FOC-Markt Europa

Verlust internationaler Touristen verschmerzt

Erneuter Spitzenplatz für Bicester Village. Foto: Value Retail

rv DÜSSELDORF. Die Zwangsmaßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie haben die Karten im Markt für Handelsimmobilien neu gemischt. Insbesondere Einkaufslagen, die stark von nationalen wie internationalen Touristen abhängen, hatten 2020 durch die Beschränkung des Reiseverkehrs das Nachsehen. Anders die Lage bei Factory Outlet Center (FOC), die traditionell auf internationale Touristen setzen und oft Bestandteil des Reisprogramms sind. Sie hatten 2020 trotzdem Erfolg .

Das konnte das Beratungsunternehmen Ecostra, das in Kooperation mit dem französischen Forschungsinstitut Magdus auf Grundlage von Mieterbefragungen jährlich den Outlet Centre Performance Report Europe (OCPRE) herausbringt, anhand der Bicester Village (Foto: Value Retail) in der britischen Grafschaft Oxfordshire aufzeigen. Seit der Report, der durch Befragung der Mieter die Wirtschaftlichkeit der Stores ermittelt, 2008 erstmals erschienen ist, hatte das von Value Retail betriebenen Designer Outlet Center (DOC) fünf Mal den ersten Platz belegt.

Die bisherigen Hauptgründe für den Erfolg der Bicester Village in der gleichnamigen Kleinstadt, die sich in der Nähe der Touristenattraktion Stonehenge befindet, waren vor allem die Touristen aus Asien. Allein 40% der mehrwertsteuerfreien Erlöse entfielen vor der Pandemie laut Report auf Touristen aus China. Mit einer überdurchschnittlichen Flächenproduktivität, die der Eigentümer offiziell mit durchschnittlich gut 40 000 Euro je qm bezifferte, erzielte das Outlet Center „einen einsamen Spitzenwert“, wie Ecostra konzediert.

Nach dem Shutdown im internationalen Reiseverkehr haben sich offenbar nun die Briten auf ihre nationalen Reiseziele konzentriert. Denn der Ansturm auf die Village war nach Beendigung des Lockdowns Mitte Juni laut Presse so groß, dass die Sorge aufkam, hier könnte sich ein neuer Corona-Hot-Sport entwickeln. Deshalb forderten einige auch die erneute Schließung. Daneben kann sich Ecostra-Geschäftsführer Joachim Will auch vorstellen, dass das Management offenbar viel dafür getan hat, „die weggefallenen Asien-Touristen durch einheimische Besucher zu ersetzen“.

Die haben offenbar genauso viel Geld ausgegeben, wie die ausländischen Besucher, denn die Bicester Village konnte zur Überraschung der Experten auch im schwierigen Corona-Jahr 2020 wieder den ersten Platz belegen, genauso wie zuvor 2019. In diesem Kontext dürfte sich auch der Ausbau der Freizeitangebote in den FOCs auszahlen, die sich so zu Touristendestinationen entwickelt haben.

Aber auch die Platzierung auf dem zweiten Platz der europäischen FOC-Rangliste war für die Kenner des Marktes eine Überraschung, wie es im Performance Report heißt. Denn in der Regel sind es die etablierten Outlets, die sich in den Spitzengruppen befinden, keine Neulinge auf dem Markt. Doch mit dem erst im Mai 2018 in Villefontaine, in der Nähe der französischen Stadt Lyon, eröffneten Outlet Center The Village konnte ein Neuling im ersten Anlauf den zweiten Rang erreichen.

Nach den Worten von Caroline Lamy, Chefin des französischen Forschungsinstituts Magdus, gab es das noch nie, dass sich ein neueröffnetes Outlet Center auf Anhieb so weit vorne in der europäischen Spitzengruppe platzieren konnte: „Hier hat der Entwickler, Investor und Betreiber ein wahres Meisterstück abgeliefert“, wie sie mit Blick auf den privaten französische Immobilienentwickler La Companie de Phalsbourg, der bei dem Projekt mit Freeport Retail kooperierte, lobt.

„The Village“ kam auf Anhieb in die Spitzengruppe

Der Fokus des Entwicklers lag bisher auf Einkaufszentren, Hotels, Büros, Freizeitanlagen, Logistik und Wohnungen. Doch schon im Eröffnungsjahr 2018 wurde „The Village“ mit dem Mapic-Award als bestes Outlet Center ausgezeichnet. Nun steht die Erweiterung von 110 auf 140 Stores an.

Auf den weiteren Plätzen folgen aber wieder etablierte Namen. So konnte sich der Betreiber Value Retail mit den beiden spanischen Outlet Center Las Rozas Village in der Nähe von Madrid und La Roca Village nördlich von Barcelona auch die Plätze drei und vier sichern. Erfreulich aus deutscher Sicht ist der fünfte Platz für die Outletcity Metzingen des Betreibers Holy AG, die sich aus dem Fabrikverkaufszentrum der Modemarke Hugo Boss in Metzingen entwickelte und die sich inzwischen auch in der Spitzengruppe etabliert hat.  Auf dem sechsten Platz findet sich mit der Wertheim Village, auch von Value Retail, ein weiteres deutsches Outlet Center unter den Top 10. Das McArthurGlen DOC im niederländischen Roermond, nahe der deutschen Grenze, das gleichfalls regelmäßig zur Spitzengruppe gehört, findet sich dieses Mal erst auf Platz neun, womöglich weil die Entwicklung der FOC in den Niederlanden im Vorjahr generell nicht so günstig verlaufen ist. 

Insgesamt kommt der Outlet Center Performance Report in seiner Beurteilung des  Corona-Jahres 2020 zu dem Ergebnis, dass sich die Bewertung der jeweiligen Outlet Stores durch die Mieter im Durchschnitt aller Outlet Center in Europa ganz leicht von der Note 2,68 auf durchschnittlich 2,62 verbessert hat, obwohl sie als nicht-systemrelevante Betriebe phasenweise komplett geschlossen waren. Dabei ist – wie in der Schule – die Note 1 am besten. Die Bicester Village erreichte eine 1,2 und „The Village“ eine 1,75. Die Outletcity Metzingen erzielte die Durchschnittsnote 1,88.

Ein Thema während des Shutdowns waren auch bei dieser Anlage-Klasse die Mietzahlungen. Laut Ecostra-Studie hat mehr als jeder zweite befragte Markenhersteller seine Mietzahlungen entweder ganz oder teilweise eingestellt, jeder Zehnte führt deshalb mit seinem Vermieter juristische Auseinandersetzungen und jeder fünfte befragte Expansionsleiter bekundete, dass sein Unternehmen erste wirtschaftliche Schwierigkeiten durch die Zwangsschließungen spürt.

Die Wiedereröffnung der Outlet Stores und das Hochfahren des Verkaufsbetriebs war für das Gros der Mieter kein größeres Problem. Aber der Personaleinsatz war nicht immer leicht zu planen, weil Schulen und Kitas Corona-bedingt nicht offen waren und die Kinderbetreuung organisiert werden musste. Etwa 34% der Befragten sah sich bedingt durch den hohen Lagerdruck aber genötigt, die Preise nochmals zu senken.

Abgefragt wurde auch die Einschätzung über die Qualität der Betreiber in punkto Management, Vermietung und Marketing. Hier holte sich erstmals die Holy AG, der Betreiber der Outletcity Metzingen, den ersten Platz und verwies den Seriensieger McArthurGlen auf den zweiten Platz. Bei der Frage nach dem besten Management zur Bewältigung der Corona-Herausforderungen führt allerdings Value Retail vor der Holy AG und dem österreichischen Betreiber ROS Retail Outlet Shopping.