Online-Handel

Unternehmen mit stationärer DNA holen auf

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Der hiesige Online-Handel verzeichnete in den Pandemie-Jahren 2020 und 2021 ein Umsatzwachstum von 25 Mrd. Euro. Auch wenn der Online-Umsatz 2022 um 2,2% gesunken ist und sich der Aufwärtstrend abschwächt, konnte die Branche ihren Marktanteilsgewinn gegenüber dem stationären Vertrieb – gemessen am Vor-Corona-Jahr 2019 – noch halten. Dabei konnten nach den Ergebnissen des Online-Monitors von HDE und IFH Köln vor allem die Anbieter mit stationärer DNA und mit Click & Collect profitieren und gegenüber den Pure Playern aufholen.

Denn für viele stationäre Einzelhändler wirkten die Beschränkungen des stationären Nonfood-Handels als Beschleuniger für den forcierten Ausbau ihrer Online-Aktivitäten. Nur so konnten sie ihr Geschäft zumindest teilweise aufrechterhalten. Das zeigt der Blick auf den Zahlenvergleich mit 2014. Damals entfielen laut Online-Monitor 37,7% des Online-Umsatzes auf die Online-Pure-Player, 21,7% auf Unternehmen mit Versand DNA wie beispielsweise den Otto Versand, 9,8% auf Hersteller und 30,8% auf Anbieter mit stationärer DNA.

Nach dem vor allem im Buchhandel und im Bereich Consumer-Electronic (CE) durch Online-Anbieter wie Amazon ausgelösten Strukturwandel haben schon damals viele stationäre Unternehmen wie die Buchkette Thalia oder Media Markt Saturn – um nur einige zu nennen – eine Multichannel- resp. eine Omnichannel-Strategie aufgebaut. Deshalb war der Anteil des stationären Handels auch 2014 bereits beachtlich.

Im Jahr 2022 ist der Online-Anteil der Versender auf 17,0% gesunken, der Anteil der Pure Player erhöhte sich ganz leicht auf 37,8% und der der Hersteller auf 9,9%. Dagegen erhöhte sich der Anteil der Online-Anbieter mit stationärer DNA deutlich auf 35,3%. Das heißt, der stationäre Einzelhandel hat sein Online-Potenzial stärker ausgenutzt und der Anteil ist auch nicht wieder gesunken, nachdem die Beschränkungen für den stationären Handel 2022 deutlich heruntergefahren wurden.

Hinzu kommt, dass sich im Zuge der von immer mehr Unternehmen praktizierten Omnichannel-Strategie zunehmend Mischformen entwickelt haben, wobei laut Online-Monitor vom Handelsverband Deutschland (HDE) und vom IFH Köln vermehrt auch Versender und Internet-Pure-Player ins stationäre Geschäft drängen, das Vorteile wie beispielsweise wie Click & Collect bietet. Denn fast 40% der Online-Besteller nutzen Click & Collect, wobei der Anteil im Bereich Fashion & Accessoires sowie CE/Elektro mit über 50% am höchsten ist. Das seien in absoluten Zahlen gut 2,5 Mrd. Euro des Gesamtumsatzes von rund 5 Mrd. Euro, heißt es in der Studie. Und der Trend ist vor allem im Mode-Bereich deutlich steigend.

Dabei gaben 44% der Befragten an, dass die bestellte Ware für sie im Laden hinterlegt war, 24% sagten, dass ihnen ein Mitarbeiter zur Verfügung stand, 17% holten sie an einer Packstation des Händlers ab und 2% konnten im Auto sitzen bleiben, während ihnen die Ware in den Kofferraum gelegt oder durchs Fenster gereicht wurde. Die Wartezeit betrug nur in 8% der Fälle mehr als 10 Minuten. In den meisten Fällen wurde die Ware in 2 bis 5 Minuten ausgehändigt.

Schnelle Abwicklung bei Click & Collect

Im Bereich Mode & Accessoires entfallen 27,3% des Online-Umsatzes auf Anbieter mit stationärer DNA. Damit kann die Branche fast an die Händler mit Versand-DNA (28%) und die Pure Player mit 28,9% aufschließen. Ins Auge springt aber auch der Anteil der Hersteller, der hier mit 15,8% auffallend hoch ist. Dieser direkte Kontakt der Hersteller zu den Kunden bereitet insbesondere den stationären Facheinzelhändlern zunehmend Sorge, verstärken sie damit ihre Konkurrenz.

Erfolgreicher als die Modeanbieter haben sich die stationären Anbieter von Consumer Electronic mit einem Umsatzanteil von 34,0% etabliert. Damit können sie die Pure Player (38,7%) zwar nicht von der ersten Position vertreiben, doch ist der Anteil der Versender (17%) und der Hersteller (10,3%) in diesem Segment deutlich niedriger.

Besonders groß ist die Bedeutung der Online-Anbieter mit stationärer DNA im Gesundheits- und Wellness-Bereich mit 65,3% der Anteile und im Bereich Lebensmittel (FMCG) mit 45,4%, wobei hier Größen die Rewe und Edeka zweifellos eine große Rolle spielen. Ziel ist es, eine zu starke Ausbreitung von Amazon im eigenen Einzugsbereich in Grenzen zu halten. Allerdings steht das eng geknüpfte Filialnetz in Deutschland einer zu starken Ausweitung des Online-Handels mit Lebensmitteln bislang ohnehin entgegen.

Auch im Bereich Heimwerken & Garten haben die Stationären mit einem Anteil von 43,3% die Nase vorn. Die Pure Player kommen hier auf 37,5%. Interessant ist, dass die Anbieter mit Online-DNA vor allem beim Verkauf mit Schmuck & Uhren (55,2%) sehr stark sind. Im Freizeit- und Hobby-Bereich (60,2%) können sie sogar noch mehr punkten. Im Segment Wohnen & Einrichten wird das meiste über den Versand (35,1) und den Handel mit stationärer DNA (35,9%) verkauft.

In diesem Umfeld ist der Online-Anteil des Facheinzelhandels, für den eine Multichannel-Strategie ein besonderer Kraftakt ist, während der Pandemie 2021 zwar auch gestiegen, doch ist er mit Aufhebung der Beschränkungen 2022 wieder leicht gesunken, blieb aber immerhin auch hier über dem Vor-Corona-Niveau von 2019. Lag der Online-Anteil der Mittelständler 2019 beispielsweise im Mode- und Accessoires-Handel bei 7,5%, so hatte er sich 2021 auf 14,6% fast verdoppelt. Im Jahr 2022 pendelte er sich dann bei 11,2% ein. Nach Feststellung des Handelsverbands Textil, Schuhe, Lederwaren (BTE) hat der erhöhte Online-Umsatz den Ertrag nicht unbedingt gesteigert – im Gegenteil. Viele Betriebe wollen sich wieder verstärkt auf das stationäre Geschäft konzentrieren.

Mehr Online-Umsatz bedeutet nicht unbedingt mehr Gewinn

Diese Erfahrung sammelte beispielsweise auch Deutschlands führende Mode-Kaufhaus-Kette Peek & Cloppenburg(P&C) Düsseldorf, die während der Zwangsschließungen einen dreistelligen Millionenbetrag in den Aufbau der Online-Kapazitäten investierte. Dieser Kostenanstieg in Verbindung mit der Eintrübung des stationären Geschäfts führten das Unternehmen in die Verlustzone und anschließend in ein Schutzschirmverfahren. Auch P & C wird sich – neben dem Online-Vertrieb – vor allem auf das stationäre Geschäft fokussieren. Insofern führt ein hoher Online-Umsatz nicht unbedingt zu Gewinn.

Im Bereich CE/Elektro erhöhte sich der Online-Anteil des Facheinzelhandels von 7,8% auf 13,2% im Jahr 2021 und ging dann auf 10,5% zurück. Im Segment Freizeit & Hobby, in dem der Online-Anteil schon vor Corona mit 13,2% relativ hoch lag, stieg er weiter auf 19,8%, um dann auf 18,1% zurückzugehen. Hier könnte der Online-Anteil schon auf Grund der Ausgangslage hoch bleiben.

Auch der Frage, über welchen Online-Kanal die stationären Händler bevorzugt verkaufen, sind HDE/IFH in ihrem Monitor nachgegangen und kamen zu dem Ergebnis, dass das Wachstum im Durchschnitt betrachtet ausschließlich über Marktplätze wie Amazon, Ebay, Zalando oder About you stattfand. Auf die Marktplätze entfallen 50% des Online-Umsatzes, wobei der größte Teil auf den Amazon-Marktplatz entfällt. Auf den Marktplatz und das Online-Geschäft von Amazon entfallen hierzulande laut Studie 56% der online generierten Erlöse. Darüber hinaus gewinnen aber auch die eigenen Onlineshops der Händler wieder an Bedeutung.

Ein zentrales Problem im Online-Geschäft war aber auch 2022 wieder das leidige Thema Retouren. Laut Studie wird knapp ein Viertel (24%) der Pakete wieder zurückgeschickt. Das sind 1,3 Mrd. Artikel mit einem Warenwert von 530 Mio. Euro. Am größten ist das Problem immer noch im Bereich Bekleidung. Bezogen auf die Pakete gehen im Schnitt 64% der Sendungen zurück, bezogen auf die Zahl der Artikel sind es 34%. Zum Vergleich: Im Segment Unterhaltung liegen die Werte bei 5% der Pakete und 5% der Artikel – genauso wie bei Einrichtungsgegenständen. Im Freizeitbereich liegen die Quoten bei 11% der Pakete und 8% der Artikel.

Mit einem Online-Umsatz von 86,7 Mrd. Euro belegt Deutschland innerhalb der EU mit großem Abstand den Spitzenplatz. Betrachtet man den Anteil des Online-Handels am gesamten Einzelhandelsumsatz, dann liegen die Niederlande mit einem Anteil von 15,3% jedoch vor Deutschland mit 14,7%. Beim Online-Umsatz insgesamt kommen die Niederland aber nur auf 20,4 Mrd. Euro. In Finnland liegt der Online-Anteil bei 14,1% und der Online-Umsatz bei 6,3 Mrd. Euro. Schweden liegt mit einem Anteil von 13,5% (Umsatz: 12,4 Mrd. Euro) auf Platz vier, vor Dänemark mit 12,1% und 6,4 Mrd. Euro Online-Umsatz.