Innenstadtinitiative

Politik muss die Gastronomie mitdenken

Heimelige Atmosphäre durch Gastronomie. Foto: IHK Celle

rv DÜSSELDORF. Die Aussage der Studie „Innenstadtinitiative“, die das IFH Köln im Auftrag der Metro AG über die Bedingungen der Gastronomie in deutschen Innenstädten gemacht hat, lässt keinen Zweifel: Die Konsumenten sind sich in der Einschätzung einig, dass hiesige Stadtzentren an Attraktivität einbüßen und es wenig Gründe für einen Besuch gibt. Die Quintessenz ist, dass die Aufenthaltsdauer sinkt und damit auch der Umsatz der innerstädtischen Stakeholder.

Die Schlussfolgerung aus der Studie, für die 250 Gastronomen zu ihrer aktuellen Lage, ihren Plänen und ihren Anforderungen an den Standort Innenstadt befragt wurden, lautet nach Feststellung von Boris Hedde, Geschäftsführer des IFH Köln, dass es in allen Stadttypen – Klein-, Mittel- und Großstädten – notwendig ist, die Atmosphäre zu verbessern. Das sei der Hebel, um die Frequenz und vor allem die Verweildauer der Besucher zu steigern, so der Experte. Dabei spielt auch die Lebendigkeit durch mehr Gastronomie eine wesentliche Rolle.

Dass etwas geschehen muss, zeigt auch der Blick auf die Zahlen von Hystreet.com, wonach die Frequenz in namhaften deutschen Innenstädten 2020 – gegenüber 2019 – um 33% gesunken ist und im ersten Halbjahr 2021 nochmals um durchschnittlich 36% gegenüber 2020. Und auch die Verweildauer nimmt stetig ab. In diesem Kontext ist ein attraktives Gastronomie-Angebot auch von kleinen, individuellen Betrieben wichtig, gerade als Magnet für die jungen Leute, die den Cities fernbleiben.

Ziel der Studie Innenstadtinitiative ist es laut Metro AG, die als Lieferant für die Gastronomie fungiert, erste Ansätze aufzuzeigen für die politischen Akteure, die nicht zuletzt als Genehmigungsbehörden bei der Stadt- und Quartiersentwicklung eine maßgebliche Rolle spielen. Gastronomie müsse in der Politik mitgedacht werden. Laut Hedde steht der Prozess bislang aber erst am Anfang der Lösungsfindung.

Nach den Worten von Ivonne Julitta Bollow, Global Director Public Policy bei der Metro AG, zeigt die Studie aber bereits, dass „lebendige Innenstädte ohne Gastronomie nicht zu machen sind“. Den Beleg dafür lieferte etwa im vergangenen November der „Shutdown light“, der zunächst nur die Schließung der Gastronomie vorsah, während der Handel bis zum 15. Dezember weiter öffnen durfte. Doch trotz Weihnachtsgeschäft war für den Einzelhandel der dadurch bedingte Frequenzrückgang deutlich spürbar.

Konkret gaben 66% der von der IFH befragten Besucher im November 2020 an, dass sie während des „Lockdown light“ weniger Zeit in den Innenstädten verbracht haben als vor der Corona-Krise und 56% gaben nach dem zweiten Lockdown im Juli 2021 an, dass sie weniger Zeit in den Innenstädten verbringen. 54% hielten sich im Juli dieses Jahres auch kürzer in den Geschäften auf. Dabei gilt generell, dass Innenstädte über alle Altersgruppen hinweg als multifunktionale Orte gesehen werden, als Orte zum Ausgehen, der kulinarischen Erlebnisse, um Leute zu treffen und als Orte des Einkaufsbummels. Das gilt es bei der Neuentwicklung der Innenstädte zu berücksichtigen.

Die Citylagen sind für die Gastronomie zwar attraktiv, doch stellen sie für die Branche auch eine Herausforderung dar – nicht zuletzt auf Grund der hohen Mieten. So beklagt laut Studie ein Großteil der Befragten (46%), dass die Mieten für attraktive Standorte zu hoch seien. Und 43% monierten, dass für sie die intransparente Vergabe von Flächen „unter der Hand“ ein Problem sei.

Vor diesem Hintergrund appelliert Metro-Director Bollow an die Politik, die Vergabe von Mietstandorten an die Unternehmen zu vereinfachen, um auch den kleinen Unternehmen – jenseits der Systemgastronomie – eine Chance zu bieten. Denn laut Studie sorgen insbesondere die inhabergeführten, kleinen Restaurants und Cafés für die angestrebte Lebendigkeit in den Zentren. Als weitere Maßnahme schlagen die Experten die Einrichtung einer Vergabeplattform von Gastronomieflächen vor, um mehr Transparenz in den lokalen Immobilienmarkt zu bringen. Und um den Dialog zwischen den Betrieben und der Politik zu erleichtern, wird die Funktion eines städtischen Gastro-Beauftragten als sehr sinnvoll erachtet.

Mit Blick auf die zentrale Forderung vieler Kunden nach einer angenehmen Atmosphäre in den Innenstädten, damit sie öfter hierher kommen und auch länger verweilen, hat die IFH-Untersuchung herausgearbeitet, was die Kommunen im Einzelnen tun können, um die Lage in ihren Zentren zu verbessern und die richtigen Rahmenbedingungen für die Gastronomie – das gilt aber auch für den Einzelhandel – zu schaffen. Dazu gehören nach den Antworten der befragten Gastronomen die Themen Sauberkeit und Ambiente (69% der Nennungen), die Anzahl der potenziellen Kunden im Einzugsgebiet (68%) sowie damit einhergehend die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr (66%) durch vielfältige Mobilitätskonzepte und eine gute Erreichbarkeit für Zulieferer (63%).

Zu lösen gilt schließlich noch das Thema Arbeitskräftemangel, das sich vor allem durch den langen zweiten Shutdown noch verschärft hat. Denn viele Mitarbeiter haben ihre Chance in anderen Branchen gesucht und gefunden, nachdem bedingt durch die Zwangsschließungen auch zahlreiche Betriebe aufgeben mussten.