Geschäfts- und Konsumklima 2021

Skeptischer Blick auf die Konjunktur

Die Bundesbürger sind etwas verunsichert. Foto: BBE/Krägenau

rv DÜSSELDORF. Wenige Wochen vor der Bundestagswahl am 26. September befindet sich die deutsche Wirtschaft in einem Schwebezustand. Der Ausgang der Wahl und die Farben der künftigen Bundesregierung – ob Ampel-, Deutschland- oder Jamaika-Koalition – sind völlig offen. In diesem Umfeld hat sich die Stimmung bei den deutschen Unternehmern und bei den Konsumenten leicht eingetrübt. Beim Ifo-Geschäftsklima und beim GfK-Konsumklima zeigte vor allem die nachlassende Zuversicht beim Blick auf die konjunkturelle Entwicklung Wirkung.

Dabei dürfte die Ungewissheit über die künftige Regierung in einem für Deutschland schwierigen Umfeld mit vielen Krisen eine maßgebliche Rolle spielen. Mit dem schleppenden Impffortschritt und den steigenden Infektionsraten durch die Delta-Variante blicken die Unternehmen laut Ifo Institut denn auch weniger optimistisch auf die Herbst- und Wintermonate, in der Furcht, dass zu hohe Infektionszahlen wieder Beschränkungen nach sich ziehen könnten.

Mit Blick auf den langen Shutdown zu Jahresbeginn überrascht es nicht, dass insbesondere das Gastgewerbe und die Unternehmen der Tourismus-Branche mit wachsender Sorge auf die nächsten Monate blicken, aus Furcht, es könnte wieder zu Beschränkungen kommen. Aber auch die Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe hat sich merklich eingetrübt. Vor diesem Hintergrund ist der Index des Ifo-Geschäftsklimas im August erneut gesunken, von 100,7 Punkten im Juli auf 99,4 Punkte.

Positiv ins Gewicht fällt im Dienstleistungssektor, dass Gastronomen und andere Betriebe der Tourismusbranche die aktuelle Lage noch deutlich besser beurteilten als im Juli. Nach dem langen Lockdown ist das Interesse der Bundesbürger, Cafés und Restaurants zu besuchen, groß und wird durch die Jahreszeit begünstigt.

Auch im Handel – insbesondere im Einzelhandel – ist der Blick auf die Herbst- und Winter-Monate von Sorgen geprägt, sodass der Index auch hier gesunken ist. Hinzu kommt, dass die Branche auch mit der aktuellen Geschäftslage unzufriedener ist.

Im Verarbeitenden Gewerbe hat laut Ifo-Institut einerseits die eingetrübte Einschätzung zur aktuellen Lage dazu geführt, dass sich das Geschäftsklima verschlechtert hat. Andererseits erlitt auch der Ausblick auf die nächsten Monate einen deutlichen Rückschlag. „Der Erwartungsindikator fiel auf den niedrigsten Stand seit November 2020“, schreibt das Ifo-Institut. Die Unternehmen registrierten auch bei der Nachfrage eine Abschwächung. Zufrieden ist dagegen das Bauhauptgewerbe sowohl mit den laufenden Geschäften als auch beim Blick auf die den nächsten Monate.

In diesem Umfeld machen sich die Bundesbürger zwar keine Sorgen um ihre finanzielle Lage – sprich: die Einkommenserwartungen sind laut GfK im August um 1,5 Punkte auf 30,5 Punkte gestiegen –, doch machen sie sich Sorgen um den weiteren Verlauf der Konjunktur und wollen sich offenbar beim Geldausgeben etwas zurückhalten. Jedenfalls sind die Teilindikatoren des Konsumklimas, die Konjunkturerwartung und die Anschaffungsneigung, im August gesunken, bei der Konjunkturerwartung um 13,8 Zähler auf 40,8 Punkte und bei der Anschaffungsneigung um 4,5 Zähler auf 10,3 Punkte.

Verunsicherung bei den Konsumenten

„Deutlich steigende Inzidenzen, ein Nachlassen der Impfdynamik sowie die Diskussionen darüber, wie künftig mit ungeimpften Personen umgegangen werden soll, haben die Konsumenten spürbar verunsichert“, konstatiert Rolf Bürkl, Konsumexperte der GfK. Auch bei den Bundesbürgern ist demnach die Furcht, dass die Beschränkungen wieder verschärft werden, groß. Das drückt auf die Kauflaune.

Ein weiteres Thema ist die zuletzt rasant gestiegene Inflationsrate von 3,9% im August. Eine höhere Inflationsrate gab es laut GfK mit 4,3% zuletzt im Dezember 1993. Das Problem im Jahr 2021 ist aber die seit Jahren anhaltende Niedrigzinsphase durch die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB), sodass die privaten Haushalte die deutliche Preissteigerung laut Bürkl als noch bedrohlicher für ihre Kaufkraft empfinden. Auch das drückt die Konsumneigung. „Trotz gut gefüllter Portemonnaies ist die Konsumlaune noch verhalten“, schreibt die GfK deshalb in ihrem Bericht: Ein ungetrübtes Einkaufserlebnis sei auch angesichts von Maskenpflicht und Abstandsregeln nach wie vor nicht möglich.

Begleitet wird diese Entwicklung durch die Tatsache, dass sich auch der Nachholbedarf, der sich bei den Bundesbürgern im Zuge der monatelangen Zwangsschließungen aufgebaut hatte, allmählich abgebaut hat. „Nach dem Ende des Lockdowns wollten die Verbraucher laut GfK-Daten vor allem in den Bereichen Mode, Gastronomie, Reisen, Veranstaltungen sowie Beauty und Fitness tendenziell noch mehr Geld ausgeben als zuvor“, berichten die Experten.

Anfang Juli zeichneten die GfK-Daten dagegen ein anderes Bild. Nur noch für Reisen und Veranstaltungen werden Mehrausgaben geplant. Das bezieht sich demnach auf Produktkategorien, bei denen die Pläne oder Buchungen längerfristig angelegt sind. „Für Produktkategorien, in denen ein Kauf kurzfristiger entschieden wird, wie Mode, Gastronomie, Beauty und Fitness, planen Verbraucher dagegen nur stagnierende oder gar rückläufige Ausgaben“, wie die GfK weiter schreibt.

Laut Petra Süptitz, Expertin im Bereich Consumer Insights bei GfK, ist das Bild aber nicht einheitlich, da jede Produktkategorie ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten folgt. Im Bereich Mode war der Verkauf demnach immer dann rückläufig, wenn die stationären Geschäfte geschlossen waren und erholte sich, sobald die Läden wieder öffnen durften. „Die Verbraucher haben also während des Lockdowns nicht einfach ihre Käufe auf den Online-Handel umgelegt – sie haben weniger gekauft“, schlussfolgern die Forscher: „Gleichzeitig sank der Umsatz im Online-Fashionhandel, sobald dank sinkender Inzidenzwerte das Einkaufen im Ladengeschäft möglich war.“

Der stationäre Modehandel punktet mit persönlicher Beratung

Für die GfK-Mode-Expertin, Petra Mücke, zeigt dies, dass der stationäre Handel in dieser Branche „eine herausragende Rolle“ spielt, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Geschäfte vor Ort persönliche Beratung bieten und die Bekleidung anprobiert werden kann. Allerdings kann die Branche die Umsatzverluste durch zwei ausgefallene Osterfeste 2020 und 2021 und ein ausgefallenes Weihnachtsfest 2020 nicht mehr aufholen. Allein im ersten Quartal 2021 erzielte der Mode-Handel laut GfK 3 Mrd. Euro weniger Umsatz als im Vorjahreszeitraum.

Bei der klassischen weißen Ware und anderen Haushaltskleingeräten lagen die Erlöse 2021 dagegen über denen von 2019 und 2020 und eine Marktsättigung ist noch nicht abzusehen. So lag der Umsatz mit Elektrogroßgeräten im ersten Halbjahr 2021 um 8,5% über dem Vorjahreszeitraum, wie Markus Wagenhäuser, Marktexperte für Elektrogroßgeräte bei GfK, berichtet. Treiber des Trends ist die Lust vieler Bundesbürger (40%), zu Hause zu kochen.

„Interessant ist dabei“, wie GfK berichtet, „dass bei Haushaltsgroßgeräten der Onlinehandel während der Lockdown-Monate Januar und Februar noch stark zugelegt hatte, der stationäre Handel nach Ende des Lockdowns aber wieder deutlich aufholen konnte.“ Allerdings ist sein Marktanteil inzwischen niedriger als vor der Pandemie. Hilfreich für den stationären Handel ist, dass Küchengeräte, die mit dem Ende der Lockdowns einen Aufschwung erlebten, seltener online gekauft werden, da ein wesentlicher Teil der Einbaugeräte zusammen mit einer Küche gekauft wird.