Hanseviertel Hamburg

Auf der Zielgeraden zu neuen Ufern

Das Hanseviertel. Foto: CBRE IM

Das Hanseviertel, vor über 40 Jahren eröffnet, gilt als Grande Dame der Hamburger Einkaufspassagen und ist eine der ersten überdachten Passagen Deutschlands. Das Eis im Untergeschoss bei Mövenpick oder die Pralinen von Leysieffer waren für viele Hamburger lange beim Innenstadtbummel ein Muss. Die unter Denkmalschutz stehende Passage, entworfen von dem Hamburger Architekten Volkwin Marg, wurde zwischen 1978 und 1980 im Auftrag der Allianz gebaut. Sie war das Vorbild für all die überdachten Einkaufslagen, die heute die City der Hansestadt prägen.

Im Herbst 2018 hatte CBRE Investment Management Germany GmbH das 38 850 qm Mietfläche umfassende Ensemble aus Einkaufspassage, dem Marriott-Renaissance-Hotel mit 205 Zimmern, 14 400 qm Bürofläche und 15 Wohnungen von der Allianz Real Estate erworben. Der Kaufpreis soll jenseits von 200 Mio. Euro gelegen haben. CBRE hat das Objekt in einen seiner Europafonds überführt.

Dass sich 20 000 Passanten durch die Gänge schieben und 500 Interessenten auf der Warteliste für die Ladenflächen stehen, ist schon lange her. Schon bevor Corona das Einkaufsverhalten veränderte, waren immer weniger Kunden in den Backsteinbau mit dem Glockenspiel am Giebel gekommen. Bekannte Geschäfte zogen aus, temporäre Mieter ein. Der Mix, eher gediegen als innovativ, passte nicht mehr in die Zeit. Investitionen der Eigentümerin blieben aus, die Technik war in Teilen veraltet – von den schweren Eingangstüren über die Elektrik und die Lüftungsanlagen bis hin zu den Toiletten.

Und auch die grünen Stahlträger der Dachkonstruktionen, der rote Backstein, die in den Boden eingelassenen Bronze-Intarsien mit den Wappen der Hansestädte, dazu die in die Decken und an die Wände gebauten, denkmalgeschützten Leuchten wirkten etwas aus der Zeit gefallen.

Nun soll der neue Center-Manager Lars Sammann die Passage, in der seit zwei Jahren gebaut wird, wieder in die erste Liga führen. Nach einigen Verzögerungen, auch durch Corona, geht das Projekt jetzt in die Zielgerade, wobei der gelernte Einzelhandelskaufmann und Betriebswirt Sammann, der seit vergangenem November im Amt ist, seine bundesweiten Erfahrungen mit dem Umbau diverser Einkaufszentren – auch bereits für CBRE – einbringen. Als das Angebot kam, die Leitung im Hanseviertel zu übernehmen, überlegte der gebürtige Hamburger nicht lange.

Das Hanseviertel soll nun wieder ein unverwechselbares Gesicht bekommen und an alte Größenordnungen herangeführt werden. Dieses mit attraktiven kleinen Fachgeschäften, einer außergewöhnlichen Gastronomie und einem aufgefrischten, modernen Erscheinungsbild, darunter auch neue große Schiebetüren. Auch energetische Maßnahmen, neue Torluftschleier und das Beleuchtungskonzept wurden auf den neusten Stand gebracht. Ein aufwendiges, neues indirektes Lichtkonzept mit intelligenten Steuerungen in der gesamten Passage wird für mehr Kontraste und Helligkeit sorgen.

„An der Architektur, den alten Steinen, Lampen, Messing, wird wegen des Denkmalschutzes nichts verändert“, erklärt Lars Sammann. Die Hauptfassade und alle anderen Fassaden werden ihr altes schönes Gesicht behalten. Die Stilelemente werden wieder herausgeputzt und im Bereich der neuen Rotunde wieder eingearbeitet. „Architektonisch bleibt das Hanseviertel wie es war und wie es die Hamburger lieben“, betont der Center-Manager. Ganz besonders freut ihn, dass die Auffrischung und Neustrukturierung der Passage von dem einstigen Schöpfer des Quartiers, des Hamburger Büros gmp vorgenommen, wird. „Der Architekt Volkwin Marg wird jede Bauphase persönlich mitbetreuen“.

Großes TamTam in der Rotunde unter der Glaskuppel

Noch braucht man Fantasie, um sich das künftige Hanseviertel vorzustellen. Einige der aktuell 60 Ladenlokale stehen leer, die Schaufenster sind verklebt. Baulärm dröhnt durch das Tonnengewölbe. CBRE investiert einen zweistelligen Millionenbetrag in die Revitalisierung der Passage mit einer Fläche von mehr als 45 000 qm.

Der Dreh- und Angelpunkt für den Neustart liegt im Untergeschoss. In der Rotunde unter der großen Glaskuppel fungierte bis zur Schließung im Jahr 2007 ein Mövenpick-Restaurant als beliebter Anziehungspunkt. Hier ist ein Food-Markt mit Bar, Eventbühne und 500 Sitzplätzen geplant. Unter dem Namen Le big Tam Tam haben sich bekannte Hamburger Gastronomen zusammengeschlossen. „Hier soll es viele unterschiedliche Veranstaltungen und Events geben, und im neuen Food-Markt gibt es tatsächlich täglich viel TamTam - von Donnerstag bis Samstag sogar bis ein Uhr nachts. Mehr wird noch nicht verraten“, sagt Sammann.

Eigentlich war der Start des innovativen gastronomischen Konzepts schon für vergangenen Herbst geplant. „Nach jetzigem Stand sollen die Bauarbeiten im Sommer abgeschlossen sein, spätestens im Herbst wollen wir die ersten Gäste empfangen“, sagt Sammann.

Schon seit Baubeginn vor mehr als zwei Jahren sind rund um die große Baustelle in der Rotunde die meisten Geschäfte geschlossen. Auch am Haupteingang an der Poststraße wurde fast zwei Jahre lang gebaut, weil die 1 400 qm große Verkaufsfläche, auf der früher die erste H&M-Filiale Deutschlands zu finden war und danach Tom Tailor bis 2018 seinen Flagshipstore hatte, in Erd- und Obergeschoss gekappt wurden. In der ersten Etage befinden sich nun Büros, die Fläche im Erdgeschoss wurde in drei Läden aufgeteilt.

Die beiden kleineren Geschäfte sind an den Sportwear-Marke Allike und den portugiesischen Geschirrhersteller Motel a Miio vermietet, in dem großen Laden zur Poststraße ist die Hamburger Designerin Alina Klemm mit einem Pop-up-Shop über das Zwischennutzungsprogramm Frei-Fläche eingezogen. „Wegen der langen Bauphase war es schwierig, langfristige Mieter zu finden,“ sagt Center-Manager Lars Sammann (Foto).

Die Anfragen haben nach seinen Worten aber bereits seit Jahresbeginn zugenommen. Einige Bestandsmieter haben neue Verträge abgeschlossen, darunter die Gastro-Anbieter Leysieffer, Lindner und das Café Rouge. Einige andere, wie Optiker Carl, Duske & Duske, Spezialist für feine Spirituosen und Zigarren, der Modehändler Henders und auch das Café Rouge, wollen ihre Flächen erweitern. „Dadurch wird es in den nächsten Wochen noch einige Interimsumzüge geben“. Auch das soll bis zum Herbst abgeschlossen sein.

Neue Mieter sind das Café Le Parisien und der Damenmodeanbieter My Lady. Auch das niederländische Modelabel Fabienne Chapot hat einen Vertrag unterschrieben. Das Markenzeichen des Hanseviertels, der 13 Tonnen schwere Brunnen mit der Weltkugel, soll in Kürze wieder zurückkehren und seinen neuen Platz vor dem Haupteingang der Einkaufspassage einnehmen.