Boulevard Berlin

Mischnutzung gegen den Leerstand

Foto: Boulevard Berlin

rv DÜSSELDORF: In der Shopping-Center-Szene ist vieles im Fluss. Nachdem das Forum Steglitz in der Berliner Schloßstraße in ein Mischobjekt mit vielen Nutzungen – neben dem Einzelhandel – umgebaut wurde, plant nun auch der neue Eigentümer des Boulevard Berlin, Dunman Capital, der das Einkaufszentrum 2022 erworben hatte, eine weitreichende Neupositionierung. Vorbild ist auch das Forum Steglitz.

Der Boulevard Berlin, eines der vier Einkaufszentren, die sich in der Berliner Schloßstraße befinden, ist mit seinen 64 000 qm Verkaufsfläche hinter den Gropius Passagen mit ihren etwa 90 000 qm und der Mall of Berlin mit 76 000 qm das drittgrößte Einkaufszentrum der Bundeshauptstadt. Ein wesentlicher Teil des Shopping-Centers besteht aus dem ehemaligen Wertheim Kaufhaus aus den 1960er-Jahren, das zuvor entkernt und mit neuer Natursteinfassade zwischen 2009 und 2012 für 390 Mio. Euro wieder aufgebaut und in den Neubau des Einkaufszentrums integriert wurde. Das Einkaufszentrum Boulevard Berlin wurde in dieser Zeit nach den Entwürfen der Architekten Ortner & Ortner erbaut. Betreiber des Centers ist der französischen Shopping-Center-Spezialist Klépierre.

Wie der neue Eigentümer Dunman Capital, Entwickler und Spezialist für Mischobjekte, mitteilte, wurde mit den „weitreichenden Umbaumaßnahmen“ auf der Schloßstraße in Steglitz-Zehlendorf am 19. Juni dieses Jahres begonnen. Nach den Plänen sollen in den oberen Etagen bis Anfang 2025 gut 25 000 qm Bürofläche mit Raum für 3 000 neue Arbeitsplätze entstehen. Der Shopping-Center-Betrieb soll in dieser Zeit ohne Unterbrechung weitergehen ‒ „dank minutiöser Planung“, wie es heißt.

„Die größte Veränderung erfahren das erste und zweite Obergeschoss“, berichtet Center-Managerin Anja Schieban: Grund für die Neuausrichtung war jahrelanger Leerstand, der die Betreiber dazu veranlasste, über alternative Nutzungen- wie Büros – nachzudenken. Denn nach dem gravierenden Strukturwandel durch den Internet-Handel und die Restriktionen im Rahmen der Pandemie-Bekämpfung halten viele Nonfood-Händler ihre Expansion derzeit in engen Grenzen.

Das gesamte Einzelhandelsangebot wird im Rahmen dieser Neuausrichtung im Erdgeschoss – ohnehin die begehrteste Lage – und im Untergeschoss, das für Frequenz-starke Lebensmittelmärkte kein Problem ist, konzentriert. Laut Schieban wird hier auch alles übersichtlicher, moderner und freundlicher gestaltet. Damit will der neue Eigentümer auf das veränderte Einkaufsverhalten der Kunden reagieren, die von einer Mall nicht mehr unbedingt erwarten würden, dass sie möglichst viele Shops und Marken auf engstem Raum präsentieren, sondern mehr Erlebnis, eine hohe Aufenthaltsqualität und ein ansprechendes Innendesign. Durch die Ansiedlung von Büroflächen ist zudem zu erwarten, dass der Handel dadurch neue Kunden gewinnt.

Aktuell gibt es im Boulevard Berlin auf drei Ebenen noch etwa 55 Geschäfte, die nach Unternehmensangaben eine große Auswahl an internationalen Marken wie H&M, Nike und Zara bieten. Ankermieter sind der Warenhausbetreiber Galeria und die Elektrofachmarktkette Saturn. Ergänzt wird das Angebot durch Anbieter von Waren des täglichen Bedarfs wie dm und Edeka.

Laut Dunman Capital gehört das Einkaufszentrum zu den am stärksten frequentierten Center der Hauptstadt. Dazu dürfte wesentlich beitragen, dass der Boulevard einen direkten Zugang zum U-Bahnhof Schloßstraße und zur U9 hat. Zudem ist ein Parkhaus mit 850 Parkplätzen angeschlossen. Das sind auch gute Voraussetzungen für die künftigen Beschäftigten in den neuen Büros.

Während der ersten Bauphase werden nach Unternehmensangaben die Rolltreppen im Atrium demontiert. In dieser Phase wird das Parkhaus über die Aufzüge erreichbar bleiben. Dann werden die Decken geschlossen, um den Einzelhandelsbereich von den neuen Büroflächen zu trennen. Ungestörtes Arbeiten und ausgelassenes Einkaufen werden sich nicht gegenseitig beeinträchtigen.

„Mit der Entscheidung zu sanieren wird das Projekt nicht nur vergleichsweise schnell abgeschlossen, der gesamte Prozess wird auch viel nachhaltiger sein“, teilt Dunman Capital weiter mit: Abriss und Neubau hätten viele Jahre gedauert und Unmengen an CO2 freigesetzt. Saniert wird nach den neusten ESG-Standards. Mit Blick auf die Tatsache, dass die Fassade des Wertheim-Kaufhauses denkmalgeschützt ist, wäre zumindest ein Abriss dieses Teils des Boulevards ohnehin nicht möglich gewesen.