass alle tariflichen Mitarbeiter in den nächsten drei Monaten ihre Gehälter inkl. der möglichen Zulagen in der bisherigen Höhe als Insolvenzgeld durch die Bundesagentur für Arbeit erhalten, eröffnet die Insolvenz der Geschäftsführung die Möglichkeit, Mietverträge mit einer Frist von drei Monaten zu kündigen, um so Druck auf den Vermieter und seine Verhandlungsbereitschaft zu erzeugen.

Mit Blick auf die Tatsache, dass die Signa Gruppe bzw. die Signa Retail mit 49,9% am operativen Geschäft der KaDeWe Group beteiligt ist – die thailändische Central Group hält die übrigen 50,1% – stellt sich allerdings die Frage, warum Signa als Vermieter kein Interesse am wirtschaftlichen Erfolg der Tochtergesellschaft hat. Wie bei den 18 Galeria-Warenhäusern, die der Signa gehören, spricht die hohe Miete auch hier dafür, dass es dem Eigentümer René Benko in erster Linie um das Immobiliengeschäft ging und das operative Geschäft eher zweitrangig war.

Verhandlungen über neue Mieten sind kein Spaziergang

Die jetzt anstehenden Verhandlungen um niedrigere Mieten für die drei Warenhäuser dürften aber auch unter den Sonderbedingungen der Insolvenz kein Spaziergang werden. Denn dass die Vermieterin, die Signa Prime Selection AG, selbst insolvent ist, macht die Sache nicht einfacher, da hinter ihr die Gläubiger stehen, die für sich so viel Geld wie möglich rausholen wollen. Das stärkste Druckmittel, das auch Galeria Karstadt Kaufhof in den beiden früheren Insolvenzverfahren angewandt hat, ist die Drohung der Filialschließung. Bei nur drei Filialen ist die Verhandlungsmasse für die KaDeWe Group aber gering und bei der Schließung nur eines der an sich rentablen Häuser ist der Schaden erheblich.

Ähnlich ist der Sachverhalt bei Galeria bei den Verhandlungen über die Mieten bei den Signa-Häusern. Denn hier handelt es sich um Objekte wie den Kaufhof an der Hohe Straße in Köln, das Flaggschiff unter den früheren Kaufhof-Filialen, oder den Kaufhof an der Kö in Düsseldorf oder den Kaufhof an der Hauptwache in Frankfurt. Allerdings sind gute Warenhäuser in Top-Lagen nichts wert, wenn die Mieten den Ertrag auffressen.

Das erklärt womöglich auch, warum die Miteigentümerin der KaDeWe Group, die Central Group der thailändischen Familie Chirathivat, zögert, die 49,9% der Signa Gruppe zu erwerben und die Luxus-Warenhäuser „rauszuhauen“. Denn das würde nichts an der Tatsache ändern, dass die Häuser auf Grund der hohen Mieten kaum rentabel zu bewirtschaften sind. Es kommt jetzt also maßgeblich auf die Mietverhandlungen mit der Vermieterin und ihrem Insolvenzverwalter an. Dieser Partei muss im Mietpoker aber auch klar sein, dass sich die hohen Mieten nicht halten lassen, wenn die Mieter sie nicht erwirtschaften können. Im Warenhausmarkt gibt es ein sehr großes Klumpenrisiko.

Großes Klumpenrisiko im Warenhausmarkt

Ein Risiko für die Steuerzahler könnte von der Ausfallbürgschaft der Länder Berlin und Hamburg sowie des Bundes von zusammen 90 Mio. Euro ausgehen, die der KaDeWe Group während der Corona-Krise gewährt wurde. Wie es in den Medien heißt, soll der Kredit, den die Gruppe von einer Bank erhalten hatte, in diesem Jahr fällig werden. Sollte die KaDeWe den Kredit nicht zurückzahlen können, würde die Bürgschaft greifen.

Am 29. Januar wurde im Rahmen einer Gläubigertagsatzung auch das Forderungsverzeichnis der Signa Holding bekannt gegeben, wonach sich das Volumen der angemeldeten Forderungen auf 8,6 Mrd. Euro summiert. Im Insolvenzantrag beim Handelsgericht Wien waren sie noch mit 5 Mrd. Euro beziffert worden. Anerkannt hat der Signa-Insolvenzverwalter Christof Stapf aber erst 80 Mio. Euro.

Ein Problem ist aus Sicht von Experten das komplexe Firmengeflecht aus gegenseitigen Haftungen und Forderungen der Signa-Gesellschaften untereinander, so dass es zu einer Aufblähung der Forderungssumme gekommen sei. Ein Beispiel sind die gut 200 Mio. Euro, die Signa der Tochter Galeria im Zuge des vorletzten Insolvenzverfahrens als Sanierungshilfe zugesagt hatte und deren Zahlung im Zuge der Insolvenz ungewiss ist. Die Galeria-Geschäftsführung würde diese Forderung gerne mit der Miete von etwa 180 Mio. Euro für die 18 Signa-Häuser verrechnen. Das Beispiel zeigt, dass es hier noch um sehr viel Detailarbeit geht.