Für den Nonfood-Handel und die Shopping-Center war die Pandemie mit ihren massiven Einschränkungen ein Ereignis, das die Welt in eine Vor- und eine Nach-Corona-Zeit eingeteilt hat, wobei das Vor-Coronajahr 2019 als Benchmark gilt, an dem gemessen wird, inwieweit die Normalität wieder erreicht wurde. Dabei stellen sinkende Mieten, weniger Frequenz und mehr Leerstand das Centermanagement der Einkaufszentren bei der Rückkehr zur Normalität vor Herausforderungen, wie das EHI-Whitepaper „Centermanagement im Fokus 2024“ zeigt.
So zeigt der Blick auf die aktuellen Zahlen nach den Worten von Studienautorin und Expertin für Handelsimmobilien beim EHI Retail Institute in Kön, Lena Knopf, welche unterschiedlichen Entwicklungslinien sich bei den Shopping-Center-Typen zu Jahresbeginn 2024 abzeichnen. Befragt wurden im Januar dieses Jahres per Online-Fragebogen Vertreter (Centermanager) von 131 der insgesamt gut 500 deutschen Einkaufszentren mit mehr als 10 000 qm – also Repräsentanten von etwa einem Viertel des hiesigen Center-Bestands.
Ein zentrales Thema beim Status quo des deutschen Center-Markts ist die Entwicklung der Mieteinnahmen (ohne Nebenkosten), die bei 63% der Befragten zwischen dem Corona-Jahr 2021 und dem Nach-Corona-Jahr 2023 gesunken sind. Der Grund war laut EHI-Whitepaper „Centermanagement im Fokus 2024“ zum einen, dass Nachvermietungen an den Einzelhandel in den für den Nonfood-Handel schwierigen Pandemie-Zeiten nur zu geringerer Miete gelang und zum anderen, dass Einzelhändler Mietnachlässe bei bestehenden Verträgen erhalten haben. Hintergrund dieser Entwicklung ist, dass im Rahmen der Zwangsschließungen zur Pandemie-Bekämpfung Vermieter und Mieter Mietnachlässe vereinbart haben, damit die Mieter die finanzielle Last nicht allein tragen mussten.
Eine positive Ausnahme bilden die nach 2010 erbauten Center. Hier verzeichneten immerhin 37% gestiegene Mieteinnahmen, 32% stabile und 32% rückläufige Mieteinnahmen. Allerdings spielt auch die Größe eine Rolle, denn die großen Einkaufszentren mit 30 000 bis 40 000 qm schnitten in punkto Mieteinnahmen am schlechtesten ab, weil hier nur 9 – 10% der Befragten steigende Mieteinnahmen verzeichneten, während bei Centern mit 10 000 bis 20 000 qm Einzelhandelsfläche der Anteil der Objekte mit gestiegenen Mieteinnahmen mit 20 bis 28% am größten war und der mit nachgebenden Mieteinnahmen relativ gesehen am geringsten ausfiel.
Über alle Größen und Altersklassen hinweg berichteten aber auch 22% der Befragten von stabilen und 15% sogar von gestiegenen Mieteinnahmen – meist allerdings auf Grund von Indexerhöhungen. Dabei sind „Basismieten plus Umsatzmietanteil“ in 80% der Center immer noch die Klassiker und die durchschnittliche Laufzeit bei Mietverträgen im Nonfood-Handel beträgt laut Whitepaper zwischen 5 und 10 Jahren – in selteneren Fällen auch 3 bis 5 Jahre – und im Lebensmittelhandel, der von der Pandemie sogar profitierte, von zehn Jahren an aufwärts.
Steigende Mieteinnahmen durch Indexerhöhungen
Als Folge der Corona-Pandemie verzeichnete die Mehrheit der Center-Befragten (54%) gemessen am Vor-Corona-Jahr 2019 auch immer noch niedrigere Besucherzahlen – meist gemessen über Video-, Licht- oder Lasertechnik, knapp ein Drittel (30%) konnte das Niveau halten und 16% sogar mehr Kunden in ihren Malls zählen. Etwas ausgeglichen wird dieser Trend durch die positive Entwicklung bei den Einzelhandelsumsätzen der Mieter, die bei 35% „über oder sogar deutlich über“ dem Niveau von 2019 liegen und bei 29% auf einem ähnlichen Niveau wie damals gehalten werden konnten. Zum einen deckt sich das mit früheren Beobachtungen, wonach die Konsumenten zielgerichteter einkaufen und zum andern liegt es an den relativ hohen Inflationsraten, so dass die Erlöse nur nominal, aber nicht real gesteigert werden konnten.
Dass das Vermietungsgeschäft im Shopping-Center-Markt zum Teil noch schleppend verläuft, lässt sich auch daran ablesen, dass der Anteil der Einkaufszentren mit mehr als 5% Leerstand von 19% im Vor-Corona-Jahr auf 44% Anfang 2024 gestiegen ist. Deutlich mehr als die Hälfte (57%) berichtet von einem Leerstand von „bis zu 5%“, während der Anteil der Center mit nur bis zu 3% Leerstand von 66% im Jahr 2019 auf 34% gesunken ist.
Die Zahlen machen aber auch deutlich, dass es ungeachtet der schwierigen Marktlage auch immer noch Einkaufszentren und Geschäftsmodelle gibt, die weiterhin gut funktionieren. Vor diesem Hintergrund sind sich die befragten Centermanager des herausfordernden Umfelds, in dem sie sich bewegen, laut Whitepaper zwar bewusst, haben aber nicht die Zuversicht verloren und „eine realistische Erwartungshaltung aufgebaut“. Nur 12% der Befragten sind „eher unzufrieden“ oder „sehr unzufrieden“. Der Grund für die Zuversicht: Es gibt viele Möglichkeiten – Services, Events und Kooperationen – das Geschäft wiederzubeleben.
Veranstaltungen für die Kundenbindung
Mit Blick auf die Tatsache, dass viele Kunden im Zeitalter der Digitalisierung und im Rahmen ihrer „Customer Journey“ den Center-Besuch meist vorbereiten, indem sie sich über das (gewünschte) Angebot informieren, haben fast alle (98%) der Center heute eine eigene Homepage und auch Postings bei Social Media (95%) gehören zum Tagesgeschäft. Zudem wird die Sicherheit bei 91% der Centermanager großgeschrieben. Die Attacke auf Besucher im Olympa Einkaufszentrum in München vor einigen Jahren zeigt, wie wichtig das Thema ist. Zu den wichtigen Services gehören auch kostenloses WLAN (78%, Centergutscheine (76%) und auch Desinfektionsspender (69%).
Ein zentrales Thema für die Kundenbindung – das zeigen auch die diversen Umfragen für die Innenstädte – sind Veranstaltungen. So ist auch das Gros (94%) der befragten Center-Manager der Ansicht, dass die meisten Einkaufszentren ihre Events so professionell an ihrer Zielgruppe ausrichten, dass sie auch gut angenommen werden. Allerdings wünschen sich viele dabei mehr Unterstützung durch die Städte, denn nur 43% stimmten der Aussage zu, dass die Städte sehr konstruktiv zusammenarbeiten – 29% stimmen dem eher nicht zu. Und auch nur 46% stimmten der Aussage zu, dass die Mieter bei Events aktiv und konstruktiv an Bord sind. Uneinig sind sich die Vertreter der Center zudem bei der Frage, ob viele kleine Events besser sind oder einige wenige spektakuläre Aktionen.
Unbestritten ist unter den befragten Centermanager aber, dass Weihnachten und Ostern (93%) wichtige und erfolgversprechende Anlässe für Veranstaltungen in Einkaufszentren sind, genauso wie „Spiel und Spaß“ (73%) für Kinder und Familien. Weitere Schwerpunktthemen, die für Events gut geeignet sind, sind laut Whitepaper Wettbewerbe und Gewinnmöglichkeiten (48%), Spendensammeln für einen guten Zweck (39%) oder Lernen und Mitmachen (34%). „Viele weitere Schwerpunktsetzungen sind möglich“, heißt es im EHI-Whitepaper, „aber keine Selbstläufer und immer sehr von den Rahmenbedingungen und der tatsächlichen Ausgestaltung abhängig.“
Wichtig sind auch Freizeitnutzungen und öffentliche Einrichtungen, die in den vergangenen Jahren vermehrt in Einkaufszentren angesiedelt wurden. Stichwort: Mischnutzung. In diesem Kontext verfügt inzwischen jedes Dritte Einkaufszentrum über ein Fitness-Studio (33%), gefolgt von Indoor-Spielplätzen (25%), Selfie-Interaktionen (18%), Angebote für Wellness (11%) und Kinos/Theater (10%). Zu erwähnen sind aber auch noch Sport- und Musikschulen, Bürgerbüros und Büchereien mit jeweils 8%.
Die meisten Mischnutzungen sind überaus beliebt
„Die meisten Mischnutzungen sind überaus beliebt und werden als Bereicherung für den Nutzungsmix angesehen“, heißt es im Whitepaper, allerdings mit einer Einschränkung: „Etwas Skepsis besteht noch gegenüber Kitas.“ Diese Erkenntnis über die Bedeutung weiterer Nutzungen ist wichtig, denn für jedes dritte Einkaufszentrum ist die Komprimierung der Handelsfläche ein zentrales Thema oder sie wurde bereits vollzogen. Als Beimischung vor allem gefragt: Angebote für Freizeit und Gesundheit. So sind laut Whitepaper – neben den obligatorischen Büros (64%) – in etwa der Hälfte der Shopping-Center Gesundheitsangebote (53%) zur festen Säule geworden. Freizeit/Entertainment/Sport sind inzwischen in 37% der Center vertreten, Wohnungen in 21% und öffentliche Einrichtungen in 16%. Dagegen sind Hotels mit 9% in der Center-Szene unterrepräsentiert und bei Kitas (9%) gibt es ja noch Skepsis.
Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass Einzelhandel und Shopping in Einkaufszentren das vorherrschende Thema auf der Fläche bleiben werden – auch wenn es leichte Verschiebungen gibt. Deshalb ist auch die Frage entscheidend, welche der zusätzlichen Nutzungen dem Einzelhandel die größten Synergieeffekte bringen, wer für zusätzliche Frequenz im Handel sorgt. Hier sehen die befragten Centermanager die Gastronomie mit 96% Zustimmung unbestritten an der Spitze. Sie sei aus den Centern nicht wegzudenken. Es folgen das erwähnte Gesundheitswesen/die Arztpraxen (87%), Freizeit/Entertainment/Sport (85%), Büros (81%), öffentliche Einrichtungen (77%), Wohnungen (69%), Hotels (39%) sowie Kitas und Schulen mit nur 22%. Eher negative Effekte sehen hier 36%.
Etwa ein Fünftel der deutschen Shopping-Center (21%) beherbergen inzwischen auf 11 bis 20% ihrer Flächen andere Nutzer, bei einigen sind es auch mehr, aber bei den meisten (46%) sind es bislang nur bis zu 10% der Mietfläche.