Lebensmittelhandel

Supermärkte wachsen stärker als Discounter

rv DÜSSELDORF. Der Lebensmittelhandel ist zweifellos einer der Gewinner der Corona-Krise. Doch innerhalb des deutschen Lebensmittelmarktes ist der Erfolg nicht gleichmäßig verteilt. Die Supermärkte, lange Zeit in der Rolle der Verlierer, haben im vergangenen Jahrzehnt stark aufgeholt.

In den 1980er- und den 1990er-Jahren wurden die klassischen Supermärkte zwischen den preisaggressiven und wachstumsstarken Discountern auf der einen Seite und den deutlich größeren Verbrauchermärkten und SB-Warenhäusern mit ihren vielfältigen Food- und Nonfood-Sortimenten auf der anderen Seite aufgerieben. Ihr Marktanteil ging kontinuierlich zurück. Vor allem die Discounter mit ihren überschaubaren Sortimenten aus Schnelldrehern auf kleinen Verkaufsflächen, die nicht durch das strenge Reglement von § 11,3 Baunutzungsverordnung (BauNVO) in ihrer Expansion begrenzt wurden, übernahmen hierzulande in vielen Wohnvierteln standardmäßig die Nahversorgung.

In diesem Umfeld konnte sich vor allem der Edeka-Verbund, der bei seinen Supermärkten auf die Stärke des zentralen Einkaufs durch die regionalen Großhandlungen setzte und in den Filialen auf das engagierte Unternehmertum der selbstständigen Kaufleute, durch ein systematisches Trading-up positiv hervortun. Angetrieben von zahlreichen Lebensmittelskandalen und personellen Veränderungen an der Unternehmensspitze setzten in den 2000er-Jahren auch Wettbewerber wie die Rewe Gruppe verstärkt auf die Aufwertung ihrer Verkaufsflächen und Sortimente – ein Trend, der durch die Finanzmarktkrise 2008/2009 nochmals verstärkt wurde.

Und auch die Zwangsmaßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie wirken derzeit als Wachstumstreiber für den deutschen Lebensmittelhandel, wie das EHI Retail Institute in Köln in seinem Dossiermit dem Schwerpunkt Lebensmittel-Discounter berichtet. Demnach hat zwar auch im Lebensmittelhandel die Frequenz nachgelassen, weil viele Bundesbürger weniger häufig einkaufen gingen, doch haben sie pro Einkauf deutlich mehr eingekauft. Dafür sprechen auch die vielen Berichte über Hamsterkäufe, die vor allem im ersten Shutdown beobachtet wurden.

„Davon haben vor allem die Anbieter mit großen Sortimenten profitiert, besonders die Supermärkte“, berichtet das EHI. Die einfacher ausgestatteten Discounter, die ausschließlich auf Selbstbedienung setzen und ein begrenztes Nonfood-Sortiment setzen und auch die Drogeriemärkte konnten zwar insgesamt auch am Wachstum des Marktes teilhaben, aber weniger stark.

Das zeigt der Zahlenvergleich. So ist der Umsatz der klassischen Supermärkte mit einer Verkaufsfläche zwischen 400 und 2 500 qm im vergangenen Jahr um 13,1% gewachsen und die großen Supermärkte, worunter das EHI Märkte mit 2 500 bis 5 000 qm versteht, um 11,8%. Nach anderen Definitionen werden unter den großen Supermärkten Verbrauchermärkte und SB-Warenhäuser mit großem Sortiment aus Nonfood-Artikeln verstanden.

Dagegen wuchsen die Lebensmittel-Discounter mit ihren Verkaufsflächen, die im Durchschnitt kleiner als 1 000 qm sind, im Schnitt um etwa 5,5% auf einen Gesamtumsatz von 78,7 Mrd. Euro. Allerdings setzen die Discounter im Wettbewerb mit den Supermärkten vermehrt auch auf größere Sortimente und mehr Convenience-Angebote (z.B. Sushi, frische Backwaren).

Insgesamt betrieben die Anbieter Aldi Süd und Aldi Nord, Lidl, Netto, Penny und Norma zum Stichtag 31. Dezember 2020 bundesweit 15 910 Filialen mit einer Verkaufsfläche von zusammen 12,84 Mio. qm. Wie das EHI weiter berichtet, haben sich die Discounter bei der Expansion eher zurückgehalten und stattdessen ihre bestehenden Filialen modernisiert und Standorte optimiert. Allerdings drängen Aldi und Lidl verstärkt zurück in die Innenstädte.

Mit einem Umsatz von 21,6 Mrd. Euro in 3 200 Filialen und einem Marktanteil von 27% stand Lidl 2020 hierzulande laut EHI-Dossier auf Platz eins im deutschen Lebensmittel-Discountmarkt. Aldi Süd und Aldi Nord erzielten in ihren rund 2 000 bzw. 2 200 Verkaufsstellen im Vorjahr 16,4 Mrd. bzw. 12,2 Mrd. Euro Umsatz. Die Discount-Vertriebslinien der genossenschaftlich organisierten Handelszentralen von Edeka mit Netto-Marken-Discount und Rewe mit Penny erzielten einen Umsatz von 14,55 Mrd. Euro in 4 200 Filialen bzw. von 8,05 Mrd. Euro in 2 200 Verkaufsstellen.