Social Impact Investing

Messung der gesellschaftlichen Mehrwerte

Urbaner Mix im Living Circle in Düsseldorf. Foto: Catella

Neben dem Thema Nachhaltigkeit spielen im Zuge des seit Jahren währenden Booms auf dem Investmentmarkt vermehrt auch gesellschaftliche Aspekte eine Rolle. Um diese messbar zu machen, hat das Institut für Corporate Governance in der deutschen Immobilienwirtschaft (ICG) Praxisleitfaden zum „Social Impact Investing“ erarbeitet. Es geht hier um wirkungsorientierte Ansätze, um die Gestaltungskraft auch in „nicht-finanzielle Belange“ der Investments zu lenken.

Seit in den 1990er-Jahren mit der Aktienkultur auch die Shareholder-Value-Philosophie zur Leitkultur insbesondere in deutschen Großunternehmen wurde, geriet mit der unbedingten Ausrichtung auf die Gewinnmaximierung der Anteilseigner die soziale Einstellung des Rheinischen Kapitalismus unter die Räder. Diskussionen zu Beginn des Jahrtausends, dass Unternehmen neben den Ansprüchen der Aktionäre auch die Belange anderer Anspruchs- und Interessengruppen wie die der Mitarbeiter in der Unternehmenskultur berücksichtigen müssten – Stichwort „Stakeholder Value“ – verliefen wieder im Sande. In Deutschland stand das Thema Arbeitsplatzabbau zu Beginn des Jahrtausends ganz oben auf der Agenda.

Mit dem Fachkräftemangel hierzulande und vor allem in den USA im Zuge der insgesamt gut laufenden Konjunktur gewinnt der soziale Aspekt in der Unternehmenskultur und im Wirtschaftsleben wieder an Bedeutung – im Einklang mit dem wachsenden Bewusstsein für Nachhaltigkeit, das insbesondere in der Immobilienwirtschaft mit ihren umfangreichen Emissionen inzwischen selbst bei den Investoren und Banken ein zentrales Thema ist.

Gleichzeitig nimmt mit dem wachsenden Online-Handel und der sinkenden Frequenz in den Innenstäten das Bewusstsein dafür zu, dass sich im Zuge der Prozessoptimierung im Einzelhandel und der stetigen Ausweitung der Verkaufsflächen in Deutschlands Innenstädten zu viel Monotonie ausgebreitet hat. Die Zwangsschließungen zur Pandemiebekämpfung haben dies nochmals deutlich vor Augen geführt.

Ein weiteres Kapital in der Immobilienwirtschaft ist die Explosion der Wohnimmobilienpreise in Deutschland – insbesondere in den großen Core-Städten – nach Ausbruch der Euro-Schulden-Krise 2010 als Folge der Überschuldung Griechenlands. Über Nacht investierten viele Mittelständler ihr Geld in Immobilien, um es vor einem möglichen Verfall der Euro-Zone zu sichern. Die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) mit negativen Einlagenzinsen von -0,5% heizt diesen Boom derzeit weiter an, sodass unter Experten die Sorge vor einer Blasenbildung wächst.

„Bezahlbarer Wohnraum“ für die unterschiedlichen sozialen Schichten und Altersgruppen ist deshalb zum zentralen Schlagwort auf dem deutschen Wohnimmobilienmarkt geworden – im Interesse einer durchmischten Bevölkerung. Neben dem wachsenden Bewusstsein für die Notwendigkeit des Klimaschutzes gibt es vor diesem Hintergrund auch ein wachsendes Bewusstsein dafür, dass bei Immobilieninvestments auch vermehrt auf die gesellschaftliche Verantwortung der Branche geachtet werden muss und der gesellschaftliche Mehrwert der Projekte und Investitionen genauso wie der finanzielle Mehrwert analysiert, gemessen und dargestellt werden muss.

Bezahlbarer Wohnraum ist ein wichtiges Stichwort

Das neu-deutsche Wort dafür lautet Social Impact Investing und steht für das „S“ in den Nachhaltigkeitskriterien für heutige Investments, ESG (Environmental, Social, Governance). Wie Tanja Volksheimer, Senior Portfolio Manager bei Nuveen Real Estate im MEC-Fachmarkt Report„Shift Happens“, erläuterte, geht es beim „Impact Investing“, also dem wirkungsorientierten Investieren, um „verantwortungsbewusstes Investieren“ mit dem Ziel, „über die traditionellen Umwelt-, Sozial- und Governance-Prinzipien hinauszugehen und einen messbaren Mehrwert für Menschen und den Planeten zu schaffen“.

Wie Volksheimer weiter schreibt, geht es bei diesem Ansatz neben dem Streben nach wettbewerbsfähigen Renditen auch um ökologische und gesellschaftliche Effekte sowie um soziale Lösungen. Es gelte eine Balance zu finden, zwischen den Interessen der Investoren und den langfristigen Interessen der Gemeinschaft und die Sicherung von Arbeitsplätzen.

Doch während das „nachhaltige Investieren“ im Bereich Klimaschutz („E“) bereits stark analysiert werde, sei der Bereich des Social Impact Investings („S“) noch nicht so weit vorangeschritten, wie das Institut für Corporate Governancein der deutschen Immobilienwirtschaft (ICG) dazu feststellt. Das Institut hat mit dem Praxisleitfaden zum Social Impact Investing im Frühjahr wirkungsorientierte Ansätze vermittelt, „um die Gestaltungskraft auch in nicht-finanzielle Belange ihrer Investments zu lenken und damit ihre Verantwortung für Menschen, Umwelt und Strukturen wahrzunehmen“, wie das ICG mitteilt.

Nach den Worten von Susanne Eickermann-Riepe FRICS, Vorstandsvorsitzende des ICG, hat das Institut mit der Initiierung der „vorliegenden Auftragsforschung in Kooperation mit dem EBS Real Estate Management Institute (REMI) den nächsten Schritt zur weiteren Standardisierung angestoßen, um die Nachweisführung zu fördern, Benchmarks zu entwickeln und die Glaubwürdigkeit der Branche zu erhöhen“. Das könne nur gelingen, wenn neben den wirtschaftlichen Erfolgsfaktoren auch die sozialen und gesellschaftlich relevanten Wirkungsfelder in die Analysen und Scoring Modelle einbezogen würden. Die Festlegung von Standards ist laut Eickermann-Riepe auch notwendig, um eine Messung des gesellschaftlichen Mehrwerts zu ermöglichen und den Investoren so den Erfolg mit dem Ziel nachzuweisen, genügend Mittel für Social Impact Investing zu generieren.

Drei Beispiele für soziales Bauen

Nach Einschätzung der ICG-Chefin sind nachhaltige Investoren aus heutiger Sicht auch bereit, „in diese Assetklasse zu investieren und für den Impact zu zahlen, denn bereits heute sind die Ziele der Asset Allokation auch mit sozialem Engagement verbunden“. Bleibt die Frage, was passiert, wenn der aktuelle Anlagedruck und die hohe Nachfrage nach Immobilien nachlassen und die Zinsen steigen?

Anhand der drei Projekte Living Circle in Düsseldorf von Catella, der 2017 fertig gestellt wurde, der Schumanns Höhe von Instone Real Estate in Bonn, die 2021 fertig wird und dem Moringa in Hamburg von der Landmarken AG, die 2024 fertig werden soll, erläuterte Laura Haidl, was Social Impact Investing bei Wohnimmobilien bedeuten kann. Beim Living Circle in Düsseldorf wurde auf einen Urbanen Mix und eine soziökonomische Durchmischung Wert gelegt, so dass ein soziales Quartier entstanden ist. Mit 117 von 200 Punkten entspricht es überwiegend einem Gold-Standard des Real Estate Scoring Modells.

Die gleichen Ziele wurden auch bei der Schumanns Höhe mit einer ganzheitlich durchmischten Quartiersentwicklung angestrebt. Mit 113 von 200 Punkten wurde auch hier überwiegend ein Gold-Standard erreicht. Beim Moringa geht es um das wichtige Thema „bezahlbarer Wohnraum“ sowie die Erhöhung der ökologischen Wohn- und Lebensqualität. Mit 153 von 200 Punkten entspricht auch dies überwiegend einem Gold-Standard und nach Fertigstellung der Elbbrückenquartiers könnte laut Haidl sogar ein Platin-Standard erreicht werden.