Logistik aus kommunaler Sicht

Besonders wichtig ist ein konkretes Verkehrs- und Nachhaltigkeitskonzept

Logistikzentren bewiesen in der Corona-Kriese ihre Systemrelevanz. Foto Logix

rv DÜSSELDORF.Logistikzentren gehören für die Bürger in der Nachbarschaft nicht unbedingt zu den beliebtesten Industrieansiedlungen. Starke Belastungen durch Verkehrslärm, ein hoher Verbrauch, an Flächen, wenige Arbeitsplätze und geringe Gewerbesteuereinnahmen sind Argumente der Gegner. Dagegen ergab eine gemeinsame Umfrage des Deutschen Städte- und Gemeindebundes sowie der Logistikinitiative Logix, dass für das Gros der befragten Kommunen die Branche „systemrelevant“ ist, gerade auch mit Blick auf die Corona-Krise.

Konkret kommen laut Umfrage neun von zehn der bundesweit befragten Kommunen – verstärkt durch  die Erfahrung mit  Corona-bedingten Lieferengpässen – zu dieser positiven Einschätzung über die Logistikbranche. Für den Sprecher der Logix-Initiative, Malte-Maria Münchow (Foto), ist dies ein erfreulich positives Bild von einer Branche, die ansonsten bei Siedlungsprojekten mit viel Widerstand zu kämpfen hat: „Unsere Studie hat gezeigt, dass die besondere Bedeutung von Logistikimmobilien innerhalb der Wertschöpfungskette auch auf kommunaler Ebene sehr präsent ist“, so Münchow.

Dieses Ergebnis ist auch deshalb von Bedeutung, weil der bundesweite Bedarf an Logistikflächen aus Sicht von Experten derzeit riesig ist und noch weiter wächst. Nicht zuletzt auch auf Grund der steigenden Online-Bestellungen müssen die Lager immer näher an die Großstädte heranrücken. Auf jährlich 7 Mio. qm schätzen Experten den Neubaubedarf, um die Warenströme und Lieferketten im Sinne der Unternehmen und Verbraucher in Deutschland am Laufen zu halten.

Dabei gehört für Prof. Christian Kille von der Hochschule Würzburg, der die Studie konzipiert hat, zu den gerade aus Sicht der Logistikansiedler überraschenden Ergebnissen, dass für die befragten kommunalen Vertreter „ein konkretes Verkehrs- und Nachhaltigkeitskonzept einen weitaus höheren Stellenwert hat, als beispielsweise ein ÖPNV-Anschluss oder eine Ausbildungsoffensive für junge Menschen“. Und auch, dass für das Gros der Kommunen „die Einbindung der Bevölkerung in das Ansiedlungsvorhaben“ nicht das wichtigste Kriterium bei der Entscheidung über eine Ansiedlung ist.

Voraussetzung ist in solchen Fällen aus Killes Sicht aber, dass mögliche Vorbehalte der Bevölkerung beispielsweise gegen die Verkehrsbelastung schon im Vorfeld der Ansiedlung geklärt werden können. Dann sei es aus Sicht der Kommunen offenbar nicht so wichtig, die Bürger in den Ansiedlungsprozess einzubinden.

Konkret wurden in der gemeinsamen Umfrage des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) und der Logistikinitiative Logix die Einstellung zu den Themen Logistikimmobilien, Bedeutung von eCommerce für den lokalen Handel, Nachhaltigkeit sowie zur CO2-Neutralität abgefragt. Um den direkten Vergleich der Blickwinkel und Einschätzungen zu ermöglichen, wurde zudem eine ähnliche Umfrage unter Wirtschaftsvertretern aus der Logistikbranche durchgeführt.

Des Weiteren ergab die Umfrage, dass nach Einschätzung von 70% der Befragten die regionalen Wirtschaftskreisläufe künftig an Bedeutung gewinnen werden. Und für etwa 64% der Kommunalvertreter ist es lein zentrales Thema, dass in den Kommunen mehr Wertschöpfung stattfindet. Regionalität gewinnt demnach allenthalben an Bedeutung. Dabei gehen 40% der Befragten davon aus, dass die Logistik dazu einen Beitrag leisten könnte und an Bedeutung gewinnen werde.

Der Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Alexander Handschuh (Foto), möchte diesen Eindruck allerdings etwas korrigieren, wenn er anmerkt, dass zwar „viele Kommunen eine Entwicklung hin zu mehr regionalen Wirtschaftskreisläufen“ erkennen würden, was insbesondere durch den temporären Mangel an Schutzkleidung und medizinischen Produkten zu Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland und Europa zu erklären sei. Doch seien die meisten Städte und Gemeinden davon überzeugt, „dass die globalen Wirtschaftsstrukturen ihren Platz im wirtschaftlichen Gefüge behalten werden“.

Daraus leitet Handschuh ab, dass Logistikansiedlungen mit Blick auf die Versorgung der Bevölkerung im Rahmen der globalen Wirtschaftskreisläufe ihre „Systemrelevanz“ behalten werden. Des Weiteren hob er vor dem Hintergrund der Diskussionen über den Klimawandel und seine Folgen die Bedeutung der Nachhaltigkeit als „zentrales Element bei der Konzeption, Umsetzung und Bewertung von Logistikansiedlungen für Kommunen“ hervor. Die vollständige Studie von Logix und DStGB soll Ende des Jahres veröffentlicht werden.

Um der Verunsicherung vieler Beteiligter im Vorfeld der Ansiedlung eines Logistikzentrums zu begegnen, empfiehlt es sich nach den Worten von Jens Tosse, Geschäftsführer der Agentur für Kommunikation Teamtosse, den Ansiedlungsprozess von der ersten Idee an der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Denn da bei den Kritikern nicht selten objektive Informationen und differenzierte Fakten fehlten, sollten diese frühzeitig publik gemacht werden. Andernfalls sei das Kind schon in den Brunnen gefallen, befürchtet Tosse, bevor das Projekt überhaupt gestartet werden konnte. Zusammen mit der Kommunikationsagentur Mainblick in Frankfurt hat Teamtosse vor diesem Hintergrund eine begleitende Projektkommunikation entwickelt.