Investmentmarkt Logistik

Branche profitiert von ihrer „Systemrelevanz“

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rv DÜSSELDORF. Dass Logistikimmobilien auch in Corona-Zeiten zu den attraktiven Anlageklassen gezählt werden, zeigt der Blick auf den deutschen Investmentmarkt, der nach den ersten neun Monaten mit einem guten Ergebnis aufwarten konnte. Logistikimmobilien seien derzeit mit „einem hohen Resilienzfaktor in einem spezifisch eigenen Universum unterwegs“, meint etwa der Immobiliendienstleister JLL bei Vorlage der Quartalszahlen.

So erzielte die Branche mit einem Transaktionsvolumen, das JLL mit 5,75 Mrd. Euro und BNP Paribas Real Estate (BNPPRE) mit 5,6 Mrd. Euro bezifferte, das zweitbeste Ergebnis, das nach einem dritten Quartal erzielt wurde, das um rund 60% über dem langjährigen Schnitt liegt und das bereits 84% des gesamten Vorjahresvolumens erreicht.

Für Christopher Raabe, Geschäftsführer und Head of Industrial Services & Investment bei der BNP Paribas Real Estate GmbH, liegt dieWiderstandsfähigkeit der Asset Klasse auf der Hand. Denn während einige der anderen gewerblichen Investmentklassen die Folgen der Covid-19-Pandemie zum Teil deutlich gespürt hätten, sei der Markt für Logistik-Investments per Saldo „ausgesprochen robust“. Zwar gibt es auch innerhalb des Marktes Sektoren wie die Automobilbranche, die konjunktur-bedingte Nachfrageeinbußen hinnehmen mussten, doch konnten andere Bereiche wie der eCommerce, der eindeutig vom Shutdown und den restriktiven Regeln wie Maskenpflicht beim Einkauf profitieren konnte, seinen Marktanteil ausbauen.

Das gilt auch für die klassische Lebensmittellogistik, die vom Shutdown nicht betroffen war. Vielmehr profitierte der Lebensmitteleinzelhandel mit seinen Convenience-Angeboten davon, dass die Gastronomie über eine längere Strecke schließen musste. Die Krise habe bei den Marktteilnehmern die Wahrnehmung der Logistik „grundlegend geändert“, sagt auch Nick Jones, Head of Industrial Investment bei JLL Germany. Erstmals sei die Rede von der „Systemrelevanz“ der Branche: „Dies kann als Transformationsmoment angesehen werden, der den Stellenwert der Logistik durch Investoren im Vergleich zu anderen Anlageklassen neu justiert.“

Laut Raabe ist die Anlage-Klasse deshalb für viele Anleger zum Teil auch aus Mangel an renditestarken Alternativen in den vergangenen Monaten noch attraktiver geworden. Zumal auch der Anlagedruck im Immobilienmarkt mit Blick auf die Niedrigzinsen erheblich ist. „Dass mit aktuell knapp 4 Mrd. Euro so viel wie nie zuvor durch Einzeltransaktionen generiert wird, bestätigt diese Aussage eindrucksvoll und zeigt auf, dass die Investorenbasis immer breiter wird“, findet der Geschäftsführer.

Auch Nick Jones führt den starken Anstieg im Jahresvergleich auf die große Zahl großvolumiger Transaktionen bzw. Objekte zurück. Das erläutert er anhand des Vergleichs mit den Zahlen aus dem Jahr 2019. Damals habe es in den ersten neun Monaten zehn Transaktionen im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich gegeben, in diesem Jahr waren es 50% mehr. Das Gesamtvolumen beziffert er mit 2,7 Mrd. Euro. Hinter Büroimmobilien und Handelsimmobilien rangieren Logistikimmobilien auf Platz drei im deutschen Gewerbeimmobilienmarkt, der in den ersten drei Monaten ein Gesamtvolumen von etwa 41 Mrd. Euro erreichte.

Logistikimmobilien verteidigen Platz drei

Gegenüber dem zweiten Quartal mit einem Investitionsvolumen von 1,5 Mrd. Euro erhöhte sich das Volumen im dritten Quartal laut JLL auf 1,84 Mrd. Euro. Zu den Transaktionen gehörte etwa die Beteiligung der Allianz Real Estate am Distributionszentrum, das der belgische Entwickler VGP nördlich der A 94 bei Parsdorf baut.

Die neue Attraktivität der Anlageklasse, die sich laut BNPPRE mehr und mehr zum Massenprodukt entwickelt, hat aber auch ihren Preis – in Form steigender Kaufpreise und sinkender Renditen. So konstatiert JLL, dass die Spitzenrenditen bei Objekten in den Top-7-Städten nach drei stabilen Quartalen allein im dritten Quartal um 22 Basispunkte auf durchschnittlich 3,53% nachgegeben haben.

Auch BNPPRE beobachtet nach einer Phase der Seitwärtsbewegung bei den Netto-Spitzenrendite zum Ende des dritten Quartals in fast allen Märkten ein Nachgeben von 20 Basispunkten auf nun 3,50%. Beim Blick auf die nächsten Monate erwartet Nick Jones, dass „die Preise auf hohem Niveau bleiben und nach der Schockstarre des zweiten Quartals eine steigende Tendenz zeigen“.

Sinkende Renditen im vierten Quartal erwartet

Mit Blick auf die große Beliebtheit von Logistik-Investments will auch Christopher Raabe will nicht völlig ausschließen, „dass die Renditen bis zum Jahresende noch einmal leicht nachgeben“, zumal das Schlussquartal meist umsatzstärker ist als das Sommerquartal und auch noch einige Transaktionen in der Pipeline sind, die während des Lockdowns zunächst „on hold“ gesetzt wurden. Er hält es für durchaus realistisch, dass auch 2020 die Marke von 7 Mrd. Euro zum vierten Mal in Folge übersprungen werden kann.

Die steigende Attraktivität der Anlage-Klasse, der starke Anlagedruck bei geringen Alternativanlagen und sicher auch die Reisebeschränkungen im Zuge der Pandemie-Bekämpfung haben zweifellos auch dazu beigetragen, dass der Anteil der deutschen Anleger in diesem Markt 2020 deutlich auf 58% gestiegen ist. Bislang war der Logistik-Investmentmarkt laut BNPPRE relativ stark von ausländischen Anlegern bestimmt, die in den vergangenen Jahren auch meist für die großen Portfoliotransaktionen verantwortlich zeichneten. In diesem Kontext zeigen sich die asiatischen Anleger eher zurückhaltend. Allerdings waren die nordamerikanischen Käufer (17%) und Anleger aus dem europäischen Ausland (14%) recht investitionsfreudig.

Dass sich Logistikimmobilien immer mehr zum Massenprodukt entwickeln liegt zweifellos auch daran, dass die Anlageklasse über Fondsstrukturen einem breiten Anlegerspektrum zugänglich gemacht wird. Mit einem Anteil von 28% und einem Transaktionsvolumen von 1,6 Mrd. Euro verzeichneten Spezialfonds laut BNPPRE im langjährigen Vergleich ihr bisher bestes Ergebnis. Auch offenen Fonds waren mit 640 Mio. Euro und einem Anteil von 11% sehr aktiv. Investment/Asset Manager belegen mit anteilig fast einem Viertel den zweiten Platz. Auf Versicherungen und Immobilien AGs/REITs entfiel in den ersten neun Monaten ein Anteil von jeweils 7%, auf Equity/Real Estate Funds (6%) und auf Corporates 5%.