Shoes Düsseldorf 2024

Reden wir nicht über das Wetter

Foto: Igedo Exhibitions

Auch wenn die Vertreter von Schuhindustrie und Schuheinzelhandel einen ungünstigen Geschäftsverlauf nicht immer auf das Wetter schieben wollen, so haben die speziellen Wetterkapriolen in diesem Jahr der Branche doch einiges abverlangt. Hinzu kommen der Anstieg der Lebenshaltungskosten seit 2020, der an der Kaufkraft und an der Kauflaune zehrt sowie die schwächelnde Konjunktur in Deutschland.

So waren sich Carl-August Seibel, Vorsitzender des Bundesverbands der Schuh- und Lederwarenindustrie und Ralf Pangels, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Textil, Schuhe, Lederwaren (BTE) bei ihrer Presse-Konferenz zur Schuhmesse Shoes Düsseldorf 2024 im Areal Böhler einig, dass die Zeiten aktuell herausfordernd sind – und im zweiten Halbjahr für die Branchen auch erst einmal bleiben dürften. Nach einem guten Start im Januar und milden Temperaturen im Februar, März und April, die der Schuhbranche schon ein lebhaftes Vor-Sommer-Geschäft mit einem Plus von 14% bescherten, fielen die für das eigentliche Sommergeschäft wichtigen Monate Mai und Juni mehr oder weniger ins Wasser und der Warenverkauf drehte ins Negative.

Vor diesem Hintergrund war das ansonsten für die Mode-Branche recht spannende Thema „schnelle Nachorder von Schnelldrehern“ laut Pangels in diesem Jahr gar nicht erst relevant. Nach dem verregneten Mai/Juni ging es vor allem darum, die warmen Tage im Juli, August und September zu nutzen, um Warenbestände abzubauen. Gleichzeitig ist der aktuelle Spätsommer mit Temperaturen von über 30 Grad nicht gerade ideal für die anlaufende Herbstsaison mit wärmeren Schuhen.

Hinzu kommt, dass die schwächelnde Konjunktur und der schwächelnde Konsum gerade nicht die Freunde der Schuhbranche sind wie Seibel weiter aufzählt, und die Regierung in Berlin nicht gerade eine wirtschaftsfreundliche Politik macht. In diesem Umfeld hat die deutsche Schuhindustrie nach den Worten von Manfred Junkert, Hauptgeschäftsführer des HDS/L Bundesverbands der Schuh- und Lederwarenindustrie, im ersten Halbjahr mit 1,15 Mrd. Euro den Umsatz des Vorjahreszeitraums von 1,17 Mrd. Euro um 1,7% verfehlt. Allerdings konnte das Vor-Corona-Niveau von 2019 wertmäßig wieder erreicht werden.

Das hat der Schuheinzelhandel nach Pangels Worten noch nicht wieder erreicht. Hier liegen die Erlöse im Schnitt noch um etwa 2% unter dem Vor-Corona-Niveau. Mit Blick auf das verregnete und von Kaufzurückhaltung geprägte Sommergeschäft bezeichneten nach einer Umfrage des BTE denn auch nur 16% der Befragten ihr Geschäft als „gut“, 43% als „befriedigend“ und 41% als „schlecht“. Und der BTE-Hauptgeschäftsführer geht davon aus, dass die Lage für die Branche auch im zweiten Halbjahr herausfordernd bleiben wird.

Eckpreislagen sind deutlich gesunken

Ein wesentliches Thema beim Schuhverkauf in der aktuellen Wirtschaftslage ist laut Seibel dass sich die Eckpreislagen derzeit bei durchschnittlich 99,99 Euro eingependelt haben, ein Trend, der aus seiner Sicht Verbrauchergetrieben ist, weil sie wegen der gestiegenen Lebenshaltungskosten nicht mehr Geld ausgeben können. Deshalb hat die Industrie diese Preislage verstärkt, obwohl die Branche laut Seibel höhere Preise braucht. Die sind zuletzt mit +0,4% aber fast gleichgeblieben. Doch der Wettbewerbsdruck sei so hoch, dass keine Preiserhöhungen durchsetzbar seien.

Diese spürbare Sparsamkeit der Verbraucher wirkt sich auch auf die Oderbereitschaft der Schuh- und Lederwareneinzelhändler für Frühjahr/Sommer 2025 aus. Laut BTE-Umfrage wollen etwa 41% der Befragten weniger ordern als im Vorjahr, das Gros (46%) will genauso viel ordern wie 2023 und nur 12% sind so optimistisch, dass sie ihre Stückzahlen im Einkauf um bis zu 5% erhöhen möchten. Dabei hatten die Einzelhändler bei der Shoes (Foto: Igedo Exhibitions), die vom 1. bis 3. September stattfand, nach den Worten von Ulrike Kähler, Project Director der Shoes Düsseldorf, die Auswahl unter etwa 500 Marken – darunter 79 Newcomer – und eine ganze Reihe von Marken, die wieder auf die Messe zurückgekehrt sind.

In diesem Kontext gab Seibel an die Adresse des Schuheinzelhandels gerichtet zu bedenken, dass die Verbraucher beim Stadtbesuch zum Kauf inspiriert werden wollen durch schöne Schuhe in schönen Geschäften mit Beratung. Und Manfred Junkert ergänzt mit Blick auf den großen Vorteil des stationären Einzelhandels gegenüber dem virtuellen Online-Handel, dass die Kunden die Schuhe ja auch mal real ansehen möchten. Darüber hinaus empfahl er der Branche, beim Angebot mutiger zu sein und sich das zu Nutze zu machen, was die Hersteller so alles anbieten.

Auch Kähler beklagt, dass im Schuheinzelhandel nicht alles geboten wird, was es so gibt und auch Pangels will nicht ausschließen, dass das Angebot in den Geschäften womöglich zu uniform ist. Andererseits gibt er zu bedenken, dass aus Sicht des Einzelhandels auch die Rahmenbedingungen für die Innenstädte stimmen müssen. Dazu gehört etwa, dass die Cities auch leicht für Kunden erreichbar sein müssen, die notgedrungen mit dem Auto anreisen, weil die ÖPNV-Verbindung sehr unzureichend ist. Bekanntlich kaufen Auto-Kunden mehr ein als andere Kundengruppen.

Beim Blick auf die zweite Jahreshälfte ergab die BTE-Umfrage, dass gut jeder zweite Schuhhändler leichte bis deutliche Umsatzeinbußen gegenüber 2023 befürchtet und nur rund 30% für 2024 von einem Umsatzplus ausgehen. Ins aktuell schwierige Bild der Branche passt auch, dass nach Schätzungen des Branchenverbands im ersten Halbjahr 2024 erneut „rund 100 Schuhhandelsunternehmen ihre Türen für immer geschlossen haben – teils wegen Insolvenz, teils freiwillig z.B. wegen fehlender Nachfolger“. Damit dürfte die Zahl der aktiven stationären Schuhspezialisten auf etwa 2 600 gesunken sein und die Zahl der Geschäfte nochmals um rund 800 auf insgesamt 8 750 Schuhläden. Es ist davon auszugehen, dass dies vor allem die Klein- und Mittelstädte betrifft, die dadurch weiter an Attraktivität verlieren.