Corona-Pandemie

ZIA und HDE sprechen sich gegen erneute Zwangsmaßnahmen aus

Wenig los in den Cities während der Corona-Beschränkungen. Foto: Vierbuchen

HIR DÜSSELDORF. Nach zwei Zwangsschließungen im Nonfood-Handel im Frühjahr 2020 und im Herbst/Winter 2020/21 blicken die Spitzenverbände des Handels, der HDE, und der nicht minder stark betroffenen Handelsimmobilienbranche, der ZIA, besorgt auf die nächste Herbst-Wintersaison, wenn die Corona-Infektionszahlen wieder steigen dürften. Sie setzen sich gegen Beschränkungen im Einzelhandel ein, deren Wirksamkeit gegen die Ausbreitung des Virus ohnehin fraglich ist.

In ihrem gemeinsamen Vorstoß appellieren der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) und der Handelsverband Deutschland (HDE) vor Beginn der Herbst-/Wintersaison an die Entscheiderinnen und Entscheider in der Politik, sich für eine effektive Strategie und einen „evidenzbasierten Umgang mit der Pandemie“ zu entscheiden. Denn der Sachverständigenausschuss der Bundesregierung habe Lockdowns sowie 2G-Regelungen (Geimpft/Getestet) oder 3G-Regelungen (Geimoft/Getestet/Genesen) eine klare Absage erteilt.

„Eine Wiederholung der pauschalen Eindämmungsmaßnahmen der Vergangenheit würde zudem die weiterhin prekäre wirtschaftliche Lage weiter verschlimmern“, geben die Vertreter von Handel und Immobilienwirtschaft zu bedenken – zumal Lieferengpässe und hohe Inflationszahlen die wirtschaftliche Erholung zusätzlich erschweren: Sie würden die besonders betroffenen Branchen Handel, Hotellerie und Gastronomie massiv unter Druck setzen.

Stattdessen plädieren die Verbände in ihrem Strategiepapier mit dem Titel „Corona vor dem nächsten Herbst: Was jetzt zu tun ist“ zu gezielten Strategien der Prävention und der Pandemie-Eindämmung, „die auf den Lehren aus dem bisherigen Pandemiemanagement aufbauen und ausschließlich auf nachweislich wirksame Maßnahmen setzen“ - auch wenn ZIA und HDE klar bekräftigen, dass der Schutz der Gesundheit im dritten Pandemie-Jahr oberste Priorität haben müsse. Doch reiner Aktionismus nutze niemanden, so die Überzeugung. Aus den Erfahrungen des Lebensmittelhandels mit seinen hohen Frequenzen, der immer geöffnet war, lässt sich ableiten, dass der Einzelhandel kein Corona-Hot-Spot ist.

In ihrem Forderungs-Katalog appellieren die beiden Verbände deshalb an Bund und Länder,

1. die aktuellen gesetzlichen Regelungen im Infektionsschutzgesetz (IfSG) weitgehend beizubehalten,

2. dass es in § 28a des Gesetzes Anpassungen gibt, wonach Lockdowns oder Zugangsbeschränkungen wie 2G oder 3G auch bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite ausgeschlossen werden,

3. dass es bei der Prävention weitere Anstrengungen gibt, etwa indem die Impfkampagne der Bundesregierung wieder verstärkt wird.

4. Des Weiteren wünschen sich HDE und ZIA, dass der hohe Wert von Masken zum Schutz gegen Corona durch bessere Kommunikation besser vermittelt wird,

5. und schließlich, dass die Gesundheitsämter die digitalen Möglichkeiten, die es gibt, auch nutzen.

Aus Sicht von Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), müssen Maßnahmen zur Vorbeugung und zur Eindämmung von Corona-Infektionen „gezielt und sehr entschieden angegangen werden“. Die allgemeinen, nun vom Sachverständigenausschuss belegten Schließungsmaßnahmen würden den Anspruch an einen ziel- und passgenauen Kampf gegen Corona definitiv nicht erfüllen. Und auch von der Verhältnismäßigkeit der Mittel könne keine Rede sein. Zwangsschließungen sind angesichts der höheren Immunisierung und des flächendeckenden Impfangebots in Deutschland nach Ansicht des ZIA-Präsidenten deshalb „nicht mehr zu rechtfertigen“.

Auch der Präsident des HDE, Josef Sanktjohanser, ist der Meinung, dass die „Zeit der Schnellschüsse mit Geschäftsschließungen oder Zugangsbeschränkungen“ nun vorbei sein müsse: „Die Bundesregierung ist gefordert, einen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhenden Rahmen zu setzen, mit dem Corona gezielt und effizient bekämpft werden kann.“ Zudem plädiert Sanktjohanser ebenfalls dafür, die Impfkampagne wieder zu beschleunigen, wobei der Einzelhandel und die Handelsimmobilienbranche mit ihrer brancheneigenen Kampagne „Leben statt Lockdown“ einen wichtigen Beitrag dazu leisten wollen. Immerhin kommen täglich Millionen von Kunden in die Geschäfte des Einzelhandels.

In ihrem Forderungskatalog weisen die beiden Branchenverbände nochmals auf die teilweise dramatischen Folgen der Corona-Krise für viele Unternehmen aus dem stationären Einzelhandel, der Hotellerie und der Gastronomie hin, die inzwischen bereits einen Großteil ihrer Reserven aufgebraucht hätten. Einige Unternehmen mussten Insolvenz anmelden und viele mittelständische Betriebe sind einfach lautlos vom Markt verschwunden. Diese negativen Folgen der Pandemie werden nun durch die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine mit explodierenden Energiekosten, unterbrochenen Lieferketten und steigender Inflation verstärkt. Vor diesem Hintergrund würden erneute Zwangsschließungen laut Mattner für viele Unternehmen eine ernste und für manche eine existentielle Bedrohung bedeuten.