Das Interview

Wir sehen jedes Objekt als einzigartige Chance

Harald Ortner

Gespräch mit Harald Ortner, Geschäftsführer der HBB GmbH und André Stromeyer, Geschäftsführer der HBB Centermanagement GmbH & Co KG über die Diversifizierungsstrategie des Unternehmens, „salonfähige“ Mischobjekte und ihre künftige Bedeutung auch bei Revitalisierungen, die Rolle der neuen Dienstleistung „Center-Management für Dritte“ und die weitere Entwicklung auf dem Handelsimmobilienmarkt (siehe auch Seite 10: Historie).

Handelsimmobilien Report:Die Referenzliste zeigt klar den Ursprung der HBB als Spezialist für Handelsimmobilien. Welche Bedeutung haben andere Nutzungsarten für das Unternehmen?

Harald Ortner (links): Die übrigen Nutzungsarten wurden ursprünglich im Rahmen der Diversifizierungsstrategie der HBB ins Leben gerufen, um die Abhängigkeit vom Bereich Einzelhandel in Zeiten, in denen der Handel nicht so gefragt ist, abzufedern. Mittlerweile hat die in den unterschiedlichen Sektoren erworbene Kompetenz aber dazu geführt, dass wir für Städte und Grundstückseigentümer auch Ansprechpartner für die Entwicklung kompletter Quartiere sind.

Augenblicklich gewinnen auch Nutzungen wie Hotels oder kommunale Einrichtungen an Bedeutung. Neben den vielfältigen Vorteilen von Mixed-Use-Immobilien, lassen die Laufzeiten dieser Nutzungen mit bis zu 30 Jahren auch Haltestrategien zu.

HIR:Welche Bedeutung werden Mischobjekte bei Handelsimmobilien haben?

Ortner: Nachdem Mischobjekte bei Investoren „salonfähig“ geworden sind, wird Ihre Entwicklung - ob neu oder aus dem Bestand - in den nächsten Jahren stark zunehmen. Mischobjekte entsprechen auch dem Wunsch der Stadtplanung, befriedigen das Interesse der Investoren an einem möglichst langen WAULT und treffen auch die Bedürfnisse der Besucher, die in möglichst kurzer Zeit möglichst viel erledigen wollen.

André Stromeyer (rechts): Unser Neubauprojekt in Bochum wird z.B. neben ca. 10 000 qm Fläche für Einzelhandel, 15 000 qm Fläche für die Stadt, ein Hotel und einen Co-Working Anbieter beherbergen. Weitere Mieter werden ein Fitnessstudio, Ärzte, Gastronomie und verschiedene Dienstleister sein.

Das Thema Mischnutzung ist für uns aber nicht neu. Schon seit der Eröffnung 2015 beherbergt unser Forum Hanau eine Stadtbibliothek auf 5 000 qm, ein Fitnesscenter, verschiedene Büronutzer sowie ein sehr breites Gastronomie-Angebot und verschiedene Dienstleister. Auch bei der Revitalisierung von Einkaufs- und Fachmarktzentren werden wir in Zukunft sehen, dass diese immer mehr Nutzungen, die nicht aus dem klassischen Handelsbereich kommen, beherbergen und sich in Richtung von Mischobjekten entwickeln werden.

HIR:Wandel gibt es nicht nur im Handel, sondern auch die Handelsimmobilien-Szene vollzieht Veränderungen. Wo liegen die künftigen Schwerpunkte der HBB? Und welche Rolle spielt in diesem Kontext der neue Bereich Center-Management?

Stromeyer: Heutige Einzelhandelsmärkte werden immer dynamischer, die Kunden immer anspruchsvoller und erlebnisorientierter. Gleichzeitig entwickeln sich mit dem eCommerce auch alternative Vertriebskanäle immer weiter. Um diese Herausforderungen zu meistern und ein Einkaufszentrum langfristig und erfolgreich zu betreiben, braucht es viel Erfahrung, Kreativität und die Fähigkeit die anstehenden Veränderungen erfolgreich zu managen.

Ortner: Die HBB glaubt an den Handel und wird sich hier auch mittel- bis langfristig  engagieren. Wir begleiten daher auch aktiv den Prozess der Selektion und Umstrukturierung, der sich im Handel vollzieht. Ein wichtiges Instrument dazu ist unser Center-Management, das es uns erlaubt, für eigene und fremde Immobilien unser Know-how einzubringen und den laufenden Prozess im Sinne des Einzelhandels mitzugestalten. Die Digitalisierung spielt dabei natürlich eine große Rolle für uns.

HIR:Auf welche besondere Expertise können Sie sich beim Ausbau des Bereichs Center-Managements stützen?

Stromeyer: Wir verstehen jedes Objekt als einzigartige Chance und wollen das Center zur Nummer eins im jeweiligen Einzugsgebiet machen. Das gilt sowohl für unsere eigenen Objekte als auch für die Objekte, die wir für andere Investoren managen.

Ortner: Insbesondere im Bereich der Umstrukturierung von Einkaufs- und Fachmarkzentren für andere Investoren sehen wir auch auf Grund unserer Erfahrung als Projektentwickler großes Potenzial. Wie verschiedene Studien zeigen, ist knapp die Hälfte aller Einkaufszentren in Deutschland revitalisierungsbedürftig. In der Erstellungsphase der Center wurden häufig Fehler bei Gestaltung und Funktionalität gemacht.

So gibt es in vielen Centern u.a. eine falsche Kundenführung, unpassende Mietflächenzuschnitte, keine Aufenthaltsqualität und zu wenig Gastronomie. Auf Grund unserer Erfahrung können wir solche Fehler beheben. Und dadurch können die Center stets den aktuellen Kundenbedürfnissen und den Mieterwünschen gerecht werden. Dabei betreuen wir die komplette Neuausrichtung der Immobilie inklusive Marketing.

Stromeyer: Eine unserer Stärken liegt u.a. im Bereich Vermietung. Unsere Experten sind bestens am Markt vernetzt und entwickeln zusammen mit geeigneten Partnern auch neue Konzepte, die in unseren eigenen Centern getestet und dann in weitere Center „filialisiert“ werden. Auch ist die aus der Entwicklung und dem Betrieb von Fachmarktstandorten erworbene Kostenkompetenz ein wesentlicher Faktor, den unsere Auftraggeber schätzen. Und zu guter Letzt verstehen wir es, eine auf das einzelne Objekt perfekt zugeschnittene Marktbearbeitung aufzustellen, die in unseren Objekten zu belegbaren Erfolgen geführt haben.

HIR:Wie breit ist die Streuung bei den verschiedenen Objektkategorien?

Stromeyer: Für das Management von Centern unterstellen wir eine bestimmte Größe des Centers, damit auch messbare Erfolge erzielt werden können. Die unterste Größe liegt bei etwa 5 000 qm Verkaufsfläche. Nach oben sind wir offen. Zudem sollten die Immobilien ein Potenzial haben, das durch das Management gehoben werden kann. Natürlich müssen auch die demografischen und ökonomischen Rahmenbedingungen

passen. Wir beschränken uns derzeit im Management auf den deutschen Markt, sind aber bundesweit tätig.

HIR:Sehen Sie noch Potenzial für Entwicklungen?

Ortner: Potenzial gibt es noch, aber für die „klassischen“ Produkte nur noch an ausgewählten Standorten. Für die „neuen“ Produkte wie Mixed-Use lassen sich hingegen Entwicklungen an unterschiedlichsten Standorten in unterschiedlicher Ausgestaltung finden. Wir wollen uns künftig stärker der Revitalisierung von Handelsimmobilien widmen. Vom innerstädtischen Geschäftshaus über Nahversorger bis zum Einkaufs-/Fachmarktzentrum.

HIR: Welche Rolle spielt das Thema Fachmarkt- / Nahversorgungszentren? Und wo liegen hier die Grenzen?

Ortner: Das reine Fachmarktzentrum kann nur noch an wenigen Standorten entwickelt werden. Dies zeigt schon heute der Markt, auch durch die Preise, die von Investoren für solche Objekte gezahlt werden. Daher hat mittlerweile schon eine Umorientierung der Entwickler auf den Relaunch bestehender Objekte stattgefunden, ein Trend, der sich in den nächsten Jahren noch verstärken wird.

Von dieser Entwicklung sind auch die Nahversorgungszentren betroffen. Heute werden diese Zentren meist in Verbindung mit anderen Nutzungen, wie z:B. Wohnen, Freizeit, Büros und Hotel realisiert. Mit Blick auf die Mieter wurde das von den meisten Betreibern akzeptiert. Einige sind sogar schon mit eigenen Konzepten, insbesondere in den Metropolregionen unterwegs. Auch rücken die Standorte näher an die potenziellen Kunden heran. Spätestens wenn der Onlinehandel das Problem mit der Belieferung auf der letzten Meile gelöst hat, wird es zu einer weiteren Anpassung kommen müssen.

HIR:Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung mit Blick auf den aktuellen Wandel ein?

Ortner: Die Zeit des Umbruchs und der Umstrukturierung wird noch etwa vier bis fünf Jahre dauern. Danach sind die Betreiber aus dem stationären Handel ausgeschieden, deren Konzepte nicht nachhaltig waren und die keine Veränderung erfahren haben. Neue Konzepte haben dann den Markt erschlossen und die Lücke gefüllt. Die Ansprüche an Handelsimmobilien passen sich bis dahin auch den Trends der Erlebnisorientierung, dem Onlinehandel, der Kommunikationsorientierung an.

Stromeyer: Auch an das Management von Handelsimmobilien wird es andere/neue Ansprüche geben - insgesamt eine spannende Aufgabe, die wir aktiv mitgestalten.