Hahn German Retail Property Day

Mit Retail Assets geht es wieder bergauf

V.r. Th. Kuhlmann, M. Hahn, D. Löhken, K. Hansmeier. Foto: Stefan Gatzke

Nachdem die Corona-Pandemie 2022 ihren Schrecken verloren hatte, brachte der russische Angriffskrieg die Inflation und damit die Zinswende. So befasste sich der Hahn German Retail Property Day in Bensberg auch in diesem Jahr mit den Fragen der Krisenbewältigung. Dabei stehen Handelsimmobilien recht robust da.

Der deutsche Investmentmarkt brauche noch Ausdauer, bis die Zeiten wieder „normal“ sind, prognostiziert Jan LinsinHead of Research bei CBRE Deutschland in seinem Vortrag über den Einzelhandelsinvestmentmarkt. Da derzeit – frei nach der angelsächsischen Investorenweisheit „never catch a falling knife – niemand in ein fallendes Messer greifen möchte, verhalten sich viele Marktakteure abwartend. Die Transaktionsvolumina sind in allen Asset-Klassen niedrig, so dass nach dem außerordentlich schnellen Anstieg der Marktzinsen schwer einzuschätzen ist, bei welchen Preisen und Immobilienbewertungen die Bodenbildung erreicht ist.

Laut Linsin lag das Transaktionsvolumen im ersten Halbjahr 2023 mit 13 Mrd. Euro – davon entfallen drei Viertel auf Gewerbeimmobilien – um 64% unter dem Vorjahreszeitraum. Im gesamten Jahr 2022 erreichte das Investitionsvolumen mit Gewerbeimmobilien in Deutschland noch 52,8 Mrd. Euro. Anfang 2022, als sich die geopolitischen Rahmenbedingungen mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine dramatisch veränderten und Inflation nach zehnjähriger Pause plötzlich zum Thema wurde, war der Head of Research noch davon ausgegangen, dass es schon nicht so schlimm kommen werde.

Bislang erreicht das Transaktionsvolumen hierzulande nach seinen Worten einen Wert von unter 18 Mrd. Euro und es ist laut Linsin derzeit nicht möglich, eine Prognose für das Gesamtjahr 2023 abzugeben, solange die Märkte auf Grund der Unsicherheiten bei ihren Preisvorstellung nicht zusammenfinden. Hinzu kommt, dass hierzulande in der nächsten Zeit Kredite im Volumen von 93 Mrd. Euro zur Refinanzierung anstehen. Dadurch könnte Verkaufsdruck entstehen.

In diesem Umfeld stellt sich für Linsin die Frage, welche Asset-Klasse mit Blick auf die Herausforderungen von Morgen noch Bestand hat und kommt zu dem Ergebnis, dass Handelsimmobilien sich besser geschlagen haben als andere Asset-Klassen. Das gilt vor allem für Fachmärkte, Fachmarktzentren und Lebensmittelmärkte. So gehört der Verkauf des kompletten Portfolios der X+Bricks Group mit 188 Nahversorgungsimmobilien an den kanadischen Investor Slate Asset Management im August für mehr als 1 Mrd. Euro zu den großen Transaktionen. Der Deal soll in zwei Tranchen erfolgen und steht u.a. noch unter dem Vorbehalt behördlicher Genehmigungen. Das belegt laut Linsin auch das Vertrauen ausländischer Investoren in den deutschen Nahversorgungsmarkt.

Und die Hahn Gruppe hat ungeachtet der aktuellen Krise ihr „Oceans Portfolio“ mit 13 Fachmarktzentren an die Hamburger CEV Handelsimmobilien sowie die EDEKA Regionalgesellschaften Rhein-Ruhr, Südwest, Nordbayern-Sachsen-Thüringen und Nord veräußern können, wie Thomas KuhlmannVorstandschef der Hahn Gruppe bei der Begrüßung zum Hahn German Retail Property Day, hervorhob. Mit der Fokussierung auf den großflächigen Einzelhandel mit Schwerpunkt Nahversorgung sowie Mischobjekten ist er zuversichtlich, dass der Investment- und Asset-Manager auf die richtigen Karten setzt. Auch die Mehrheit (74% der Nennungen) der für die 18. Auflage des Hahn Retail Real Estate Reports befragten Investoren richtet den Fokus derzeit auf Fachmarktzentren, gefolgt von Supermärkten und Lebensmitteldiscountern (68%) sowie SB-Warenhäusern und Verbrauchermärkten (26%).

Im Investmentmarkt für Gewerbeimmobilien gewinnen Handelsimmobilien laut Linsin – ausgehend von einem niedrigen Niveau – wieder an Bedeutung. Er sieht den Anteil der Branche am Transaktionsvolumen inzwischen bei 26%. Allerdings gibt es unter den verschiedenen Segmenten auch große Unterschiede. Bei Shopping-Centern, die schon vom Strukturwandel durch den Online-Handel und die Restriktionen zur Bekämpfung der Pandemie hart getroffen waren, sei es auf Grund der Größe derzeit schwierig, eine Finanzierung zu bekommen. Die Renditen für Einkaufszentren in A-Städten liegen laut CBRE bei durchschnittlich 5,5% und in B-Städten bei 6,85%. Bei innerstädtischen Geschäftshäusern sind sie zuletzt auf durchschnittlich 4% gestiegen und Supermärkte kamen mit etwa 4,6% noch relativ gut weg.

Der Handel kann sich schnell auf Veränderungen einstellen

„Wir kennen solche Renditen“, erinnert Linsin seine Zuhörer an die Zeiten, bevor die Europäische Zentralbank zur Rettung überschuldeter Euro-Länder und des Euro die Leitzinsen auf null und den Einlagenzins auf -0,5% heruntergesetzt und damit den Immobilien-Boom forciert hatte: „Es geht zurück zur Normalität, wir sind aber noch nicht ganz durch“, so Linsin. Immerhin liegt die Kerninflationsrate in Deutschland mit 5,5% immer noch recht hoch. Vor diesem Hintergrund kommt für ihn die erneute Anhebung der Leitzinsen durch den EZB-Rat am 14. September, die noch nicht eingepreist wurde, auch nicht überraschend.

So hofft Linsin nun, dass sich die Marktbedingungen ab 2024 wieder verbessern, wenn die Unsicherheit aus dem Markt ist. Das sieht er auch für Shopping-Center, allerdings auf einem niedrigeren Niveau als in der Boom-Phase. Der Head of Research rechnet im nächsten Jahr mit großen Shopping-Center Transaktionen. In diesem Jahr sieht er dagegen keine großen Portfolien auf dem Markt, nur viele kleinteilige Transaktionen. Mit wieder sinkenden Zinsen rechnet die Mehrheit der Teilnehmer des Hahn Property Day (57%) auch erst 2025 oder sogar später. Ein Drittel (33%) kann sich eine Zinssenkung aber auch schon im zweiten Halbjahr 2024 vorstellen.

Für Josef FrechenNiederlassungsleiter Hamburg bei Bulwiengesa, ist es auch die Fähigkeit des Einzelhandels, sich immer wieder schnell auf Marktveränderungen einzustellen, womit er auch für Stabilität im Handelsimmobilienmarkt sorgt. Themen wie Homeoffice und mobiles Arbeiten, die dazu führen, dass Stadtteilzentren und Mittelstädte für den Einkauf vor Ort an Bedeutung gewinnen, stellen die Branche vor die Aufgabe, für sich die richtigen Handelsstandorte zu identifizieren. Hinzu kommt laut Frechen der immer weiter wachsende Anteil der Silver Society bzw. die Seniorisierung der Gesellschaft, die zu einem veränderten Konsumverhalten führen wird – schon weil die niedrigen Renten weniger Spielraum für Ausgaben lassen.

Sicher aber dürfte sein, dass ältere Menschen vor allem auf den stationären Einzelhandel setzen werden – nicht zuletzt deshalb, weil sie ihn auch als sozialen Treffpunkt schätzen. Und dass nach Abklingen der akuten Corona-Pandemie vor allem der stationäre Einzelhandel laut Frechen zum nominalen Umsatzwachstum von 7% beigetragen hat, dürfte die Einzelhandelsimmobilienbranche weiter stabilisieren. Zumal der Online-Handel seit dem Abflauen der Corona-Pandemie nominal und real Umsatzrückgänge verzeichnet.

Hinzu kommt, dass der Online-Handel sich auf Grund der höheren Zinsen bei der Finanzierung seiner technischen Ausstattungen neu aufstellen und höhere Kapitalrenditen erzielen muss. Derzeit liegt der Umsatz-Anteil des Internet-Handels hierzulande bei 13,4% und könnte nach den Prognosen das Handelsverbands Deutschland (HDE) 2023 ein Volumen von knapp 90 Mrd. Euro erreichen. Im Bereich Textil/Bekleidung lag der Online-Anteil am Umsatz 2022 bei 42% und könnte in diesem Jahr auf 40% sinken und damit auf das gleiche Niveau wie bei Consumer Electronic liegen.

Vor allem aber die großen Spieler im hiesigen stationären Lebensmittelhandel beherrschen laut Frechen die gesamte Klaviatur, um auf Veränderungen wie die steigende Inflation und deren Folgen für das Kaufverhalten in der breiten Bevölkerung zu reagieren. So spielt nach den Boom-Jahren mit ihren wachsenden Qualitätsansprüchen heute die Preiskommunikation wieder eine Rolle. Zudem setzen die Händler vermehrt auf ihre Eigenmarken, die preisgünstiger sind als die Herstellermarken, um dem Sparbedürfnis der Bundesbürger entgegenzukommen. Denn, wie Frechen feststellt, war die Stimmung der Verbraucher schon mal besser. Mit Blick auf das eher gedämpfte Verbrauchervertrauen ist aus seiner Sicht in den nächsten drei Monaten denn auch kein Nachfrageschub zu erwarten.

Man muss auch den Willen zum Siegen haben

Als Ratschlag aus dem Profifußball für herausfordernde Zeiten brachte Michael RummeniggeEx-Profifußballer und Sportunternehmer, den Teilnehmern des Hahn Property Days in seinem Vortrag über den „Faktor Mensch“ unter anderem die Philosophie des Fußballvereins Bayern München mit, dessen Sportler immer mit dem Willen in ein Spiel gehen, es auch zu gewinnen. Man müsse den Willen zum Sieg haben. Wichtig ist nach seinen Erfahrungen dabei auch eine klare Hierarchie in einer Fußball-Mannschaft. 

In diesem Tenor gibt auch der stationäre Einzelhandel in Deutschland nicht auf und trägt sich gemäß der Umfrage für den jüngsten Hahn Retail Real Estate Report weiter mit Expansionsplänen. So will die Mehrheit der Befragte (58%) bis zum Jahresende weitere Filialen eröffnen. Das ist laut Report deutlich mehr als noch im Jahr zuvor, das noch von den Corona-Maßnahmen geprägt war. Expansionsfreudig sind vor allem die Branchen Gesundheit und Beauty (88% der Nennungen), Bekleidung (75%), allgemeiner Bedarf (67%), Hobby und Freizeit (57%) sowie Gastronomie (50%). Unangefochten an der Spitze lsteht aber der Lebensmitteleinzelhandel mit 92% der Expansionswilligen. Im Zuge der Re-Urbanisierung sieht die Branche für sich durchaus noch weiße Flecken beispielsweise in den großen Städten, in denen sie in der Vergangenheit noch nicht so stark vertreten war.

Laut Frechen setzt zudem die Stadtplanungslobby vermehrt darauf, in neuen Quartieren im Erdgeschoss Lebensmittelläden einzuplanen. In diesem Kontext würden auch wieder Verkaufsflächen mit weniger als 800 qm interessant. Der gestiegene Optimismus des stationären Einzelhandels nach der Rückgewinn von Marktanteilen dürfte sich demnach darin widerspiegeln, dass der stationäre Einzelhandel auch künftig auf physische Präsenz setzt, wie der Hahn Report zeigt.