Investmentmarkt Europa

Nahversorger dominieren fast überall

Bild: Fotolia

Nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa steht der Markt für Handelsimmobilien – sofern es sich nicht um Objekte mit Schwerpunkt Lebensmittel oder Nahversorgung handelt – stark unter Druck, wodurch in den vergangenen Jahren die Kaufpreise gesunken und die Spitzenrenditen zum Teil deutlich gestiegen sind. Das eröffnet opportunistischen Investoren aus Sicht des Immobiliendienstleisters Savills durchaus wieder attraktive Kaufoptionen.

Bei Renditen von 6,75% in Großbritannien für Einkaufszentren, die eine stabile Mieternachfrage verzeichnen und mit Blick auf die Kunden gut positioniert sind, ist das Interesse von opportunistischen Investoren zuletzt gewachsen, wie Savills beobachtet hat. Hier könnte der britische Markt Vorbild für Deutschland sein, wo die Spitzenrenditen für Shopping-Center mit hohem Textilbesatz von über 30% auch bereits die 5%-Marke erreichen. BNP Paribas Real Estate (BNPPRE) sieht den Wert mit 4,7% hierzulande aber noch etwas niedriger, den Wert für Großbritannien inzwischen aber schon bei 7,5% - nach 5,25% Ende 2018.

Der Blick auf den gesamten europäischen Markt zeigt, dass auch bei polnischen Einkaufszentren die 5% Marke erreicht wurde, Spanien liegt laut BNPPRE bei 5,5% und Italien bei 6,0%. Unter den großen europäischen Volkswirtschaften haben die Spitzenrenditen mit 4,25% nur in Frankreich die Vier-Prozent-Marke noch nicht weit überschritten. Für den Shopping-Center-Markt erwartet BNPPRE europaweit bei den Mieten einen durchschnittlichen Rückgang von 3% jährlich bis 2023.

Eri Mitsostergiou, Director bei Savills European Research, geht in seinem Ausblick davon aus, „dass das Interesse opportunistischer Investoren an den europäischen Einzelhandelssegmenten in den kommenden Quartalen zunehmen wird“. Denn der strukturelle Wandel im Einzelhandel, der durch die Digitalisierung und den Online-Handel in Gang gesetzt wurde, werde dazu führen, dass viele Einzelhandelsobjekte repositioniert und einige auch umgewidmet werden müssten.

Deutlich niedriger waren im zweiten Quartal dieses Jahres noch die Spitzenrenditen für Geschäftshäuser in den europäischen Top-Lagen. Hier reicht die Bandbreite laut BNPPRE von durchschnittlich 2,80% in Deutschlands Metropolen, die damit relativ stabil blieben, über 3,15% in Frankreich und 3,40% in Italien bis hin zu jeweils 3,5% in Spanien und Großbritannien. Zum Vergleich: Im Jahr 2007, vor Ausbruch der Finanzmarktkrise, lagen die Spitzenrenditen in der Bandbreite von rund 3,5% in Großbritannien und Frankreich über 4% in Deutschland bis hin zu knapp unter 5% in Spanien und Italien.

Aufwärtstrend bei den Spitzenrenditen

Insgesamt registrierte BNPPRE zwischen dem zweiten Quartal 2020 und dem zweiten Quartal 2021 europaweit aber eine Aufwärtsbewegung bei den Spitzenrenditen. Den größten Anstieg verzeichnete Dublin mit einem Zuwachs von 125 Basispunkten auf einen Durchschnittswert von 4,5%, gefolgt von Brüssel mit 115 Basispunkten auf 4,15%. In Prag stiegen die Renditen um 100 Basispunkte auf 4,25% und in Paris sowie Amsterdam um je 65 Basispunkte auf 3,15 bzw. 3,90%. Allerdings weist BNPPRE aber auch darauf hin, dass die Zahl der Transaktionen in vielen Ländern seit Anfang des Jahres, als die Infektionszahlen vielfach stark anstiegen, sehr niedrig ist, so dass es schwierig ist den aktuellen Trend zu kalkulieren.

Auch in Warschau und London erhöhten sich die Spitzenrenditen um je 50 Basispunkte auf 3,50% und 4,75%. Etwas moderater fiel der Anstieg mit 30 Basispunkten auf 3,40% in Mailand und um 25 Basispunkte auf 3,50% in Madrid aus. Lediglich der Markt in Berlin blieb mit 2,80% laut BNPPRE unverändert. Der Strukturwandel und die Zwangsmaßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung hinterlassen deutliche Spuren.

Diese insgesamt moderate Entwicklung in Zeiten der Pandemie spiegelt sich auch auf dem europäischen Investmentmarkt für Handelsimmobilien wider, der laut Savills im ersten Halbjahr ein Transaktionsvolumen von 11,2 Mrd. Euro erreichte, 39% weniger als im schwachen ersten Halbjahr 2020. BNP Paribas Real Estate ermittelte mit 14 Mrd. Euro einen höheren Wert, der jedoch auch um 30% unter dem ersten Halbjahr 2020 lag und um 35% unter dem Zehn-Jahres-Schnitt. Nach einem Transaktionsvolumen von 8,7 Mrd. Euro im 3. Quartal 2021 (+9% gegenüber Q3 2020), summiert sich das Transaktionsvolumen in den ersten neun Monaten nunmehr auf 22,7 Mrd. Euro.

Mit einem Anteil von 25% am europäischen Transaktionsvolumen und einem Wert von 6,3 Mrd. Euro führt Deutschland die Länderliste an. CBRE ermittelte einen Wert von 7,3 Mrd. Euro. Auf dem zweiten Platz führt BNPPRE Großbritannien mit 5,1 Mrd. Euro vor Frankreich mit 1,8 Mrd. Euro. Im ersten Halbjahr hatte der Berater Großbritannien mit einem Volumen von 3,0 Mrd. Euro noch auf dem Spitzenplatz geführt, vor Deutschland mit 2,8 Mrd. Euro und Frankreich.

Legt man allerdings die 3,5 Mrd. Euro, die CBRE für diesen Zeitraum ermittelte, zugrunde, dann stand Deutschland auch zur Jahresmitte an der Spitze. Hierzulande prägten Portfolio-Deals wie der Verkauf von 34 Real-SB-Warenhäusern durch die SCP Group an X+Bricks, der Verkauf des Touchdown-Portfolios durch den Investmentmanager Patrizia an die Meag und des Powerball-Portfolios an die GPEP den Markt.

In Großbritannien hat das Investitionsvolumen laut BNPPRE schon fast wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht, allerdings hatte der britische Markt nach dem Votum für den Brexit im Sommer 2016 und durch den europaweit hohen Anteil des Online-Handels schon vor Ausbruch der Pandemie Federn gelassen. Treiber des Transaktionsgeschäfts war hier – sogar noch mehr als in Deutschland mit 66% – der Kauf von Fachmarktzentren und Supermärkten, auf die ein Anteil von 75% entfiel. Das Geschäft mit Shopping-Centern fiel mit 10% dagegen – wie auch in den anderen großen Märkten, moderat aus. In Deutschland lag der Anteil bei 9%.

Belebung im französischen Markt

Auf dem französischen Markt für Handelsimmobilien wurden in den ersten neun Monaten 90 Transaktionen verzeichnet, nachdem bis zur Jahresmitte nur 60 vor allem kleinere Deals und ein Volumen von 0,6 Mrd. Euro erreicht wurde. Wie von den Experten von BNPPRE zur Jahresmitte erwartet, hat sich das Geschäft in der zweiten Jahreshälfte durch den Verkauf von diversen Portfolio-Transaktionen einschließlich dem Verkauf von vier Shopping-Centern durch den niederländischen Investor Wereldhave in den Sommermonaten belebt.

Damit bewegt sich Frankreich immer noch mehr oder weniger im Mittelfeld des Länder-Rankings, vor Schweden mit 1,6 Mrd. Euro, Spanien mit 0,9 Mrd. Euro, die Niederlande mit 0,7 Mrd. Euro, Polen mit 0,5 Mrd. Euro sowie Finnland und Italien mit jeweils 0,3 Mrd. Euro. Laut BNP Paribas Real Estate haben sich vor allem die skandinavischen Länder als relativ krisenfest erwiesen, da der Einzelhandel in diesen Ländern weniger durch Restriktionen zur Pandemie-Bekämpfung belastet wurde als das Gros der europäischen Länder. Die Wachstumsraten lagen in Norwegen bei 112%, in Schweden bei +30% und in Dänemark bei +40%.

In den sechs Hauptländern Europas wurde im dritten Quartal 2021 mit einem Anteil von 61% der größte Teil des Geldes in Fachmarktimmobilien (Retail Warehousing) investiert (siehe Grafik BNPPRE). Gegenüber dem dritten Quartal 2020 mit einem Anteil von 43% bedeutet dies eine beachtliche Verschiebung zugunsten einer Anlageklasse, die von den Zwangsmaßnahmen zur Pandemiebekämpfung nur wenig betroffen war bzw. sogar davon profitierte. Der Anteil der Investments in Highstreet-Objekte ging in dem Zeitraum von 34% auf 27% zurück und der von Shopping-Centern halbierte sich mit einem Rückgang von 23 auf 12% beinahe.

Insgesamt ist festzustellen, dass die Investoren das Hauptaugenmerk auf Fachmarktimmobilien richteten, zum Teil ist die Verschiebung gegenüber dem Vorjahreszeitraum beachtlich. Nur in Frankreich floss das meiste Geld mit einem Anteil von 59% in Hightstreet-Objekte, auf Fachmarktimmobilien entfielen nur 24%.