Das Geheimnis um die potenziellen Eigentümer von Galeria Karstadt Kaufhof wurde vergangene Woche gelüftet. Für die vielen Abgesänge auf die neuen Investoren im Vorfeld der endgültigen Übernahme gibt es aber keinen Anlass.
Mit der US-Investmentgesellschaft NRDC Equity Partners von Richard Baker und der BB Kapital SA, dem Family Office von Bernd Beetz, als künftige Eigentümer von Galeria Karstadt Kaufhof kehren – zumindest was den Kaufhof-Teil anbelangt – zwei alte Bekannte zurück. Der Investor Richard Baker ist Miteigentümer des kanadischen Warenhaus-Betreibers Hudson‘s Bay Company (HBC), der im Jahr 2015 unter seinem damaligen CEO Jerry Storch mit der Übernahme der Galeria Kaufhof Warenhaus GmbH und dem Aufbau einer Warenhaus-Kette in den Niederlanden, das Engagement der Kanadier in Europa forcieren wollte.
Mit seinem Gebot hatte sich HBC-Chef Storch seinerzeit gegen die Signa-Gruppe von René Benko durchgesetzt. Und der ehemalige Chef des Kosmetikunternehmens Coty, Bernd Beetz, war von 2018 bis 2019 für einige Monate Aufsichtsratsvorsitzender bei Kaufhof. Insofern ist es Ironie des Schicksals, dass HBC-Anteilseigner Baker Kaufhof samt Karstadt nun von der insolventen Signa Gruppe zurückkauft.
Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus von der Kanzlei Böge Rohde Lübbehüsen (BRL), präsentierte die potenziellen Eigentümer in der vergangenen Woche in Essen mit den Worten, dass ihn Richard Baker und Bernd Beetz mit ihrem unternehmerischen Mut, einem tragfähigen wirtschaftlichen Konzept und nachgewiesener finanziellerSolidität überzeugt hätten. Dass offensichtlich finanzstarke Investoren gefunden wurden, die Galeria als Ganzes erhalten wollen und die sich mit Handel auskennen, begrüßt auch Verdi-Bundesvorstandsmitglied Silke Zimmer, bleibt jedoch mit Blick auf den Rückzug der Hudson’s Bay Company nach nicht einmal vier Jahren 2019 und dem Verkauf des Kaufhof an Signa überwiegend skeptisch.
Die Investorenvereinbarung über den Kauf wurde am 9. April notariell beurkundet. Nach Unternehmensangaben strebt das Konsortium aus NRDC Equity Partners und BB Kapital SA die Übernahme und Finanzierung von Galeria im Rahmen eines Insolvenzplans an, den Insolvenzverwalter Denkhaus Ende April beim Amtsgericht Essen einreichen will. Die Gläubiger müssen dem Insolvenzplan bei ihrer Versammlung am 28. Mai in der Messe Essen zustimmen. Erst wenn Amtsgericht und Gläubigerversammlung zugestimmt haben, tritt der Verkauf in Kraft.
Aus heutiger Sicht spricht allerdings eher weniger dafür, dass die Gläubiger den Plan ablehnen. Laut Beetz hat der Gläubigerausschuss, der in die Verhandlungen einbezogen war, den Plan der Investoren einstimmig angenommen. Das offizielle Insolvenzverfahren, dass dem Insolvenzverwalter und der Geschäftsführung von Galeria Sonderrechte wie die Kündigung lang laufender Mietverträge mit einer Frist von nur drei Monaten einräumt, war am 1. April beim Amtsgericht Essen eröffnet worden. Das verbessert zweifellos die Verhandlungsposition gegenüber den Vermietern.
Einigung mit weiteren Mietern
Und offensichtlich hat sich auch bereits einiges bewegt. Denn vor einigen Tagen noch teilten Insolvenzverwalter Denkhaus und Galeria-CEO Olivier Van den Bossche mit, dass 60 der 92 Galeria-Häuser „wirtschaftlich arbeiten“ und erhalten werden. Inzwischen ist klar, dass das Konsortium über 70 Filialen übernehmen will. Mit mehr als zehn Vermietern konnte man sich offenbar auf eine Mietsenkung einigen. Und es wird bis Ende April noch weiter über die Mieten von Filialen verhandelt.
Inwieweit eine Einigung über die 18 Warenhäuser der insolventen Signa-Gruppe erzielt wurde oder die Chance gesehen wird, eine Mietsenkung auszuhandeln, ist nicht bekannt. Da es sich bei dem Portfolio aber um namhafte Objekte wie den Kaufhof in der Hohe Straße in Köln, den Kaufhof an der Kö in Düsseldorf oder den Kaufhof an der Hauptwache in Frankfurt handelt, wäre ihre Erhaltung nicht nur für den Betreiber, sondern auch für die betroffenen Stadtzentren wichtig. Wenn beispielsweise in Düsseldorf neben der riesigen Baustelle des Carsch Hauses auch noch der benachbarte Kaufhof schließen würde, wäre das für die Stadt sehr fatal. Auch für die Hohe Straße in Köln wäre die Schließung dieses riesigen Flaggschiffs am oberen Ende der Einkaufsmeile ein Desaster.
Klar ist aber, wie bereits angekündigt wurde, dass die Unternehmenszentrale personell an die reduzierte Unternehmensgröße angepasst wird, wie es in der Pressemitteilung heißt. Hier wird die Belegschaft um 450 Arbeitsplätze auf die Hälfte reduziert. Ziel ist es, „Galeria wie ein mittelständisches Unternehmen“ zu führen, wie das Unternehmen mitteilt. Deshalb wird in den nächsten Tagen mit dem Gesamtbetriebsrat über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan verhandelt. Zudem soll eine Transfergesellschaft initiiert und sozialverträglich organisiert werden.
Dass den potenziellen Eigentümern von Galeria, insbesondere dem Anteilseigner der Hudsons’s Bay Company, Richard Baker, von Seiten der Gewerkschaft und vielen Experten viel Skepsis entgegenschlägt, ist angesichts des sehr abrupten Rückzugs von HBC nach nur knapp vier Jahren durchaus nachvollziehbar. Zumal Kaufhof unter Ägide der Nordamerikaner zuletzt in die roten Zahlen gerutscht war. Immerhin war HBC-CEO Jerry Storch 2015 mit sehr großen Plänen für Deutschland und die Niederlande angetreten. Im September 2017 hatte er in Amsterdam noch die Eröffnung des ersten Warenhauses unter dem Namen „Hudson’s Bay Company“ außerhalb von Kanada als historischen Moment in der damals 347-jährigen Geschichte des Unternehmens gefeiert. HBC ist der älteste Warenhausbetreiber der Welt.
Starker Widerstand in den USA gegen das Europa-Engagement
Doch inzwischen hatte sich in den USA massiver Widerstand gegen das Europa-Engagement aufgebaut, Jerry Storch war an der HBC-Spitze von Helena Foulkes abgelöst worden und die Probleme bei einigen Töchtern in den Heimatmarktmärkten Kanada und USA waren offenbar so groß und die Unternehmenszahlen so schlecht, dass sich die neue Chefin zum Rückzug aus dem deutschen Warenhausgeschäft entschloss. Auch in den USA setze der Online-Handel damals den stationären Geschäften sehr zu. Insofern waren die Gründe für den Rückzug nach so kurzer Zeit sehr vielschichtig und lagen sicherlich nicht darin, dass sich die Nordamerikaner, die ihr Geschäft wirklich verstehen, nicht zugetraut hätten, Kaufhof in die Zukunft zu führen. In der kurzen HBC-Ära wurden das Sortiment und die Warenpräsentation deutlich aufgewertet.
An seiner Seite hat HBC-Anteilseigner Baker mit Bernd Beetz zudem einen Experten, unter dessen Ägide als CEO seinerzeit der Umsatz der Coty Inc. von 1,3 Mrd. $ auf 4,7 Mrd. $ fast vervierfacht wurde. Zuvor war Beetz bei LVMH Moët Hennessy Louis Vuitton für den weltweiten Geschäftsbereich Modeparfüm und Kosmetik von Christian Dior verantwortlich und davor hatte er 20 Jahre lang in verschiedenen Managementpositionen bei Procter and Gamble (P&G) in Deutschland und zahlreichen weiteren Ländern Verantwortung getragen. Und auch Galeria-CEO van den Bossche bringt viel Warenhaus-Expertise mit, die er schon früher bei Kaufhof unter Beweis gestellt hat.
Im Rahmen des laufenden Insolvenzverfahrens wird Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus nach Unternehmensangaben voraussichtlich bis Ende Juli 2024 die Kontrolle über das Unternehmen behalten – nach erfolgter Zustimmung der Gläubigerversammlung Ende Mai. Zu diesem Zeitpunkt sollen NRDC Equity Partners und BB Kapital SA dann als Eigentümer eintreten, so dass die Führung vom Insolvenzverwalter auf Bernd Beetz als Shareholder und Chairman mit dem Management um CEO Van den Bossche übergehen wird.
NRDC Equity Partners wurde von Weil, Gotshal & Manges LLP in New York und Frankfurt beraten, BB Kapital SA von Lupp + Partner.