Vermietungsmarkt Logistik

Noch stärkere Orientierung am Kunden

Der Online-Handel treibt das Logistikgeschäft an. Foto: Adobe

rv DÜSSELDORF. Mit einem Vermietungsvolumen von knapp 3 Mio. qm Logistikflächen durch Eigennutzer und Vermietungen wurde im ersten Halbjahr 2020 der Vorjahreswert und der Fünf-Jahres-Durchschnitt um 11% unterboten. Damit konnte sich auch diese Branche den Auswirkungen der Corona-Krise nicht ganz entziehen. Der Handel hat im Vermietungsgeschäft der Branche großes Gewicht.

Wie Frank Weber, Head of Industrial Agency bei JLL Germany betont, zeigten sich die Auswirkungen der Corona-Pandemie in den Statistiken der Vermietungsumsätze dieser Branche jedoch weniger deutlich als in anderen Sektoren. Vor allem die Umsätze durch Eigennutzer gingen mit -23% auf 926 000 qm zurück. Bei den Vermietungen war der Umsatzrückgang mit -5% auf 2,06 Mio. qm moderater.

Ungeachtet des Lockdowns in weiten Teilen der deutschen Wirtschaft im März und April, der sich hierzulande vor allem auf die Zahlen für das zweite Quartal ausgewirkt hat, lag der Vermietungsumsatz in der Logistikbranche im zweiten Quartal mit 1,46 Mio. qm nur wenig unterhalb der 1,53 Mio. qm, die in den ersten drei Monaten vermietet wurden. Trotzdem sei damit „das zweitniedrigste Umsatzvolumen eines zweiten Quartals“ in den vergangenen fünf Jahren zu verzeichnen, berichtet JLL.

Für die zweite Jahreshälfte ist Weber aber zuversichtlich: „Nach einer Phase der Zurückhaltung und teilweise auch des Stillstands beobachten wir eine zunehmende Aktivität potenzieller Logistiknutzer.“ Und es zeichnen sich nach seiner Beobachtung schon größere Abschlüsse ab. Deshalb glaubt er auch nicht, dass sich die wirtschaftliche Krise in Deutschland allzu sehr auf die Branche auswirken wird, so dass unter Umständen am Jahresende zum sechsten Mal in Folge ein Vermietungsumsatz von über 6 Mio. qm erzielt werden kann.

„Auch wenn wir damit noch weit unter dem Rekord von über 7 Mio. qm von vor zwei Jahren und voraussichtlich auch unter dem Vorjahresumsatz liegen werden“, so Weber, „ist das in Anbetracht der schwierigen Gemengelage dennoch beeindruckend“. Auch das Immobilienklima signalisiert, dass sich die Logistikimmobilienbranche unter den Anlage-Klassen in der aktuellen Lage noch am stabilsten präsentiert.

Am größten war die Nachfrage nach neuen Flächen in den ersten sechs Monaten bei den Unternehmen aus dem Bereich Transport, Verkehr und Lagerhaltung mit einem Anteil von 40%. Die Unternehmen aus dem Handel folgten aber bereits mit 38% auf dem zweiten Platz. Auf den aktuellen Wachstumstreiber in der Logistikbranche, die Unternehmen des eCommerce, die durch den Shutdown noch begünstigt wurden, entfielen dabei 350 000 qm. Laut Weber prägen sie auch außerhalb der fünf großen Ballungsräume das Umsatzgeschehen durch großflächige Anmietungen.

Wie sich die Gewichte derzeit verlagern zeigt die Tatsache, dass nur 19% der Flächen durch Industrieunternehmen angemietet wurden. Im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre hatte ihr Anteil am Vermietungsumsatz laut JLL noch bei etwa einem Drittel gelegen. Der größte Abschluss entfiel im ersten Quartal auf den Ort Zöllnitz bei Jena. Hier startete der Büroartikelhändler Böttcher AG den Bau seines rund 90 000 qm großen Logistikzentrums. Der zweitgrößte Deal geht auf das Konto eines Online-Händlers, der über 74 000 qm in Kabelsketal in der Region Leipzig/Halle gemietet hat. Der Handel ist somit in der Branche stark vertreten.

Das zeigt auch der Blick auf die Entwicklung in den großen Ballungsräumen der Metropolen, wobei hier nicht allein der eCommerce den Ton angibt. Laut Weber erreichen Online-Händler und der stationäre Handel hier mit 56% – nach 32% im Vorjahr - den höchsten Umsatzanteil: „Vor allem der stationäre Lebensmitteleinzelhandel und die Onlineanbieter haben in den zurückliegenden Krisenmonaten ihren Beitrag zur Sicherung der Versorgung geleistet und waren damit auch in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich präsenter als ohnehin üblich.“

Vor diesem Hintergrund gehen die Experten von JLL mittel- und langfristig bei der Ausrichtung der Logistikstandorte „von einer noch stärkeren Orientierung am Kunden aus, sei er ein Endverbraucher oder ein Unternehmen“. Dadurch würden die Lager- und Logistikkapazitäten deutlich ausgeweitet. Auf den Bereich Transport, Verkehr und Lagerhaltung entfielen 20% des Flächenumsatzes in den Big 5, Industrieunternehmen kamen vor allem dank der Anmietung von 138 000 qm durch ein Industrieunternehmen im östlichen Münchener Umland auf 13%.

Insgesamt lag der Flächenumsatz in den Ballungsräumen der Big 5 (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München) mit 881 000 qm um 2% über Vorjahr, aber um jeweils rund 10% unter dem 5- und 10-Jahresdurchschnitt. Rund 2,12 Mio. qm wurden außerhalb der Big 5 vermietet oder durch Eigennutzer generiert. Damit wurde der Vorjahreswert von 2,51 Mio. qm aber um 16% unterschritten.

Die Spitzenmieten für Lagerflächen in der Größe ab 5 000 qm waren im ersten Halbjahr in den Big 5 nach Feststellung des Immobilienberaters stabil. In München lagen die Mieten im Schnitt bei 7,10 Euro je qm und Monat, in Hamburg und Frankfurt bei 6,40 bzw. 6,20 Euro und in Berlin sowie Düsseldorf bei 5,50 Euro.

Dass etwa 70% der Flächenumsätze und 100% des Umsatzvolumens in der Größe ab 40 000 qm im ersten Halbjahr in Neubauten oder Projektentwicklungen gemietet wurden sowie die geringe Verfügbarkeit von Logistikflächen sind für Weber ein Beleg für einen „resilienten, nachfragestarken Lager- und Logistikflächenmarkt“.

Der Immobilienberater Aengevelt erwartet in Abhängigkeit vom weiteren Verlauf der Pandemie und davon, wie schnell sich die deutsche Wirtschaft in punkto Einzelhandels- und Exportumsätze, Absatzzahlen der Automobilbranche und der Konsumgüterindustrie erholen, für das zweite Halbjahr einen Flächenumsatz von rund 3,2 Mio. qm. Aufs Jahr hochgerechnet sieht der Berater den Vermietungsumsatz bei 5,8 Mio. qm. Mittelfristig würden sich die Umsätze bei gut 6 Mio. qm einpendeln.