Logistikimmobilien: Stabiles Neubauvolumen

Wachsende Unsicherheiten erwartet

HIR DÜSSELDORF.Der deutsche Logistikimmobilienmarkt ist in puncto Neubau derzeit offenbar stabil. Das ist das Ergebnis, das das Beratungsunternehmens Logivest nach Auswertung seiner Daten ermittelt hat. Demnach liegen die Neubauentwicklungen im ersten Halbjahr 2022 mit einem Volumen von knapp 2,6 Mio. qm im Bereich des Mittelwerts der vergangenen fünf Jahre. Aufbruchstimmung gibt es vor allem in den Aufsteigerregionen, Zurückhaltung dagegen in den etablierten Märkten. Im zweiten Halbjahr könnte sich das Geschäft abschwächen.

Als klaren Gewinner des ersten Halbjahres 2022 hat das auf Logistikimmobilien und Logistikstandorte spezialisierte Beratungsunternehmens Logivest die Logistikregion Dresden/Chemnitz mit circa 190 000 qm Neubaufläche identifiziert. Diese hat sich als regelrechter Shooting-Star erwiesen. Denn nachdem die Region im Vorjahr vom Fraunhofer Institut als 24. Top-Logistikregion ausgezeichnet wurde, ist sie in den aktuellen Erhebungen bereits unter die Top 3 vorgerückt. Grundlage des Erfolgs sind großvolumige Entwicklungen in Hainichen sowie eine neue Logistikhalle von VW in Meerane, in der der Autobauer Bestandteile des mobilen Elektrobaukastens MEB bündeln will. Basis der Logivest-Daten ist der Zeitpunkt des Baustarts.

Nach den Worten von Kuno Neumeier,CEO der Logivest Gruppe zeigt nun auch Dresden – nach Leipzig und Magdeburg – die wachsende Relevanz der ostdeutschen Regionen für den Logistikmarkt: „Die Lage in der Mitte Europas, ideale Anbindungen sowie eine gute Flächenverfügbarkeit bei moderaten Preisen steigern die Attraktivität der Gebiete auch für internationale Unternehmen“, so seine Überzeugung.

Dass die Top-Logistikregionen Duisburg/Niederrhein und die Kölner Bucht mit rund 360 000 qm bzw. 197 000 qm Neubaufläche wieder einmal die Spitzenplätze belegen, ist laut Logivest-Studie dagegen weniger überraschend. Hinzu kommt, dass auch die größte Projektentwicklung des ersten Halbjahres in der Region Duisburg/Niederrhein entsteht. So baut BEOS im Rhein-Lippe-Hafen in Wesel für den Logistikdienstleister Rhenus ein etwa 85 000 qm großes Logistikzentrum.

Eine sehr positive Entwicklung zeigt sich auch in Koblenz (rund 115 000 qm) sowie in Würzburg/Schweinfurt (circa 150 000 qm). Auch diese beiden Regionen, die bislang eher im unteren Feld positioniert waren, konnten laut Logivest durch mehrere großvolumige Entwicklungen aufholen. So baut die Dietz AG in Mühlheim-Kärlich nordwestlich von Koblenz eine 55 000 qm große Logistikimmobilie für Wacker Neuson und in Burgbrohl, ebenfalls nordwestlich der rheinland-pfälzischen Stadt entsteht eine rund 25 000 qm große Halle für einen Getränkehersteller.

In der Region Schweinfurt/Würzburg entsteht für S.Oliver ein rund 76 0000 qm großes Mode- Logistikzentrum und in Gerolzhofen wurde der erste Spatenstich für eine rund 37 000 qm große Immobilie für den Lebensmittel-Discounter Norma gefeiert. Dagegen registriert der Berater in den etablierten Märkten wie Hamburg, München oder Stuttgart inzwischen eine gewisse Zurückhaltung. So wurden erste Projekte ins nächste Jahr verschoben und neue Planungen für das zweite Halbjahr werden – wenn überhaupt – nur zögerlich angegangen.

Beim Blick in die Zukunft stellt Neumeier zwar fest, dass auch die Nachfrage nach Logistikflächen ungebrochen hoch ist – Stichworte sind für ihn Pufferlager, die Produktionsunternehmen mit Blick auf die Störung der Lieferketten anlegen und neue Produktionsstandorte als Antwort auf die gestörte Globalisierung. Hinzu kommen der wachsende eCommerce und die E-Mobilität, die einen enormen Flächenbedarf hätten. Andererseits begrenzen die Baustoffknappheit und eine steigende Unsicherheit mit Blick auf die Energieversorgung die Entwicklung.

Vor diesem Hintergrund rechnet der Logivest-CEO im zweiten Halbjahr bei den Neubauentwicklungen mit Stagnation oder sogar mit einem leichten Rückgang gegenüber dem Jahr 2021 mit rund 5,4 Mio. qm Neubaufläche. Neumeier: „Die kaum kalkulierbaren Baukosten und die globale Unsicherheit werden sich auch auf dem Logistikimmobilienmarkt widerspiegeln“.

Zu den positiven Entwicklungen zählt der Logivest CEO die Entstehung neuer Produktionsstandorte und einen ersten Trend zum Nearshoring. Beispiele sind der im Jahr 2023 geplante Werksbau des Chipherstellers Intel in Sülzetal bei Magdeburg mit 10 000 Arbeitsplätzen. Bereits im Juli 2022 startete der VW Konzern die „Mission Salz Giga“, hinter der sich der Aufbau eines weltweiten Batterie-Zentrums mit der ersten Zellfabrik des Konzerns am Standort Salzgitter verbirgt.