Gerry Weber International GmbH

Was bleibt, sind die Markenrechte

Foto: Gerry Weber

Nach drei Insolvenzen im Zeitraum von sechs Jahren, zahlreichen Filialschließungen und Personalabbau wurden von dem Mode-Hersteller und Händler, Gerry Weber, am Ende nur die Namensrechte an den spanischen Modehersteller Victrix verkauft. Der Gläubigerausschuss und der vorläufige Sachwalter haben dem Verkauf zugestimmt. Die verbliebenen Filialen werden geschlossen.

Die Startbedingungen der Gerry Weber International AG nach Abschluss ihres Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung zum 31. Dezember 2019 waren nicht die besten. Nachdem der Hersteller und Einzelhändler von Damenmode aus Halle in Westfalen unter Ägide der neuen britischen Eigentümer Robus Capital Management Ltd,. und Whitebox Advisors LLP das Geschäft wieder auf ein neues Fundament gestellt, Filialen geschlossen und die Kosten gesenkt hatten, brach Ende Februar 2020 die Corona-Pandemie aus. Die Folgen in Form von verlustbringenden Zwangsschließungen und Verkaufsbeschränkungen für den innerstädtischen Mode-Handel sind hinlänglich bekannt.

Insofern kam es nicht überraschend, dass Gerry Weber – wie auch viele andere Marken – 2023 erneut Insolvenz anmelden musste. Die gesamte Modebranche verzeichnete im Zuge der Corona-bedingten Zwangsmaßnahmen erhebliche Umsatzeinbußen und hat nach Feststellung des Handelsverbands Textil Schuhe Lederwaren (BTE) beim Umsatz bis heute das Vor-Corona-Niveau noch nicht wieder erreicht. Und nicht wenige stecken nach Erkenntnis des Verbands in den roten Zahlen und kämpfen um ihre Existenz.

Im Zuge der 2023er-Insolvenz bereinigte Gerry Weber sein Filialnetz und schloss 122 der noch 171 eigenen Läden in Deutschland und sparte dabei etwa 450 Stellen ein. Dass diese radikale Schrumpfkur vor zwei Jahren offenbar nicht ausgereicht hat, ist daran abzulesen, dass das Amtsgericht Bielefeld am 10. März 2025 erneut ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gerry Weber International GmbH eröffnet hat und das Amtsgericht Gütersloh über weitere Tochtergesellschaften.

Wie dpa berichtet, laufen separat zu dem Verfahren beim deutschen Mutterkonzern auch Insolvenzverfahren bei ausländischen Töchtern. Auf der Homepage ist zu lesen, dass das Unternehmen weltweit 20 Showrooms betrieben und in 66 Ländern einen Vertrieb unterhalten hat. In den Niederlanden wurden die Gerry-Weber-Läden laut dpa bereits geschlossen, doch sei unlängst vereinbart worden, dass eine Partnerfirma des neuen Inhabers der Gerry-Weber-Markenrechte, Victrix, mindestens acht Geschäfte schon bald wieder mit neuem Auftritt eröffnen werde, so dass hier mindestens 30 Arbeitsplätze erhalten bleiben würden.

Die erneute Insolvenz kam für viele überraschend

Ungeachtet der schwierigen Lage für den Modehandel kam die erneute Insolvenz von Gerry Weber für viele Marktbeobachter dennoch überraschend, da es lange hieß, der Modeanbieter sei bis zum Jahr 2027 durchfinanziert wie die Wirtschafts-Woche berichtete. Dass es am Ende doch anders kam, soll demnach daran gelegen haben, dass sich die optimistischen Umsatz- und Ertragspläne des Managements nicht erfüllt hätten – nicht zuletzt, weil das wichtige Weihnachtsgeschäft 2024 unter den Erwartungen blieb. Hinzu sollen im Februar finanzielle Probleme bei einem Vertriebspartner gekommen sein.

Dass die dritte Insolvenz von Gerry Weber „eine zu viel war“, wie dpa schreibt, ist daran abzulesen, dass der Sachwalter im Rahmen des Verfahrens mit dem spanischen Modehersteller Victrix offenbar nur einen Käufer für die Markenrechte von Gerry Weber gewinnen konnte, nicht aber für das gesamte Unternehmen und seine Mitarbeiter. Der vorläufige Gläubigerausschuss hat dem Übernahmekonzept bereits zugestimmt, genauso wie der vorläufige Sachwalter Lucas Flöthe. Damit bleibt von dem lange Zeit sehr erfolgreichen Modeanbieter aus Halle/Westfalen nur noch der Name übrig. Und die spanische Victrix wird die künftig von ihr hergestellten Gerry-Weber-Kollektionen über Multi-Label-Geschäfte verkaufen

Sichtbares Zeichen für die Kunden ist deshalb, dass auch die noch verbliebenen 40 Gerry-Weber-Läden in Deutschland sowie die Geschäfte in anderen Ländern in den nächsten Monaten geschlossen werden. Und auch in der Firmenzentrale in Halle dürften demnächst die Lichter ausgehen. Das spanische Familienunternehmen aus Mataró bei Barcelona ist bislang mit seiner eigenen Modemarke Punt Roma im Modegeschäft vertreten. Über die wirtschaftlichen Details bei dieser Transaktion wurde nichts mitgeteilt. Auch über der Kaufpreis ist nichts bekannt.

Im Modemarkt geht damit die Ära des deutschen Mode- und Lifestyle-Konzerns mit internationalem Flair, Gerry Weber, zu Ende. Sie begann am 1. März 1973, als Gerhard (Gerry) Weber und Udo Hardieck die Hatex KG mit Sitz in Halle/Westfalen, gründeten, die sich zunächst auf die Herstellung und den Vertrieb von Damenhosen konzentrierte, wie auf der Homepage heute noch zu lesen ist. Der Markenname „GERRY WEBER“ wurde 13 Jahre später, im Jahr 1986, geschaffen und weltweit geschützt. Als gute Marketingidee erwies sich der Sponsoringvertrag mit der damals 17-jährigen Tennis-Spielerin Steffi Graf. „Ihre beispiellose Weltkarriere verschafft der Gerry-Weber Mode schnell einen außergewöhnlichen Bekanntheitsgrad“, ist neben einem Foto von der jungen Steffi Graf im Gerry-Weber-Look zu lesen (siehe Foto).

Vor diesem Hintergrund war es ein weiterer kluger Schachzug, die Marke generell ab 1993 in der Tenniswelt zu etablieren: durch die Gerry Weber Open in Halle in Westfalen, dem größten und einzigen Rasenturnier in Deutschland, das seit 2015 Teil der exklusiven ATP-500er Serie ist und im ZDF sowie weiteren internationalen Fernsehsendern übertragen wird.

Meilensteine im Modegeschäft waren 1989 die Einführung der jüngeren Modemarke Taifun, die für trendorientierte und gleichzeitig businesstaugliche Mode mit femininem Touch steht. Im Jahr 1994 folgte die Vorstellung der Marke Samoon, eine lässige, selbstbewusste Mode mit trendigen Schnitten aus anspruchsvollen Materialien.

Der erste Laden wurde 1999 eröffnet

Ein großer Schritt für den Bekleidungshersteller war im Jahr 1999 die Eröffnung des ersten, in Eigenregie geführten Geschäfts in Bielefeld unter dem Namen House of Gerry Weber. Für einen Hersteller ist das eine Herausforderung, denn sein Sortiment muss so umfangreich und vielfältig sein, dass es die gesamte Verkaufsfläche ausfüllen kann. Im Umkehrschluss bieten eigene Läden den Herstellern die große Chance, im direkten Kontakt mit den Kunden herauszufinden, wo deren Präferenzen liegen. Im Jahr 2005 ging das Unternehmen mit einem E-Shop auch in den Online-Handel.

Rückblickend wird deutlich, dass die erste Insolvenz in Eigenverwaltung im Jahr 2019 den Niedergang des Unternehmens bereits markierte. Zwar war der Insolvenzantrag notwendig geworden, weil sich die heterogene Gruppe aus Schuldscheingläubigern und Kreditgebern damals nicht einigen konnte, die Finanzierung auf ein tragfähiges Fundament zu stellen. Doch hatte das Unternehmen bereits vor dem Insolvenzantrag angekündigt, 230 Filialen schließen zu wollen.

Wie der damalige Chief Restructuring Officer, Florian Frank, dazu erläuterte, hatte der Bekleidungshersteller bei seiner Expansion zu sehr auf „Standortsicherung“ und zu wenig auf die „Effizienz der Standorte“ geachtet. Dieser Fehler sollte durch die Schließung der Filialen und den Abbau von etwa 900 Stellen im In- und Ausland korrigiert werden. Zudem habe sich die Marke nicht weiterentwickelt, so dass der letzte Pfiff gefehlt habe, so Frank weiter. Außerdem seien die Kollektionen zeitlich nicht bedarfsgerecht ausgeliefert worden. Beispielsweise wurde Herbst- und Winterware schon im Sommer geliefert, was meist zu schlechten Abverkäufen und später zu honen Abschriften geführt hätte.

Nachdem im Zuge des Insolvenzverfahrens 2019 das Stammkapital auf null herabgesetzt und die anschließende Barkapitalerhöhung von den neuen Investoren Robus und Whitebox gezeichnet wurde, schied auch die Gründerfamilie Weber aus dem Kreis der Anteilseigner aus. Seit 2019 heißt auch das ATP-Turnier nicht mehr „Gerry Weber Open“, sondern Noventi Open.