Einkaufsstadt Hamburg

Mönckebergstraße vor großem Umbruch

Die ehemalige Kaufhof-Filiale in der Mönckebergstraße. Foto: Kaufhof

Als Galeria Karstadt Kaufhof ankündigte, dass in Hamburgs Einkaufsmeile Mönckebergstraße die Kaufhof-Filiale und Karstadt Sports schließen werden, waren Fachwelt wie Bürger tief geschockt.

„Auch wenn sich das Modell Kaufhaus überlebt hat, verschwinden mit den beiden großen Häusern nicht nur zwei wichtige Einkaufsmagneten, auch das Entree in die City nimmt Schaden“, sagte Andreas Bartmann, Präsident des Handelsverbands Nord, damals. Ideen zur Nachnutzung der Gebäude gab es viele, es gab unzählige Gespräche mit Stadt und Bezirk, viele Bürger äußerten in Stadtwerkstätten und Internetforen ihre Meinung.

Für die Kaufhof-Immobilie haben die Spekulationen nun ein Ende. Der US-amerikanische Immobilienentwickler Tishman Speyer hat von der Württembergischen Lebensversicherung AG das 37 000 qm große denkmalgeschützte Gebäude für den vor zwei Monaten aufgelegten Tishman Speyer European Real Estate Venture IX Value-Add Fonds (TSEV IX) erstanden. Das sei ein weiteres Beispiel für „Tishman Speyers Expertise im sensiblen Umgang mit denkmalgeschützten Immobilien in Deutschland und der ganzen Welt“, heißt es in der Pressemitteilung.

Den Kaufpreis nennt das Unternehmen nicht. „Wir sind hier zu Vertraulichkeit verpflichtet“, sagte Florian Reiff, Geschäftsführer von Tishman Speyer Deutschland. Nach Medienberichten soll er zwischen 160 Mio. und 180 Mio. Euro liegen.

Damit hat das Unternehmen innerhalb der vergangen 24 Monate bereits die dritte bekannte Hamburger Großimmobilie erworben. So erwarb der Konzern mit Hauptsitz in New York, dem hier das Rockefeller Center gehört, auch das Verlagshaus von Gruner + Jahr (G + J) am Baumwall sowie das Geschäftshaus Gänsemarkt 45. Auch das ehemalige UFA-Kino am Gänsemarkt gehört Tishman & Speyer. Der Entwickler investiert nach eigenen Angaben seit 1988 in Europa und hat aktuell in europäischen Märkten rund 6,6 Mrd. Euro in Core- und Value-add-Immobilienfonds sowie Joint Ventures investiert.

Das von dem Architekten Fritz Höger entworfene Kaufhof-Gebäude in der Mönckebergstraße 3 ist auch unter dem Namen Klöpperhaus bekannt. 1913 wurde es für die Wollhandelsfirma Wilhelm Klöpper als Bürogebäude errichtet. 1965 baute die Kaufhof-Gruppe das Gebäude hinter der historischen Fassade in ein Kaufhaus um und betrieb es bis Herbst 2020. Danach zogen teils kleinere Mieter ein, darunter ein Schnäppchen-Shop und vorübergehend eine Kunstausstellung. Die 4 000 qm große Tiefgarage wird seitdem von Goldbeck Parking Services betrieben.

Das Kaufhof-Gebäude ist auch als Klöpperhaus bekannt

„Wir freuen uns, dass wir unser Portfolio um diese außergewöhnliche Immobilie erweitert haben“, sagt Florian Reiff. „Mit der Akquise verfolgen wir unsere „brown to green-Strategie, bei der wir Bestandsimmobilien innovativ umnutzen, energetisch auf den neuesten Stand bringen und zu lebendigen Standorten aufwerten“.

Zudem wolle man „einen positiven Einfluss auf die Entwicklung der Innenstadt nehmen und mit dafür sorgen, dass die von vielen Leerständen bedrohte Lage nicht weiter abrutscht“. Mit den zuständigen Behörden wie Baudirektion, Denkmalschutz und Bezirk arbeite man seit der Übernahme des G & J -Areals bereits gut und eng zusammen.

Den Sanierungsbedarf des denkmalgeschützten Kaufhof-Gebäudes verraten schon rein äußerlich die Netze an der klassischen Kontorhausfassade, die verhindern sollen, dass sich Steine lösen und herunterfallen. Für das Innere des Gebäudes werden neue Nutzungen gesucht. So soll die ehemalige Kaufhaus-Filiale künftig eine Mischung aus Büro, Einzelhandel, Wohnen, Gastronomie und kulturellen Angeboten bieten, wie Reiff erklärt, also das, was derzeit als Königsweg für die Belebung der Innenstädte gilt und auch den Wünschen der Bürger entspricht. Die Grüne Bürgerschaftsfraktion, die soeben ein Ideenpapier zur Stadtentwicklung vorgelegt hat, schlägt eine Markthalle für regionale Händler vor, die sich durch Rundbögen zur Straße hin öffnet.

Wie die Konzepte genau aussehen werden, ist aber noch unklar. „Erste Ideen für eine abwechslungsreiche und stimmige Einzelhandels- und Gastronomielandschaft sind da, aber noch nicht ausformuliert“, so Reiff. Auch die Frage nach den Architekten sowie den planenden und ausführenden Unternehmen sei noch nicht final entschieden.

Bei den geplanten Wohnungen werden derzeit mögliche Varianten bezüglich Position, Belichtung und Zugängen geprüft. Mit dem Umbau soll so schnell wie möglich, vermutlich Anfang kommenden Jahres, begonnen werden. „Wir gehen dann von einer Bauzeit von 18 bis 24 Monaten aus“, so Reiff.

In Hamburger freut sich jeder, dass in die Problemimmobilie und in die Lage Bewegung kommt. „Das brachliegende Haus ist ein Schandfleck für die Mönckebergstraße“, meint Andreas Bartmann. Die neue Mischnutzung sieht er als große Chance für die Innenstadt, die dringend aufgewertet werden müsse. An Büroflächen gebe es zwar keinen Mangel in Hamburg, aber moderne Flächen in bester Lage seien nach wie vor gefragt.

Die Innenstadt muss aufgewertet werden

Speziell die Lage zwischen Hauptbahnhof und Rathausmarkt hat in der Corona-Krise schwer gelitten. Allerdings war der Umbruch im Einzelhandel hier schon vorher zu spüren; es gab immer wieder Geschäftsschließungen. Neben der Krise der Kaufhäuser macht die relative Austauschbarkeit des Mieterbesatzes Sorgen, was auch mit den hohen Immobilienpreisen und mit der Eigentümerstruktur zusammenhängt.

Nun steht die Mönckebergstraße vor einem besonders großen Umbruch. Hier bleibt buchstäblich kaum ein Stein auf dem anderen. Die nächste Großbaustelle entsteht quasi nebenan. Noch in diesem Jahr wird das ehemalige C&A-Gebäude abgerissen. Hier soll ein Neubau im Stil der Hamburger Kontorhäuser entstehen, die Bauzeit ist auf drei Jahre veranschlagt. Weitere Umbauten folgen. Bartmann schätzt, dass es fünf Jahre dauern wird, bis alles fertig ist.

Leif Krägenau vom Investmentteam Realkon Immobilien Investment GmbH sieht die Hamburger Einkaufslage „auf dem richtigen Weg“. Hier sei sehr viel Potenzial, das mit neuen Konzepten gehoben werden könne. Und Krägenau sieht mehr Polarisierung voraus: „A- und B-Lagen werden sich stärker zusammenziehen“. Dazu entstünden derzeit viele attraktive neue Hotels in der City, die vom zurückkehrenden Städte-Tourismus profitierten. Und die Stadt gebe viel Geld aus, um die Attraktivität der City zu steigern, lobt er.