Vermietungsmarkt Logistik

Nachfrage im Handel treibt den Markt an

Auch Amazon treibt das Vermietungsgeschäft an. Foto: Amazon

In einem gesamtwirtschaftlichen Umfeld, das sich immer mehr eintrübt, hat zwar auch das Logistikimmobilienklima zuletzt Federn lassen müssen, doch bildet der Markt in Zeiten der Zinswende, von Energieknappheit und explodierenden Energiekosten immer noch eine Ausnahme – nicht zuletzt, weil die Branche von den Lieferengpässen und Lieferkettenproblemen durchaus profitieren kann.

So bewertet der Immobilienberater BNP Paribas Real Estate (BNPPRE) die Tatsache, dass der Flächenumsatz im dritten Quartal 2022 mit 1,78 Mio. qm deutlich unter dem Niveau des ersten Quartals mit 2,3 Mio. qm und des zweiten Quartals mit 2,5 Mio. qm liegt vor allem als Ausdruck für den vorherrschenden Flächenmangel in diesem Segment, wie Christopher Raabe, Geschäftsführer und Head of Logistics & Industrial der BNP Paribas Real Estate GmbH, bei Vorlage der Vermietungszahlen anmerkt. Damit erreicht der Flächenumsatz trotz abgebremster Dynamik in den ersten neun Monaten hierzulande mit und 6,61 Mio. qm – einschließlich Eigennutzer wie dem großen Tesla-Werk (Foto) in Grünheide bei Berlin – eine neue Bestmarke, die um 10,5% über Vorjahreswert liegt.

Diese Knappheit beim Flächenangebot im Bestand lässt sich laut BNPPRE auch daran ablesen, dass der Anteil der Neubauflächen am gesamten Flächenumsatz in diesem Jahr bei überdurchschnittlichen 67% lag. Allerdings spiegelt sich hierin auch der wachsende Anspruch der Nutzer an die Logistikzentren – Stichwort Nachhaltigkeit – wider, den Bestandsobjekte nicht immer erfüllen.

Zu den Treibern im Vermietungsmarkt gehört laut Colliers auch weiterhin der eCommerce, der von den Pandemie-bedingten Zwangsschließungen des stationären Einzelhandels profitiert hat, der im laufenden Jahr nach den vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes auf Grund der Inflationsbedingt sinkenden Kaufkraft der Bundesbürger Umsatzeinbußen verzeichnete. Gleichzeitig steigt die Nachfrage der Lebensmittelhändler nach Logistikflächen, um angesichts von Lieferengpässen die Lagerhaltung zu steigern. Allenthalben sieht man in den Lebensmittelmärkten leere Flächen in den Regalen.

Mit einem Anteil von 35% ist der Handel laut Colliers in den Top 8 Logistikregionen Deutschlands der derzeit größte Treiber im Vermietungsmarkt. Ob sich die sehr deutliche Eintrübung des Konsumklimas in den nächsten Monaten negativ auf die Flächennachfrage auswirken wird, ist schwer zu sagen, da der Handel – wie auch Unternehmen etwa aus dem verarbeitenden Gewerbe – größere Läger anlegt, um das Angebot zu sichern.

Laut Ifo Institut klagten im August noch 77,5% der Einzelhändler über Lieferprobleme. Die Bedeutung der Branche wird dadurch unterstrichen, dass die Vermietung von 225 000 qm an Amazon in Erfurt hinter der Tesla-Vermietung mit 327 000 qm der zweitgrößte Abschluss in diesem Jahr war.

Nach Feststellung von BNPPRE wollen branchenübergreifend viele Unternehmen ihre Lieferketten in Deutschland weiter stärken, wodurch die Nachfrage befördert wird. Deshalb erwartet der Immobilienberater, dass 2022, bei der Vermietung die Marke von 8 Mio. qm zum zweiten Mal übersprungen wird – auch wenn eine Jahresendrally nicht zu erwarten sei. 2021 war ein Volumen von 3,18 Mio. qm erreicht worden.

Steigende Energiekosten bereiten große Sorgen

Wie sich die Branche dann weiterentwickelt, wird davon abhängen, wie stark eine mögliche Gas- resp. Energieknappheit die gesamte Wirtschaft dämpft. Denn die Sorge vieler Unternehmen ist groß, bei zu hohen Energiekosten nicht mehr wirtschaftliche produzieren zu können und aufgeben zu müssen.

Das gilt aber auch für die steigenden Nebenkosten der Nutzer von Logistikflächen, wie Bastian Hafner, Head of Logistics & Industrial Advisory der BNP Paribas Real Estate, zu bedenken gibt, sodass „sich die Mietpreisverhandlungen der Vertragsparteien in den kommenden Quartalen verstärkt darauf fokussieren dürften, ein für alle Seiten tragbares Niveau zu finden“. Denn angesichts des Nachfrageüberhangs und den steigenden Baukosten bleibt der Druck auf die Mieten hoch.

So beobachtet Nicolas Roy, Head of Industrial & Logistics Germany bei Colliers, in den Top 8 Regionen Deutschlands seit Mitte 2021 „eine deutliche Beschleunigung des Mietwachstums an allen Standorten“. Dabei liegt die Bandbreite der Mietwachstumsraten im Jahresvergleich zwischen rund 2% in Leipzig bis 16% in Düsseldorf und bei den Durchschnittsmieten im Bestand bei bis zu 13% in Berlin und Stuttgart.

BNPPRE ermittelte den stärksten Anstieg der Spitzenmieten mit +1,10 Euro oder 19% auf 6,90 Euro in Köln. In Hamburg lag der Anstieg bei 15% auf 7,50 Euro und in Düsseldorf bei 14% auf 7,20 Euro. Damit bleibt aber noch Luft, um auf den teuersten Markt München mit 8 Euro (+7%) aufzuschließen. Dahinter folgen Berlin mit 7,50 Euro (+4 %), Frankfurt mit 7,30 Euro (+3 %) und Stuttgart mit 7,30 Euro (+4%). Leipzig ist mit 4,90 Euro (+7%) noch relativ günstig.

Zu den stark steigenden Mieten in den Top-Logistikregionen (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leipzig, München, Stuttgart) passt, dass mit einem Flächenvolumen von 2,71 Mio. qm auch hier eine neue Bestmarke erreicht wurde. Noch deutlicher fiel laut BNPPRE das Flächenvolumen außerhalb der großen Logistik-Hubs mit einem Plus von über einem Viertel auf 3,9 Mio. qm aus, weil ein Großteil der Big-Box-Deals auf die periphereren Märkte entfiel.