Hanseviertel und Hamburger Hof

Traditionspassagen verändern ihr Gesicht

Hamburger Hof Foto: IPH

Dass auch Hamburg in die Qualität seiner Innenstadt investieren muss, ist sattsam bekannt. Die Konkurrenz durch das neue riesige Westfield-Einkaufsquartier in der HafenCity, das keine Anbindung an die Kerncity benötigt, hat die Dringlichkeit, die Innenstadt aufzuwerten, erhöht.

So wird in Hamburg an vielen Stellen Stadtumbau betrieben. Beispielsweise wird der Jungfernstieg erneut aufwendig umgebaut. Um die Prachtmeile an der Binnenalster zu einem echten Boulevard mit einer deutlich schmaleren Fahrbahn, neuen Baumreihen, Bänken und weiteren Sitzmöglichkeiten, umzubauen, will die Stadt 13 Mio. Euro investieren. Geplant sind zudem Trampoline, Wasser- und Glockenspiele. Der Individualverkehr wurde schon länger verbannt. Im Mittelpunkt der Aufwertung stehen jedoch vor allem die Passagen Hanseviertel und Hamburger Hof.

Der Hamburger Hof hat eine bewegte Vergangenheit: Ende des 19. Jahrhunderts wurde er als Luxushotel errichtet, später in ein Kontorhaus umgewandelt. In den 1970er-Jahren wurden in den oberen Etagen Büros eingerichtet und darunter die Einkaufspassage, die sich vom Jungfernstieg über die Großen Bleichen bis zur Poststraße hinzieht. Nicht zuletzt die Zwangsmaßnahmen zur Corona-Bekämpfung haben auch hier deutliche Spuren hinterlassen und immer wieder zu Leerstand geführt.

Deashalb plant die Meag, die Vermögensmanagerin von Munich Re und Ergo, die knapp 22 000 qm Mietfläche ab 2025 umzubauen. Entstehen soll ein Mix aus Einzelhandel, Gastronomie, Büros und Wohnungen. Erhalten bleibt nur die charakteristische rötliche Sandsteinfassade. Ferner bleiben Fassadenteile der Großen Bleichen 8 und 16 erhalten bzw. werden wiederaufgebaut. Nach den Entwürfen der Architekten Diener & Diener sollen sechs Gebäudeeinheiten entstehen. Laut Katja Rincker, Leiterin Head of Real Estate Development der Meag, sollen die Gebäude mit einer attraktiven vielseitigen Architektur von außen „einzeln ablesbar bleiben“.

Ziel der Architektenentwürfe ist es, sensibel mit der denkmalgeschützten Bausubstanz und dem Stadtgrundriss umzugehen und architektonische Exzellenz zu bieten, wie Hamburgs Oberbaudirektor Franz-Josef Höing sagt. Zentrale Themen sind auch Energieeffizienz und ökologische Nachhaltigkeit etwa durch den Einsatz von Photovoltaik, Geothermie und Absorptionskälte. Die Passage selbst wird verschwinden. Die Läden auf den 3 000 qm, die für Einzelhandel eingeplant sind, werden nur noch von außen zugänglich sein. Dabei stellt sich die Meag im Erdgeschoss attraktive Flagship-Stores – neben Gastronomie – vor.

Die Passage wird verschwinden

 Mit 16 000 qm wird der größte Teil der Flächen in den oberen sieben Etagen auf Büros, medizinische Einrichtungen und ein Konferenzzentrum entfallen. Im Gebäudeteil Poststraße sollen 28 Zwei- bis Dreizimmer-Apartments entstehen. Als Highlight ist auf dem Dach eine Roof Top Bar mit Blick über die Binnenalster geplant. Im Zuge der Neupositionierung werden die bisherigen Büromieter Ende 2024 ausziehen, die Händler Ende Februar oder März 2025, damit sie das Weihnachtsgeschäft mitnehmen können. Bis Ende 2029 soll der Hamburger Hof fertig sein.

Beim benachbarten Hanseviertel (Foto rechts: CBRE) wurde Mitte Juli mit 500 Gästen in der zentralen Rotunde bereits die neue Erlebnisgastronomie „Le big TamTam“ eröffnet. Die mehrere Millionen Euro teure Neupositionierung des Viertels als „kulinarischer Hotspot“, der auf 2 000 qm an vielen Ständen außergewöhnliche Gastronomie bietet, soll ein neuer Magnet für das erneuerte Hanseviertel werden. Hier gilt Selbstbedienung, bar bezahlen kann man hier nicht. Vielmehr wurde extra ein innovatives Scan & Pay-System entwickelt.

Zu den gastronomischen Angeboten zählen das Momo mit authentischem japanischen Soulfood, die Hamburger Institution Über Quell, das für die neapolitanische Pizza und die eigene Micro-Brauerei auf St. Pauli bekannt ist. Mexikanisches Streetfood sowie moderne traditionelle Küche präsentiert das Miguelez und das Underdocks revolutioniert Hamburgs Fischklassiker, während man im Yeahboy Comfort Food mit Fokus auf Fried Chicken und vegane Alternativen bietet. Von allen Gastronomen gemeinsam wird zudem die Fünfviertel Bakery betrieben, genauso wie die Bar als zentraler Treffpunkt. Zum Food-Markt gehört auch eine Bühne, auf der es regelmäßige Events geben soll.

Bis 2007 war die als Treffpunkt der Hamburger geschätzte Rotunde unter der großen Glaskuppel im Untergeschoss von Mövenpick mit gastronomischen Angeboten bespielt worden. Im Zuge der jüngsten Neupositionierung war die gesamte Fläche komplett entkernt und anschließend umfassend erneuert worden. Nur die Mauern seien stehen geblieben, sagt Markus Wagenknecht, der beim Eigentümervertreter CBRE Investment Management für das Projekt verantwortlich ist. Immer wieder hatte es – etwa auch durch die Pandemie – Verzögerungen gegeben. Zuletzt musste die für Ende Februar geplante Eröffnung wegen Problemen mit dem Brandschutz abgesagt werden.

Der Start des Gastronomiebereichs war erfolgreich 

Die Umsetzung des Projektes gestaltete CBRE Investment Management gemeinsam mit dem Hamburger Gastronomie-Beratungsunternehmen Tellerrand Consulting, den für die Baumaßnahmen verantwortlichen Architekten von GMP sowie dem für die Konzeption und das Design der Gastronomiefläche verantwortlichen Designbüro Studio Aisslinger in Berlin. „Das Hanseviertel hat sich für Innovation entschieden – für ein frisches und ein wenig freches „Le big TamTam“-Konzept, das junge Menschen zu uns in die Passagen zieht und ältere Menschen überrascht und Freude bereitet“, so Center Manager Lars Sammann. Der Start des Gastronomiebereichs war jedenfalls erfolgreich: An den ersten Tagen kamen über 10 000 Gäste, danach wurden laut Center-Management täglich zwischen 2 000 und 3 000 Menschen gezählt. 

CBRE Investment Management hatte das in die Jahre gekommene Hanseviertel 2019 von der Allianz übernommen und die Neupositionierung eingeleitet. Allein am Haupteingang an der Poststraße wurde fast zwei Jahre lang gebaut, weil die 1 400 qm große Verkaufsfläche, auf der einstmals die erste H&M-Filiale Deutschlands war, in Erd- und Obergeschoss unterteilt wurden. In der ersten Etage gibt es nun Büros, im Erdgeschoss drei Läden. Der in der Passage rotierende Weltkugel-Brunnen steht jetzt am Haupteingang.

In den vergangenen drei Jahren wurden alle Eingangsbereiche modernisiert, neue großzügige Schiebetüren eingebaut, Handelsflächen zu Büros umgewidmet, viele Fassadenteile erneuert. Auch das Beleuchtungskonzept wurde auf den neusten Stand gebracht. Die Frage, wann das Hanseviertel endgültig mit dem Umbau fertig ist, beantwortet Lars Sammann mit der Feststellung: „Einzelhandel und ein derart großer Immobilienkomplex sind nie wirklich fertig. Es ist eine stete Weiterentwicklung, um mit der Zeit zu gehen und ein attraktives Angebot für breite Zielgruppen zu realisieren. So werden wir auch bei dem Hanseviertel immer weiter verfahren.“

Für die Bestandsmieter bedeuten die Umbaumaßnahmen, dass sie mehrfach umziehen mussten. Aus Rücksicht auf sie will sich CBRE IM mit weiteren Modernisierungen laut Sammann Zeit lassen. Das Hanseviertel soll weiterhin für Mode und Schuhe, Einrichtung und Schreibwaren, Lebensmittel und Gastronomie stehen. Um auch an der Aufwertung der Umgebung mitzuwirken, hat sich das Hanseviertel drei Business Improvement Districts (BID) angeschlossen. „In Sachen Sauberkeit, Sicherheit, Aufenthaltsqualität und Veranstaltungen tut sich hier sehr viel“, so Sammann.