RICS Global Construction Monitor

Massiver Gegenwind für den Bausektor vor allem in Europa

Foto: Vierbuchen

rv DÜSSELDORF. Mit Blick auf die Herausforderungen durch den Klimawandel und die Notwendigkeit, künftig energieeffizient zu bauen und die Bestandsgebäude energetisch nachzurüsten, sind die Ergebnisse des RICS Global Construction Monitorfür das zweite Quartal 2022 keine gute Nachricht. Denn danach spricht vieles dafür, dass sich die Dynamik in vielen Teilen der Welt, aber vor allem in Europa und Deutschland, abschwächt.

Nach den Worten von Susanne Eickermann-Riepe, Vorstandsvorsitzende der RICS Deutschland, sind die Hindernisse, die den Bausektor gegenwärtig belasten, die gleichen wie in den Monaten zuvor. Vorherrschende Themen: Die Teuerungsrate und die Materialknappheit. Denn in den weiter steigenden Materialkosten sehen weltweit 88% der Befragten ein großes Hindernis für die Bautätigkeit. In Deutschland liegt der Anteil mit 87% ähnlich hoch. Und ein Ende des Preisauftriebs ist offenbar auch nicht in Sicht. Denn die Befragten Immobilienexperten erwarten, dass die Materialkosteninflation auf einem hohen Niveau bleiben wird und weltweit 8% (Deutschland: 9%) der Befragten erwarten in den nächsten zwölf Monaten sogar einen weiteren Anstieg.

Mit dieser Einschätzung befindet sich die Branche auf einer Linie mit den namhaften Notenbanken der Welt, allen voran der Federal Reserve in den USA, deren Präsident Jerome Powell jüngst betonte, dass er die Bekämpfung der Inflation als vordringlichste Aufgabe sieht. Selbst die Europäische Zentralbank (EZB) erkennt inzwischen an, dass die Inflation hartnäckiger ist, als bisher angenommen.

Mit den steigenden Preisen haben sich im zweiten Quartal laut RICS-Umfrage auch die Gewinnmargen der Bauträger verringert und die Branche erwartet nicht, dass sich daran in den nächsten zwölf Monaten etwas ändert. Ablesen lässt sich diese Verschlechterung am Netto-Saldo, der weltweit von 13% im ersten Quartal auf -2% im zweiten Quartal gesunken ist und in Deutschland sogar von -7% auf -29%. Eickermann-Riepe geht davon aus, dass die Branche ihre Erwartungen hinsichtlich der Margen weiter zurückschrauben wird.

Das Thema Materialengpässe ist weltweit für drei Viertel (74%) der Befragten ein weiteres maßgebliches Hindernis. In Deutschland wird das Problem sogar als noch drängender empfunden als die Preissteigerungen. Hier sehen 93% das Problem als großes Hemmnis. Außerdem beklagt die Branche weltweit den Mangel an Arbeitskräften und vor allem an Facharbeitskräften.

Mit Blick auf diese Hemmnisse ist der Gesamtindex der Bautätigkeit (CAI) weltweit von +20 im ersten Quartal auf +12 im zweiten Quartal 2022 gesunken. Damit liegt der Wert laut RICS zwar immer noch im positiven Bereich, doch ist dies „der schwächste Wert seit dem vierten Quartal 2020“. Am deutlichsten fiel der Rückgang demnach in Europa mit einem Minus von +18 auf +5 aus. In Deutschland ging der CAI sogar von +34 auf +8 und in Frankreich von +28 auf 0 zurück. In Amerika verzeichnete der CAI mit einem Rückgang von +38 auf +27 dagegen immer noch einen günstigeren Wert.

Diese Entwicklung ist aus Sicht von Eickermann-Riepe mit Blick auf die umfangreichen und ehrgeizigen politischen Ziele „ein Alarmsignal“. Europaweit sei der Gewerbesektor schon vorher schwach ausgeprägt gewesen und verliert aus Sicht der Befragten nun noch weiter an Boden, was sie alsschlechtes Zeichen für die Renovierungsziele bei der Dekarbonisierung und damit für den Klimaschutz sieht. Und auch beim privaten Wohnungsbau sieht es laut RICS-Deutschland-Chefin vor allem in Frankreich, Deutschland und den Niederlanden mit Blick auf die Wohnungsknappheit nicht günstig aus.