HIR DÜSSELDORF.Der deutsche Lebensmittelhandel kennt seit Jahren nur eine Richtung: nach oben. Bekanntlich konnte auch die Pandemie den Auftrieb nicht aufhalten. Die nächste Stufe auf diesem Weg nach oben war nach den jüngsten Zahlen des EHI Retail Institutes in Köln das Überschreiten der 200 Mrd. Euro Umsatzmarke im Jahr 2023 – nach 195 Mrd. Euro im Jahr zuvor.
Das entspricht einem Umsatzwachstum von knapp 5%, das allerdings preisgetrieben war, denn die Inflationsrate bei Lebensmitteln hatte im Vorjahr nach Feststellung des EHI Retail Institutes 12% betragen, so dass die Branche real trotz des historischen Rekordumsatzes einen deutlichen Umsatzrückgang verzeichnen musste. Das zeigt aber auch, dass die inflationsbedingte Verteuerung der Lebenshaltungskosten den Bundesbürgern bei ihrem Konsum Grenzen setzt. Die andere Seite des realen Umsatzrückgangs im Lebensmittelhandel war, dass die Branche weniger in neue Märkte und Flächen investiert hat. So wurden beispielsweise nur 175 Supermärkte umgebaut bzw. 46 komplett neu gebaut.
Wo es Verlierer gibt, da gibt es im Handel meist aber auch Gewinner. Und das sind – wie in schwierigen Zeiten üblich – die Lebensmittel-Discounter, die von 88,5 Mrd. Euro 2022 um knapp 7% auf 94,6 Mrd. Euro 2023 gewachsen sind und die damit den höchsten Umsatz-Zuwachs in der Branche verzeichneten. „In der wirtschaftlich angespannten Lage setzen die Deutschen offenbar auf das Preisversprechen dieser Händler“, stellt das EHI Retail Institute fest.
Auf dem zweiten Platz folgen die kleinen und großen Supermärkte, die vor Ausbruch der Krisen deutliche Marktanteilsgewinne erzielen konnten. 2023 verzeichneten sie aber nur ein nominales Wachstum von 4,3% von 82,6 Mrd. auf 86,2 Mrd. Euro. „Es ist also festzustellen, dass die wechselnden Krisen deutlich auf das Einkaufsverhalten und damit den Erfolg der einzelnen Betriebsformen wirken“, hält das EHI in diesem Kontext fest. Mit 23,7 Mrd. Euro entfiel der kleinste Anteil des Kuchens im Lebensmitteleinzelhandel auf SB-Warenhäuser (19,0 Mrd. Euro) und kleine Lebensmittelgeschäfte wie etwa Fachgeschäfte für Käse (4,7 Mrd. Euro) Wie die oben aufgeführten Zahlen des EHI Retail Institutes zeigen, erreichen die Discounter mit 46,3% damit auch den größten Marktanteil im Lebensmittelhandel, gefolgt von den kleinen und großen Supermärkten mit 42,2%. SB-Warenhäuser halten 9,3%, während auf den übrigen Lebensmittelhandel wie die kleinen Fachgeschäfte nur 2,3% der Anteile entfallen. „Der Lebensmittelhandel behauptet sich also als stabile und stärkste Branche innerhalb des Handels“, sagt Marco Atzberger, Mitglied der Geschäftsleitung beim EHI, „die Anteilsverschiebungen des Umsatzes zwischen den Betriebsformen sind in einem Einkaufsverhalten begründet, das auf die globalen Krisen reagiert“.
Zahl der Lebensmittelmärkte kaum verändert
Erfreulich ist, dass die Zahl der Lebensmittelgeschäfte mit 36 858 stabil geblieben ist. 2022 waren es nur unwesentlich weniger. In der Langzeitbetrachtung der vergangenen zehn Jahre fällt allerdings doch ein Rückgang von knapp 5% auf. Denn 2013 gab es hierzulande noch 38 600 Lebensmittelmärkte. Discounter kamen 2023 auf 16 008 Geschäfte (2013: 16 222) und Supermärkte auf 12 215 Filialen nach 11 709 vor zehn Jahren. Sie konnten also zulegen.
Gleichzeitig hat sich die Verkaufsfläche des Lebensmittelhandels mit 37,3 Mio. qm laut EHI Retail Institute kaum verändert. Mit 16,5 Mio. qm führen allerdings die Supermärkte die Rangliste an. Das ist den deutlich größeren Sortimenten auf insgesamt größeren Verkaufsflächen geschuldet. Discounter kommen auf 13,5 Mio. qm Verkaufsfläche. Auf SB-Warenhäuser entfallen 4,8 Mio. qm und auf kleine Lebensmittelgeschäfte 2,5 Mio. qm.