Einzelhandelskonjunktur

Lieferprobleme und steigende Preise

Beschränkungen zur Pandemie-Bekämpfung haben Spuren hinterlassen. Bild: R. Vierbuchen

rv DÜSSELDORF Die Lage im innerstädtischen Einzelhandel hat sich gegenüber den Corona-Jahren 2020 und 2021 mit ihren langen Phasen der Zwangsschließungen zwar verbessert, doch konnte die Branche nach Feststellung des Handelsverbands Deutschland (HDE) in diesem Jahr weder bei den Umsätzen noch bei der Frequenz das Vorkrisen-Niveau erreichen. Hinzu kommt, dass der für die Cities wichtige Mode-Handel mit Lieferverzögerungen und Ausfällen bei seiner Frühjahr- und Sommer-Kollektion zu kämpfen hat.

So ergab eine Umfrage des Handelsverbands Deutschland (HDE) Mitte Mai unter mehr als 700 Handelsunternehmen, dass die Erlöse im stationären Nonfood-Handel zuletzt noch um durchschnittlich 13% unter dem Niveau des Vorkrisenjahres 2019 lagen, während die Besucherzahl in den Läden des Nonfood-Handels sogar um 21% hinter dem Vorkrisenniveau zurückblieb. Noch deutlicher fällt das Defizit im innerstädtischen Nonfood-Handel mit Umsatzeinbußen von 20% aus. Und auch die Zahl der Besucher erreichte in der 20. Kalenderwoche in den Innenstädten nur 80% des Niveaus von 2019.

„Der Einzelhandel bleibt im Krisenmodus“, konstatiert HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth mit Blick auf die Tatsache, dass leichte Erholungseffekte und der Wegfall von Corona-Beschränkungen noch nicht zur Rückkehr zur Normalität geführt haben. Während die Pandemie noch nicht ganz vorbei sei, so Genth weiter, stellten die wirtschaftlichen Auswirkungen des russischen Krieges in der Ukraine die Branche nun vor zusätzliche Herausforderungen.

Das zeigt beispielweise der Blick auf den Einzelhandel mit Bekleidung, Textilien, Schuhen und Lederwaren, der für die Frequenz in den Innenstädten von besonderer Bedeutung ist. Nach einer aktuellen Umfrage des Handelsverbands Textil Schuhe Lederwaren (BTE) berichtete nur eine kleine Minderheit (5%) der Teilnehmer, dass sie nicht oder nur in geringem Ausmaß von Lieferproblemen betroffen sind. Etwa 37% der Befragten gab an, dass bestellte Ware im einstelligen Prozentbereich nicht geliefert wurde und nochmals genauso viele gaben an, dass ihre Ausfälle und Verzögerungen bei 10 bis 20% liegen. Bei einem Fünftel (21%) der Teilnehmer wurden bislang gut 20% der Frühjahr-/Sommer-Ware verspätet oder (noch) nicht geliefert.

Die Folge sind laut BTE zum Teil schmerzliche Umsatzeinbußen. So schätzt etwa ein Drittel der Befragten die entgangenen Einnahmen auf 10 bis 20% und 5% gehen sogar von 20% aus. Eine größere Gruppe (43%) der Mode-Händler sehen ihren Einnahmenausfall dagegen bislang im einstelligen Prozentbereich und 18% der Teilnehmer beklagen keine oder nur minimale Einbußen.

Dabei sieht gut ein Fünftel der Einzelhändler auch keine Chance, den Umsatzausfall noch aufzuholen, ein Drittel ist zuversichtlich, noch bis zur Hälfte der nicht erzielten Erlöse wieder reinholen zu können. Es gibt aber auch die Optimisten, die zuversichtlich sind, zumindest einen großen Teil (12%) oder die Umsatzverluste vollständig (17%) aufholen zu können.

Beim Blick auf die bevorstehende Herbst-/Winter-Saison und die Belieferung mit der entsprechenden Ware in den nächsten Wochen berichten laut BTE alle Umfrageteilnehmer von mehr oder weniger hohen Preissteigerungen gegenüber der Vorjahressaison. Knapp die Hälfte (48%) erwarten Preiserhöhungen im einstelligen Bereich, die Hälfte der befragten Händler erwartet Preissteigerungen zwischen 10 und 20%. Eine kleine Gruppe ist sogar so pessimistisch, dass sie einen Preissprung von über 20% befürchten.

Nach zwei harten Corona-Jahren und den wachsenden Problemen mit Lieferausfällen sowie drastischen Preissteigerungen für den Nonfood-Sektor im Allgemeinen und den innerstädtischen Einzelhandel im Besonderen befürchtet der HDE Folgen für die Stadtzentren, etwa weil immer mehr Betriebe aufgeben und es zu Leerstand kommt. Nach den Folgen durch die Pandemie sind die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf die Branche laut Genth noch nicht abzuschätzen.

Da aber ein starker Einzelhandel die Grundvoraussetzung für attraktive Innenstädte ist, macht sich der Hauptgeschäftsführer für mehr Teamgeist und Teamarbeit bei der Bewältigung der innerstädtischen Probleme stark. Vor diesem Hintergrund erneuert er die bereits früher geäußerte Forderung nach einem Sonderprogramm, das die Innenstadtentwicklung in den nächsten fünf Jahren mit jährlich 500 Mio. Euro unterstützt. „Im Rahmen des Sonderprogramms sollen Konzepte und Maßnahmen gefördert werden, die zur Attraktivitätssteigerung und Modernisierung bestehender sowie neuer Geschäfte und innerstädtischer Einrichtungen beitragen“, so Genth: „Wir müssen jetzt die Innenstädte der Zukunft gestalten. Gelingen kann das nur mit einem gemeinsamen Engagement von Politik, Handel und Kommunen.“