Corona Consumer Check Juli

Zwischen Bequemlichkeit und Konsumverzicht

 

HIR DÜSSELDORF:Die Pandemie-bedingten Shutdowns haben die Entwicklung des Online-Handels regelrecht befeuert. Gerade mit Blick auf die Internet-affine junge Generation stellt sich deshalb die Frage, ob diese Kunden für den stationären Einzelhandel verloren sein könnten? Deshalb hat das IFH Köln in seinem Corona Consumer Check das stationäre Einkaufsverhalten der Bundesbürger untersucht, nachdem die Restriktionen gelockert wurden.

Die entscheidende Frage, die im Rahmen des zehnten Corona Consumer Checks Mitte Juli gestellt wurde, lautet: „Wird der Einkauf in Geschäften nun bevorzugt oder bleiben die Konsumentinnen und Konsumenten eher beim Onlinekauf?“ Nach den ersten Untersuchungen stellte das IFH Köln nun fest, dass die Bundesbürger nach dem zweiten Lockdown den stationären Einzelhandel nicht wieder verstärkt aufsuchen. Zwar hat knapp die Hälfte (49%) der Befragten Lust, endlich wieder in die realen Geschäfte zu gehen und einzukaufen, was gefällt, doch die als unzureichend empfundenen Hygiene- und Abstandsregeln sowie die Angst vor einer Infektion bilden noch eine zu große Barriere, diesem Verlangen nachzugeben.

Etwa 38% der Befragten gab an, dass sie eigentlich wieder gerne in die Innenstädte zum Einkaufen gehen möchten, dass ihnen aber die Einkaufslagen zu voll sind. Und 21% fühlen sich ganz allgemein nicht sicher. Gleichwohl ist das Gros (60% der Nennungen) der Befragten überzeugt, dass die Geschäfte gut vorgesorgt haben, damit die Hygiene im Geschäft eingehalten werden kann.

So kommen die Forscher zu dem Ergebnis, dass die Geschäfte auch nach dem zweiten Lockdown eher verhalten besucht werden, wobei neben den teilweise unzulänglichen Abstandsregeln und Sicherheitsmaßnahmen auch die Gewöhnung vor allem der Jüngeren an das Online-Shopping eine Rolle spielt (siehe Grafik).

Laut IFH-Studie wird im direkten Vergleich der Besuche im stationären Einzelhandel im Laufe der Pandemie deutlich, dass die Frequenzen im Juli 2021 noch nicht wieder gestiegen sind. Zwar nehmen die täglichen oder zweitägigen Besuche leicht zu; mehrmalige wöchentliche Besuche gehen dagegen im Vergleich zum November 2020, also vor dem zweiten Shutdown, um neun Prozentpunkte zurück. Auch steigt die Zahl der Personen, die stationäre Läden seltener oder gar nicht aufsuchen, kontinuierlich weiter.

Vor allem aus der Gruppe der jüngeren Konsumentinnen und Konsumenten zwischen 18 und 29 Jahren wollen 47% auch zukünftig weniger stationär einkaufen als vor der Pandemie. Über alle Altersgruppen hinweg liegt der Durchschnittswert mit 33% aber deutlich niedriger. Das lässt den stationären Handel hoffen. Rund ein Drittel der Befragten ist laut Studie noch unschlüssig und ein weiteres Drittel gibt an, dass die Pandemie ihr Onlineeinkaufsverhalten nicht nachhaltig ändern wird.

Der Vergleich mit den Befragungsergebnissen vom Juli, Oktober und November 2020 zeigt, dass der Anteil der Bundesbürger, der bereit ist, mehrmals in der Woche im stationären Handel einkaufen zu gehen, im Juli auf 58% gesunken ist – im Oktober und November waren es mit 71% resp. 67% noch deutlich mehr. Nur im Juli vergangenen Jahres lag der Wert mit 52% niedriger. 19% wollten im Juli seltener einkaufen gehen, im Vorjahresmonat war der Anteil mit 27% aber noch höher.

Es gibt aber auch die Gruppe der Konsumenten, die den stationären Handel täglich aufsuchen (6%) und 14%, die das alle zwei Tage tun. Das sind mehr als in den drei Befragungen des Vorjahres mit 11 bis 13%.

Gleichzeitig registriert das IFH in einem weiteren Corona Consumer Check eine zunehmende Konsumzurückhaltung, sodass Anschaffungen branchenübergreifend wieder häufiger verschoben würden. Viele hinterfragen nach den Monaten der Zwangsenthaltsamkeit auch ihre Konsumgewohnheiten. So ist die Konsumzurückhaltung im Juli 2021 durch den langen zweiten Lockdown bei 44% wieder gestiegen. Ein Teil (30%) verschiebt Anschaffungen, weil trotz der Lockerungen die Ängste und Sorgen um die finanzielle Zukunft groß sind.

Konkret haben die Bundesbürger über alle Branchen hinweg weniger Geld ausgegeben als vor der Coronakrise. Vor allem bei Bekleidung haben 41% der Befragten gespart. Bei Wohnen & Einrichten gibt derzeit gut ein Drittel (34%) weniger Geld aus als vor der Pandemie.

Knapp die Hälfte (47%) haben durch die Beschränkungen realisiert, dass sie auf Konsum zumindest teilweise verzichten können. So haben 47% gemerkt, dass sie gar nicht so viele Produkte benötigen. Auch einem Teil der Zielgruppe der 18- bis 29-Jährigen (43%) fällt der Konsumverzicht nicht unbedingt schwer.