Investmentmarkt Einzelhandel

Langsam aus der Wartestellung

Jürgen Kreutz Foto: IPH

Mit einem gemeldeten Volumen von rund 2,3 Mrd. Euro war das Transaktionsjahr 2023 bislang sehr ruhig – und auch im Vorfeld der EXPO REAL in München scheint nur wenig auf eine dynamische Jahresendrallye hinzudeuten. Viele Marktteilnehmer im Segment Einzelhandelsimmobilien sind in der aktuellen Lage relativ zurückhaltend.

Dennoch gibt es deutliche Signale und Entwicklungen, die auf den Wunsch nach mehr Transaktionen und auch Deal-Anbahnungen hindeuten. Einerseits sind still und heimlich einige sehr eigenkapitalstarke Investoren bereits „unter dem Radar“ aktiv und nutzen die Chancen, die die Preiskorrekturen in den vergangenen zwölf Monaten bereits beschert haben. Die Produktauswahl ist jedoch noch begrenzt. Hierbei stehen weiterhin Fachmarktzentren, Nahversorgungsagglomerationen und lebensmittelgeankerte Hybrid-Center im Mittelpunkt.

Auch wenn Equity-Käufer nicht zwingend finanzieren müssen, so soll und muss sich die Anfangsrendite dennoch in einem Korridor bewegen, der finanzierbar wäre. Das bedeutet, dass Multiplikatoren über dem 20-Fachen der Vergangenheit angehören und dass sie sich nur im absoluten Ausnahmefall in diesem Bereich bewegen. Im Normalfall liegen die Faktoren deutlich darunter.

Multiplikatoren über dem 20-Fachen sind passé

Andererseits positionieren sich Investoren aus dem angelsächsischen Raum, die in den zurückliegenden Monaten beträchtliche Liquidität akkumuliert haben. Sie nutzen deutsche Investmentplattformen als Vehikel oder bedienen sich Joint-Ventures, um gezielt in Märkte einzusteigen, die besondere Fach- und Regionalkompetenz erfordern. Hierbei sind überwiegend Value-Add-Produkte im Fokus.

Besonders „sexy“ ist die Story, wenn etwa aus einem nutzungsreinen Shopping-Center mit deutlichem Restrukturierungsbedarf eine multifunktionale Mixed-Use-Immobilie entwickelt werden kann. Dieser Transformationsprozess erfordert jedoch neben dem zukunftsorientierten Konzept, dem umfassenden Know-how über alle zukünftig funktionierenden Nutzungsarten und der technischen (ESG-konformen) Weiterentwicklung vor allem Kapital. Dieses notwendige Kapital ist bei einer Vielzahl von Bestandshaltern nicht ausreichend verfügbar, und Finanzierungen sind aktuell eher schwer.

Preise passen allmählich wieder zu den Zinsen

Dieser Druck zur Repositionierung der Immobilie und der Druck der Banken bei notwendigen Refinanzierungen wird den Transaktionsmarkt kurz- bis mittelfristig wieder deutlich in Bewegung bringen. Zudem sind die Preise bei Highstreet-Immobilien durch die Korrekturen in den vergangenen Jahren nun in Korridoren angekommen, die sich meist mit den gängigen Fremdkapitalzinsen rechnen lassen. Voraussetzung ist jedoch, dass neben den Kaufpreiskorrekturen neue und marktgerechte Mietverträge abgeschlossen wurden, die den Händlern die Möglichkeit bieten, die durch den Online-Handel reduzierten Umsätze nachhaltig auf der Fläche zu erwirtschaften. Bei solchen neu positionierten Innenstadtimmobilien registrieren wir bei Privatinvestoren und Family Offices, die diese Grundstückswerte bei realistischen Anfangsrenditen zu schätzen wissen, wieder ein wachsendes Interesse.