Das Interview

Stabile Nachfrage bei hohen Preisen

Martin Führlein. Foto: GRR

Andreas Freier. Foto: GRR

Gespräch mit Martin Führlein (links) und Andreas Freier (rechts), Vorstände der GRR AG und Geschäftsführer der GRR Real Estate Management (REM), über die Neustrukturierung der Gruppe, die Konkurrenz durch Privatinvestoren, das Wertsteigerungs-Potenzial von Bestandsobjekten, das Wachstumspotenzial von Individualmandaten und die Immobilienkonjunktur 2020.

Handelsimmobilien Report: Die 100 Tage seit der Neustrukturierung der GRR-Geschäftsführung Mitte März sind zwar schon abgelaufen. Dennoch die Frage: Welche Bilanz können Sie für die vergangenen Monate ziehen?

Martin Führlein: Die vergangenen Monate waren für die GRR sehr erfolgreich. Wir konnten den GRR German Retail Fund No.2 vollständig investieren. Momentan läuft die letzte große Transaktion, mit der wir den GRR Fund No.3 erfolgreich abschließen. Diesen Fonds haben wir in weniger als zwei Jahren aufgelegt und vollständig investiert; bei den ersten beiden GRR Fonds haben wir dafür mehrere Jahre gebraucht. Erfreulich ist zudem, dass wir im Unternehmen ein neues Bewusstsein haben. Am meisten freut mich, dass wir die im Vorjahr erhöhte Fluktuation bei den Mitarbeitern stoppen und neue Mitarbeiter hinzugewinnen konnten. Unser Team ist auf über 60 Köpfe gewachsen, mit denen wir die GRR gemeinsam weiter entwickeln werden.

HIR:Eine Wende in der GRR-Strategie wurde ja im Grunde schon 2018 mit Übernahme des Benchmall-Portfolios mit 42 Objekten im August und einem Portfolio mit sieben Objekten im Dezember eingeleitet. Was führte zu diesem Sinneswandel?

Führlein: Es sind mehrere Faktoren. Wir legen zum einen verstärkt Wert darauf, in den von uns initiierten Fonds einen schnellen Kapitalabruf zugunsten der Investoren sicherzustellen. Das hat auf die Gesamtperformance einen erheblichen Einfluss. Zum anderen konkurrieren wir bei Einzelobjekten häufig mit Privatinvestoren, die nur die laufende Cash-flow-Rendite sehen und dann „Basic Retail“ mit Wohnen vergleichen. Für diese Investoren ist bei den heutigen Zinsen ein Faktor von 20 Jahresnetto-Kaltmieten noch attraktiv, während sich das für uns in den Fonds nicht mehr vernünftig rechnet. Bei Portfolio-Transaktionen konkurrieren wir dagegen mit Profis, die rechnen wie wir. Und schlussendlich: Weil wir es jetzt können. Wir haben mit Andreas Freier 2017 einen erfahrenen Leiter für das Transaktionsgeschäft gewonnen. Diese Kompetenz haben wir für solche große Abschlüsse gebraucht.

HIR:Herr Freier, von den Lebensmittelmärkten des Benchmall-Portfolios sind viele in den neuen Bundesländern. Welches Wertsteigerungspotenzial sehen Sie?

Andreas Freier: Grundsätzlich ist es unerheblich, ob die Lebensmittelmärkte in den neuen oder alten Bundesländern stehen. Entscheidend ist stets, ob die Zahl der Kunden im Einzugsgebiet und die Frequenz am Standort stimmen. Passt dies, bleiben die Mieter am Standort und wollen aktuell ihre Flächen meist modernisieren und vergrößern. Wir legen bei der Objektauswahl großen Wert auf die Standortqualität und das Potenzial des Objekts. Alleine im Startportfolio unseres dritten Fonds setzen wir aktuell 18 Erweiterungsprojekte um – das ist fast die Hälfte der angekauften 42 Immobilien. Betrachtet man die Gesamtinvestition in dieses Portfolio, senken die Erweiterungsprojekte den Ankaufsfaktor um circa eine halbe Jahresmiete. Das Potenzial für unsere Investoren ist daher groß.

HIR: Sie haben zuletzt drei Fachmarkt- und Nahversorgungszentren für das Individualmandat eines berufsständischen Versorgungswerk erworben. Welche Rolle spielen solche Individualmandate in der Strategie der GRR?

Führlein: Wir sehen Individualmandate als strategische Weiterentwicklung unseres Geschäfts an. Das ist ein großer Vertrauensbeweis, quasi ein „Ritterschlag“ für jeden institutionellen Asset Manager. Viele unserer Kunden investieren jährlich wiederkehrend in unserem Segment Beträge von mehr als 30 Mio. Euro. Da liegt ein Individualmandat nahe, das sich mit Fremdkapital-Einsatz in drei Jahren auf circa 150 Mio. Euro ausbauen lässt. Auch auf Unvorhergesehenes beim Investor wie etwa Kapitalbedarf oder auf einen Strategiewechsel lässt sich so individuell und schnell reagieren. Wir sehen hier für uns noch ein großes Wachstumspotenzial.

HIR: Wie sieht Ihre Pipeline für die letzten Monate 2019 und das Jahr 2020 aus?

Freier: Wir werden in den letzten Wochen für rund 180 Mio. Euro Objekte beurkunden. Für das nächste Jahr peilen wir erneut ein Transaktionsvolumen von über 200 Mio. Euro an, sofern uns ausreichend Objekte in der notwendigen Qualität angeboten werden. Bei der Objektsuche zahlt sich aus, dass wir im Markt für Basic-Retail-Objekte als verlässlicher Verhandlungspartner bekannt sind.

HIR:Wie beurteilen Sie die Preisentwicklung im Kontext des langen Immobilien-Booms? Welche Chancen gibt es dennoch, gute Renditen zu erzielen?

Freier: Die Preise bewegen sich derzeit eher seitwärts auf historisch hohem Niveau. Wahrnehmbar ist, dass die angebotene Qualität teilweise stark differiert. Zum Teil sind Objekte und Portfolien im Markt, bei denen in den vergangenen Jahren kaum etwas gemacht wurde. Wir prüfen daher sehr genau. Besteht die Möglichkeit, Objekte gezielt aufzuwerten, nehmen wir dies natürlich auch im Sinne unserer Mieter wahr. Gerade in solchen Fällen wie auch im Bestand zahlt es sich dann aus, bei den Mietern im Lebensmitteleinzelhandel als verlässlicher Partner im Asset und Property Management bekannt zu sein. Davon profitieren die Mieter und ihre Objekte ebenso wie die Investoren, wenn selbst im aktuellen Marktumfeld so gute Wertsteigerungen für die Fonds erzielt werden.

HIR:Das Engagement im Markt mit überwiegend kleinteiligen Lebensmittelmärkten / Discountern ist zweifellos nicht Sache der großen Anleger. Wie sieht es mit der Wettbewerbssituation aus?

Freier: Sie haben sicherlich Recht, was die Direktanlage betrifft. Hier sind kaum große institutionelle Direktinvestoren aktiv, da Lebensmittelmärkte ein spezialisiertes und personalintensives Asset und Property Management benötigen. Gekauft werden die Objekte auf Grund ihrer Kleinteiligkeit vor allem von Asset Managern, die die Bestände dann für indirekt investierende Großanleger verwalten. Diese Arbeitsteilung ist sinnvoll, da sich unser Segment des „Basic Retail“ gerade in der aktuellen Niedrigzinsphase ideal für institutionelle Anleger eignet: die Cash-flows der zumeist langfristigen Mietverträge sind angesichts der sehr guten Bonität der Ankermieter gesichert und die Kleinteiligkeit der Objekte ermöglicht eine hohe geographische und inhaltliche Diversifikation.

HIR:Die GRR Group mit der GRR Real Estate Management als operativem Arm hatte in der Vergangenheit das Ziel formuliert, bei den Assets under Management in den nächsten zwei bis drei Jahren die 2 Mrd. Euro Marke zu erreichen. Derzeit sind es 410 Objekte im Wert von etwa 1,5 Mrd. Euro. Halten Sie an dem Ziel fest?

Führlein: Wir rechnen damit, die Marke von 2 Mrd. Euro im Jahr 2021 zu erreichen, zum Jahreswechsel 2019/20 werden es wohl circa 1,7 Mrd. Euro sein. Wir setzen uns mit dieser Zahl aber nicht unter Erfolgszwang. Im Ankauf gilt bei allem Bemühen um Geschwindigkeit der Grundsatz „quality first“.

HIR:Wie sieht es mit der GRR AG aus, die gegründet wurde, um einen Eigenbestand im Volumen von ein bis zwei Milliarden Euro aufzubauen. Gibt es hier Pläne?

Führlein: Das Eigenportfolio der GRR AG ist weiterhin circa 200 Mio. Euro groß und wir sind froh, dass wir es als Stabilitätsanker unserer finanziellen Planungen haben. Wir haben in den vergangenen Jahren die sinkenden Zinsen stetig für langfristige Neufinanzierungen genutzt und uns so auch erheblichen Spielraum für Investitionen geschaffen. Der Ankaufsfokus liegt dabei allerdings eher im Value Add Bereich, für den wir uns mit unserer Abteilung Project Management gut gerüstet sehen. Solche Objekte werden wir sowohl im Sinne unserer Mieter als auch unserer Anteilseigner weiterentwickeln und entsprechend Werte heben. Hier werden wir im Vergleich zu früheren Jahren den Bestand deutlich aktiver managen.

HIR:Wie beurteilen Sie die weitere Entwicklung der Immobilien-Konjunktur 2020?

Freier: Wir rechnen vor dem Hintergrund der aktuellen geldpolitischen Situation – also anhaltenden Niedrigzinsen sowie hohen Zuflüssen bei den Kapital-Sammelstellen wie Versicherungen und Pensionskassen – mit weiterhin stabiler Nachfrage bei entsprechend hohen Preisen. Das gilt für Gewerbeimmobilien allgemein wie auch im Besonderen gerade für Cash-flow-orientierte Basic-Retail-Immobilien. Für Investoren bleibt dieses Segment damit weiterhin hoch attraktiv.