Bankfilialen in den Innenstädten

Netzbereinigung eröffnet viele Chancen

Quelle: CBRE

rv DÜSSELDORF. Die jahrelange Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), hohe Mieten und hohe Personalkosten sowie die Konkurrenz von FinTechs und Direktbanken haben beim Filialnetz der deutschen Kreditinstitute deutliche Spuren hinterlassen. Nach der jüngsten Studie des Immobilienberaters CBRE über den „Bankensektor im Wandel“ wurden von den mehr als 38 000 Bankfilialen im Jahr 2010 inzwischen rund 14 000 geschlossen.

Verschärft wurde das Problem nach Feststellung des Immobilienberaters CBRE noch durch die Pandemie, in der viele Bankkunden offenbar andere Wege – wahrscheinlich digitale Möglichkeiten – nutzten, um ihre Bankgeschäfte zu erledigen. Denn seither verzeichneten die Bankfilialen laut CBRE-Studie „Bankensektor im Wandel“ einen Besucherrückgang von 30%. Entsprechend sank die Zahl der Zweigstellen um mehr als 2 500 Filialen von 26 667 im Vor-Corona-Jahr 2019 auf 24 100 Zweigstellen im Coronajahr 2020.

An diesem Rückgang dürfte nach Einschätzung der CBRE-Experten auch die jüngste Zinswende nichts mehr ändern, denn ob die Kunden wieder in die Filialen zurückkehren, dürfte aus ihrer Sicht fraglich sein. Allerdings gibt es auch noch viele ältere Menschen, die keinen Zugang zum Internet haben und die deshalb auf die Filialen vor Ort angewiesen sind.

Nach den Worten von Jan Linsin, Head of Research bei CBRE in Deutschland, beschleunigen die heutigen Krisen genauso wie die wachsenden Anforderungen vieler Kunden an einen umfangreichen digitalen Bankenauftritt den nun schon seit Jahren zu beobachtenden Umstrukturierungsprozess bei den Filialnetzen. Verlierer sind freilich die älteren Menschen, die bei vielen Erledigungen auf die Unterstützung der Mitarbeiter in der Bankfilialen angewiesen sind.

Aber diese Entwicklung ist offenbar nicht mehr aufzuhalten, denn der Trend, das Filialnetz auszudünnen und das Online-Banking auszuweiten, ist laut Studie europaweit zu beobachten – vor allem in den nordeuropäischen Ländern, wo das Filialnetz bereits heute viel weiter geknüpft ist als in Deutschland. In Ländern wie Dänemark, Finnland und Schweden gibt es laut CBRE-Studie weniger als zwei Filialen pro 10 000 Einwohner, hierzulande sind es derzeit noch fast drei Filialen.

Laut Linsin lässt das erwarten, „dass sich der Filialrückgang auch in Deutschland weiter fortsetzen wird, zumal verschiedene Bankinstitute aktuell entsprechende Programme umsetzen“. Wie er weiter vorrechnet, benötigt eine durchschnittliche Bankfiliale mehr als 10 000 Kunden, um ihre Kosten zu erwirtschaften. Beim Blick in die weitere Zukunft geht er davon aus, dass die Zahl der Zweigstellen hierzulande bis 2030 auf gut 15 000 schrumpfen könnte.

Das Filialnetz wird weiter schrumpfen

Dann stellt sich aus Sicht des Experten die Frage, wie diese zukunftsfähigen Bankniederlassungen dann aussehen werden, wobei es künftig sowohl räumlich als auch funktionell größere Unterschiede zwischen den einzelnen Zweigstellen geben dürfte. „Ziel wird es sein, die physischen Filialen in ein digital getriebenes Outbound-Vertriebsmodell mit solitären Kompetenzzentren einzubetten, um Kosten zu senken bei gleichzeitig steigender Beratungsqualität“, erwartet Linsin beim Blick in die Zukunft. Denn aus seiner Sicht dürften größere und stärker frequentierte Filialen versuchen, den Wohlfühlfaktor für die Kunden zu steigern, um den Filialbesuch als „Erlebnis“ zu inszenieren.

Aus Immobilie-Sicht stellt sich gleichzeitig die interessante Frage, wie sich die zahlreichen geschlossenen Bankfilialen nachnutzen lassen. Laut CBRE-Studie gibt es dafür bereits viele kreative und innovative Ideen. „Denn es handelt sich um Immobilien, die sich überwiegend im Zentrum einer Stadt befinden, unabhängig von der Einwohnerzahl“, so heißt es in der Studie: Dabei sind Gebäudeart und Gebäudegröße sehr unterschiedlich und die Palette reicht von Teilflächen in einem Gebäude über hochwertig modernisierte Prachtbauten bis hin zu einfach gehaltenen ländlichen Bankfilialen im 1980er-Jahre-Stil.

Kreative und innovative Ideen für die Nachnutzung

Laut Linsin kommen auf Grund dieser unterschiedlichen Immobilienarten verschiedene Nachnutzungen in Frage. „Während zunächst klassische Nachnutzungen wie Büro, Einzelhandel oder wenn möglich Wohnraum nahe liegen, bieten sich auch innovative Lösungen an“, so der Head of Research. Dazu zählt er Schließfächer, Self-Storage, Pop-up-Stores, Co-Working/Flex Office, Dark Kitchen oder Dark Stores, Gesundheitseinrichtungen, aber auch Kitas oder Indoor Farming – halt alles, was heute gebraucht und ausprobiert wird.