rv DÜSSELDORF. Schritt für Schritt „arbeitet“ sich das BF. Quartalsbarometer, das im dritten Quartal 2023 mit einem Indexwert von -20,22 den Tiefpunkt erreicht hatte, wieder aus dem „Tal der Tränen“ heraus. Exakt ein Jahr später hat sich der Wert nach vier Anstiegen in Folge von -15,30 auf -13,79% verbessert. Der Weg bis zum letzten positiven Wert von +1,61 – gemessen vor der Zinswende im dritten Quartal 2021 – könnte bei dem aktuellen Tempo allerdings noch lang sein.
Damit signalisiert das BF.Quartalsbarometer, das vierteljährlich die Stimmung der deutschen Immobilienfinanzierer und das Geschäftsklima in der Branche misst, im dritten Quartal aber immerhin, dass sich die Finanzierungsbedingungen aus dem Bereich „restriktive Kreditvergabe“ langsam in Richtung „eingeschränkte Finanzierungsbereitschaft“ bewegen. Ein „ausgeglichener Markt“ als Vorstufe zur „guten Finanzierungsbereitschaft“ ist bei einem Wert von null erreicht. Der bisherige Höchstwert des BF. Quartalsbarometers, das vom Analyseunternehmen Bulwiengesa im Auftrag des Spezialisten für die Finanzierung von Immobilienprojekten, BF.direkt AG, erstellt wird, war im ersten Quartal 2015 mit einem Wert von +8,11 gemessen worden. Dieser Wert lag damit im Bereich „gute Finanzierungsbereitschaft“.
Für Fabio Carrozza, Geschäftsführer der BF.Real Estate Finance GmbH, einer Tochter der BF.direkt, lässt aber auch dieser kleine Schritt schon einen klaren Aufwärtstrend erkennen. Positive Indikatoren dafür sind aus seiner Sicht das wieder anziehende Neugeschäft, größere Kreditvolumina und nicht mehr weiter steigende Liquiditätskosten, die für eine bessere Stimmung sorgen sowie sinkende Margen, die als Indikator für ein sinkendes Risiko gelten.
Dabei erkennt Prof. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung an der IREBS und wissenschaftlicher Berater des BF.Quartalsbarometers, aber auch ein widersprüchliches Gesamtbild, wenn er darauf hinweist, „dass der Barometerwert gestiegen ist, obwohl die Panelteilnehmer die Finanzierungsbedingungen insgesamt als schlechter wahrnehmen als im Vorquartal“. In Zahlen bedeutet dies, dass die Mehrheit der befragten 110 Experten (72,7%) die aktuelle Lage am Finanzierungsmarkt noch restriktiver einschätzen als im zweiten Quartal. Damals lag der Wert um 5,3 Prozentpunkte niedriger. Für weniger als ein Drittel waren die Bedingungen unverändert, aber für niemanden verbessert.
Gründe dafür sind die schwierige Marktlage bei einem verhaltenen Transaktionsmarkt, das anspruchsvolle Zinsumfeld, die hohen Baukosten und die hohen Ansprüche der risikoaversen Finanzierungsbranche an die Kreditnehmer. In diesem Kontext spricht Sebastian von einem „stagnierenden Markt mit leichten Aufwärtstendenzen“. Oder anders formuliert: Zwar bleibe das Umfeld weiterhin schwierig, aber die Akteure würden mit den Bedingungen inzwischen immer besser zurechtkommen.
Kreditvolumina werden wieder etwas größer
Zu den Impulsen, die sich im dritten Quartal positiv auf den Barometerwert ausgewirkt haben, gehört, dass mit 21,2% der Befragten mehr Umfrageteilnehmer von einem unveränderten oder neuerdings ansteigendem Neugeschäft (inklusive Prolongationen) berichten konnten. Das waren 3,8 Prozentpunkte mehr als im Vorquartal. Bei 36,3% der Experten (-2,7 Prozentpunkte) war das Neugeschäft unverändert bis neuerdings auch rückläufig, und bei 42,4% (-1,1 Prozentpunkte) blieb es gleich.
Allerdings zeigte sich im dritten Quartal laut Umfrage auch, dass die Kreditvolumina wieder etwas größer werden. So hat sich das durchschnittliche Einzelgeschäft bei 18,8% der Befragten (+7,6 Prozentpunkte) auf eine Spanne von 50 Mio. bis 100 Mio. Euro erhöht. Gleichzeitig gingen die Kreditvolumina mit weniger als 10 Mio. Euro um 8,3 Prozentpunkte auf 40,6% zurück.
Ein gutes Zeichen ist auch, dass die Durchschnittsmargen für die Bestandsfinanzierung über alle Nutzungsarten hinweg laut BF.direkt deutlich von 246 Basispunkten im zweiten Quartal auf aktuell 217 Basispunkte im dritten Quartal gesunken sind und bei der Finanzierung von Projektentwicklungen von 336 auf 312 Basispunkte. Auch dass die Refinanzierungsaufschläge nicht weiter gestiegen sind, hat sich positiv auf das Quartalsbarometer ausgewirkt. So beobachten 72,4% der Befragten (+16 Prozentpunkte) eine „Stagnation“ und jeweils 13,8% „steigende“ (-17 Prozentpunkte) bzw. „sinkende“ Liquiditätskosten (+1 Prozentpunkte). Das heißt, es ist schon ein Erfolg, dass es nicht schlechter geworden ist.
Insgesamt fasst Professor Sebastian die Gemengelage vor diesem Hintergrund unter der Überschrift zusammen, dass das Schlimmste vorbei ist. Dafür spricht aus seiner Sicht, dass sich die privaten Haushalte offenbar an das neue Zinsniveau gewöhnt haben und wieder Interesse am Immobilienerwerb zeigen. Auch bei institutionellen Investoren registriert er Neugier bei diesem Thema, doch würden die meisten großen Anleger bisher noch abwarten: „Die Preise für Immobilien in den attraktiven Städten fallen nicht mehr, sondern bewegen sich seitwärts“, zählt er auf. Und wie es jetzt weiter geht, hängt davon ab, wie sich Inflation und die Zinsen weiterentwickeln.
Dabei ist der Professor bei der künftigen Entwicklung der Inflation nicht so optimistisch wie viele, die nach dem niedrigen Wert von zuletzt 1,9% in Deutschland schon glauben, dass das Schlimmste überwunden ist. Leider sei dies vor allem ein kurzfristiger Effekt auf Grund der gesunkenen Energiekosten. Tatsächlich geht er davon aus, dass die Inflation in den nächsten Monaten wieder anziehen wird. Dafür sprächen die Lohn- und Preisentwicklungen in vielen Sektoren. Der mittelfristige Ausblick ist laut Sebastian erfreulicherweise deutlich besser. Denn bereits 2026 erwarte die EZB einen Rückgang der Inflation auf den angestrebten Wert von 2,0%.