RICS Global Commercial Property Monitor

Kursänderungen der Zentralbanken verunsichern die Immobilienmärkte

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rv DÜSSELDORF. In den vergangenen Jahren haben vor allem die niedrigen Zinsen den Immobilien-Boom am Laufen gehalten. Nachdem die US-Notenbank Federal Reserve nun sehr deutlich gemacht hat, dass sie die Zinsen zur Bekämpfung der hohen Inflation zügig und stark erhöhen wird, dürften sich die Rahmenbedingungen für die Gewerbeimmobilienmärkte ändern.

Es bestehe eine größere Unsicherheit darüber, wie sich die Kursänderungen der Zentralbanken bei ihrer Geldpolitik auf die Realwirtschaft, die Finanzmärkte und die Immobilienmärkte auswirken wird, heißt es denn auch im Statement zum RICS Global Commercial Property Monitor (GCPM) fürs erste Quartal 2022. Vor allem die deutschen Teilnehmer würden eine deutliche Veränderung bei den Kreditkonditionen wahrnehmen. So sind die Bauzinsen hierzulande seit Jahresbeginn bereits auf über 2,5% gestiegen und die Renditen für zehnjährige Bundesanleihen erstmals seit Jahren auf knapp über 1%.

Gemäß der Umfrage zum RICS-GCPM für das erste Quartal 2022, die zwischen dem 9. März und dem 11. April durchgeführt wurde, befürchten viele Marktteilnehmer, dass die Änderung der Zinspolitik das Risiko für Immobilien erhöhen könnte, insbesondere da diese Zinserhöhungen begleitet werden könnten durch Maßnahmen wie die Rücknahme von Programmen, die die geldpolitische Landschaft in den vergangenen zehn Jahren geprägt haben.

Dieser Trend gilt vor allem für Deutschland, wo die Investorenstimmung laut Susanne Eickermann-Riepe, Vorstandsvorsitzende der RICS Deutschland seit Jahresbeginn 2022 fällt. So rutschte der Commercial Property Sentiment Index hierzulande im ersten Quartal – nach einem Wert von +2 im vierten Quartal 2021 – wieder in den negativen Bereich auf -1. Ein Grund dafür dürfte sein, dass der Anteil der Befragten, die den hiesigen Gewerbeimmobilienmarkt auf dem Höhepunkt bzw. im Aufschwung sieht, von 81% im dritten Quartal 2021 auf nunmehr 67% gesunken ist, während der Anteil, der Deutschland in einer frühen Abschwung-Phase sieht, von 15% im vierten Quartal 2021 auf 23% zu Jahresanfang gestiegen ist.

In diesem Kontext ist das Investitionsklima, gemessen im Investor Sentiment Index (ISI), von +9 im vierten Quartal auf +5 im ersten Quartal gefallen – bleibt damit aber immerhin noch im positiven Bereich. Anders als das Mieterklima, das im Occuppier Sentiment Index (OSI) gemessen wird, der sich von -5 auf -7 verschlechtert hat und damit die Rückkehr in den positiven Bereich verfehlte.

Im europäischen Vergleich fällt Deutschland damit aus dem Rahmen. Denn der europäische Index für das Mieterklima OSI stieg auf aggregierter Ebene erstmals seit dem Vor-Corona-Jahr 2019 von -2 im vierten Quartal 2021 auf +5 in den positiven Bereich. Der Index für das Investitionsklima ISI legte zwar nur um einen Punkt von 10 auf 11 zu, konnte damit aber den stärksten Wert seit der Vor-Corona-Zeit erreichen und nun im dritten Quartal in Folge wachsen, wie es in der Studie heißt.

Im europäischen Vergleich fällt Deutschland aus dem Rahmen

Der Commercial Property Sentiment Index erreichte laut Studie in den meisten europäischen Märkten positive Werte mit Kroatien (+26) an der Spitze, vor Tschechien (+25) und Griechenland (+24). In 14 der 18 untersuchten europäischen Länder verbesserten sich die CPSI-Werte im Quartalsvergleich. In Großbritannien stieg er von +8 auf +17 und in Polen von -9 auf +14. Nur die Schweiz, wo sich der Wert lediglich von -5 auf -2 erhöhte und Italien, wo der Wert von 0 auf -2 sank, leisteten Deutschland auf den hinteren Plätzen Gesellschaft.

Für ein Abflauen der Immobilienkonjunktur hierzulande könnte auch die Tatsache sprechen, dass 55% der Befragten Deutschland als „teuren“ Immobilieninvestitionsstandort ansehen und 28% sogar als „sehr teuren“ Standort bewerten. „Deutschland steht damit nach Luxemburg und Österreich im weltweiten Vergleich der Länder, die ihren Standort als teuer ansehen, auf Platz 3, es folgen die Schweiz und Israel“, heißt es in der Studie dazu.

Für Verunsicherung sorgen hierzulande laut Eickermann-Riepe zudem der Ukraine-Krieg, die Energiekrise und die hohen Energiepreise, die Folgen der Pandemie, die Lieferengpässe und die damit einhergehende hohe Inflation sowie die Absenkung der Wachstumsprognosen durch die Wirtschaftsforschungsinstitute. Immerhin steht hierzulande die Angst vor einer Stagflation im Raum.

Der Zinsanstieg könnte die Preisgestaltung beeinflussen

Bei der Stimmung vieler Marktteilnehmer, eingefangen in einzelnen Statements, schwingt denn auch ein gewisser Pessimismus mit. So erwartet ein Marktteilnehmer aus Berlin mit Blick auf die aufgezählten Risiken „herausfordernde Zeiten“. Ein Kölner spricht dagegen davon, dass die „Marktbedingungen interessant sind“. Die zahlreichen Probleme sorgen aus seiner Sicht für einen „interessanten und noch nicht probierten Cocktail“. Ein Niederländer aus Amsterdam geht aber davon aus, dass sich der Zinsanstieg in den nächsten zwölf Monaten auf die Preisgestaltung auswirken wird.

Der Blick auf den RICS Global Construction Monitor resp. den Construction Activity Index (CAI), zeigt eine „zunehmende Bautätigkeit“ – trotz Materialknappheit, steigenden Materialkosten und erwarteten Kostensteigerungen für qualifizierte und ungelernte Arbeitskräfte, die 91% der Befragten gleichwohl als großes Hemmnis betrachten. Dadurch könnten die Gewinnspannen und die Preisbildung unter Druck geraten. Vor diesem Hintergrund geht Eickermann-Riepe davon aus, dass das Wachstumstempo in den nächsten zwölf Monaten nachlassen wird.

Insgesamt sank der CAI in Europa von +29 im vierten Quartal des Vorjahres auf +19 im ersten Quartal. Vor allem in Rumänien, Italien und Spanien hat die Bautätigkeit laut Studie deutlich an Schwung verloren. Dagegen legte der Index in der Schweiz, in Frankreich und in Deutschland zu, wobei er hierzulande mit einem Plus von 31 auf 34 den zweithöchsten Wert erreichte. Allerdings wird diese positive Erwartung vor allem vom Wohnungsbau getragen, der etwa in Deutschland von der Politik vorangetrieben wird.

Mit Blick auf den Gewerbesektor und den bestehenden Renovierungsbedarf stellt sich laut Eickermann-Riepe die Frage, wann auch hier die Renovierungs-Welle einsetzt, denn die Regulierung schreite weiter voran.