Leitbild Handel Innenstadt

Köln sucht seinen Weg in die Zukunft

Neues Image für die Einkaufsstraßen im Schatten des Doms. Bild: Fotolia

Mit seinem weltbekannten Dom findet sich Köln auf jeder Reiseroute internationaler Deutschlandbesucher. Und auch für Inländer ist die Stadt am Rhein immer eine Reise wert. Doch auch die Magnetwirkung des sakralen Bauwerks kann nicht verhindern, dass der Strukturwandel im Einzelhandel und veränderte Konsumgewohnheiten in der Stadt Spuren hinterlassen. Vor gut einem Jahr hat das Kölner Amt für Stadtentwicklung und Statistik die Initiative ergriffen, um mit den Innenstadtakteuren ein neues Leitbild für Handel und Innenstadt zu entwickeln.

Die Hohe Straße, die an der Domplatte des Doms ihren Anfang nimmt, hat als Einkaufsstraße einen über die Stadt hinausreichenden Ruf und die Schildergasse findet sich bei den Frequenzzählungen der Immobilienberater regelmäßig unter den meistbesuchten Einkaufslagen Deutschlands. Der weltberühmte Dom mit seinem mächtigen Fundament und dem zweithöchsten Kirchturm Europas zieht viele internationale Touristen in die Stadt und in ihre Einkaufslagen.

Doch der Strukturwandel im Einzelhandel und in den Citylagen hat auch vor den Kölner Einkaufsstraßen nicht Halt gemacht und den Vorschuss, von dem die alte Römerstadt mit ihren vielen Sehenswürdigkeiten über Jahrzehnte zehren konnte, war zuletzt etwas aufgebraucht. Nach der Studie des IFH Köln im Auftrag des Wirtschaftsministeriums von Nordrhein-Westfalen über die Innenstädte des Landes, haben „insbesondere die zunehmende Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft, die Veränderungen im Konsumentenverhalten und der Strukturwandel seit Jahren ihre Spuren hinterlassen“.

Vor diesem Hintergrund muss der Besuch einer Innenstadt laut Stadtmarketing Köln, die vor 26 Jahren von einem Teil der Kölner Einzelhändler gegründet wurde, heute als „Visitor Journey“ konzipiert sein, bei der Anreise, Aufenthaltsqualität, Einkaufs-, Gastronomie-, Freizeit- und Kulturangebot bis hin zur Rückreise konsequent zusammenwirken. Was die Stadt Köln mit Blick auf diese neuen Herausforderungen, denen sich im Grunde alle Städte gegenübersehen, noch braucht, sind aus Sicht von Experten ganzheitliche Entwicklungs- und Gestaltungsansätze für die Innenstadt wie Ruhezonen, Rückzugsmöglichkeiten, Raum für Kinder und gute Erreichbarkeit.

Auch in den stark frequentierten Einkaufslagen Hohe Straße und Schildergasse gab es in der jüngeren Vergangenheit keine signifikante städtebauliche Entwicklung. Zudem sind fehlende Ordnung, Sauberkeit und Sicherheit – die klassischen Aufgaben einer Stadt – schon länger ein Thema, das am Image der Stadt kratzt.

Aber auch die Immobilieneigentümer, die lange Jahre vom boomenden Vermietungsmarkt bei innerstädtischen Einzelhandelsimmobilien und der entsprechend hohen Mieternachfrage profitierten, müssen heute umdenken, gemeinsam an einem attraktiven Branchenmix arbeiten und dafür passende Handels- und Nutzungskonzepte gewinnen, denn das Thema Mischnutzung gewinnt immer mehr an Bedeutung. Zu den Problemen der von ihrer mittelalterlichen Struktur geprägten Hohe Straße gehört beispielsweise der starke Mieterwechsel vor allem im mittleren Teil. Hier ist der Trading-down-Effekt aus Sicht von Experten deutlich sichtbar.

Viele Vermieter müssen heute umdenken

Auf diesen fortschreitenden Strukturwandel hat das Amt für Stadtentwicklung und Statistik der Stadt Köln vor über einem Jahr mit der Erarbeitung des „Leitbilds Handel Innenstadt“ geantwortet und sich dabei im ersten Schritt auf die „Handelslagen Hohe Straße/Schildergasse“ konzentriert. Zusammen mit den Dortmunder Stadtplanern und Standortspezialisten von Stadt + Handel wollen die Verantwortlichen ein Leitbild für die zukünftige Gestaltung und Ausrichtung der Kölner City erarbeiten.

Ziel ist es ganz grundsätzlich, die Innenstadt mit ihren unterschiedlichen Handelslagen zu profilieren, wobei die innerstädtischen Akteure bei der Erarbeitung dieses Leitbildes mit einbezogen werden. Zu den Projektpartnern gehören die Köln Business Wirtschaftsförderung, die IHK Köln, der Verein Stadtmarketing Köln und die Initiative Kölner Handelslagen, in der sich 40 Eigentümer von Handelsimmobilien an der Hohe Straße und an der Schildergasse zusammengetan haben.

Ihr Sprecher ist Frank Wenzel,Geschäftsführer der Aachener Grundvermögen, die nach seinen Worten als Eigentümerin mit vielen Immobilien in der Kölner Innenstadt, vor allem auf Hohe Straße und Schildergasse vertreten ist. Das Unternehmen will nach seinen Worten seiner Verantwortung gerecht werden und zur Weiterentwicklung und Stärkung der Handelslagen beitragen. Dabei geht es der Aachener Grundvermögen vor allem darum, aus Eigentümersicht ihren Beitrag zu leisten, „das Leitbild Handel umzusetzen“.

Nach Einschätzung von Stadtmarketing Köln, die die Gründung der Initiative „Kölner Handelslagen“ koordiniert und vorangebracht hat, sind Immobilieneigentümer und Projektentwickler die „Schlüsselakteure im Transformationsprozess der Neukonzeption der Innenstädte und es ist wichtiger denn je, dass die Zusammenarbeit mit den städtischen Bereichen u.a. dem Baudezernat partnerschaftlich erfolgt“. Mit der Initiative der Eigentümer steht Köln im bundesweiten Vergleich sehr gut da.

Denn heute stehen die Städte vermehrt vor der Frage, ob es sinnvoll ist, mehr Mischnutzungen in den Cities zu etablieren und ob völlig neue Flächenaufteilungen notwendig sind. Das ist ohne Eigentümer nicht zu machen, andererseits benötigen Eigentümer und Projektentwickler ihrerseits die städtischen Institutionen, um etwa eine Überarbeitung der Gestaltungssatzungen und die deutliche Verkürzung der Bauantragszeiten von heute bis zu zwei Jahren zu erreichen.

Bei der Erarbeitung des Leitbildes Handel Innenstadt mit Schwerpunkt „Handelslagen Hohe Straße/Schildergasse“ wollen sich die Verantwortlichen zunächst mit den zentralen Fragen auseinandersetzen, welche aktuellen Trends die Entwicklung des Einzelhandels und der Stadtzentren gegenwärtig beeinflussen, wie die Kölner Handelslagen im Jahr 2030 aussehen werden und was die Verantwortlichen im Leitbildprozess tun müssen, um fit für die Zukunft zu sein.

Um darauf Antworten zu finden, sind zum einen laut Amt für Stadtentwicklung eine „Situationsanalyse der Innenstadt inklusive ihrer Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken unter Einbeziehung sekundärstatistischer Daten und Materialien, insbesondere der Weiterentwicklung der innerstädtischen Lagenprofilierung des Einzelhandels- und Zentrenkonzeptes“ geplant. Ein in diesem Kontext geplantes Werkstatt- beziehungsweise Beteiligungsverfahren mit relevanten Akteuren und Akteurinnen zur Entwicklung des Leitbilds der Innenstadt wurde bereits durchgeführt.

Erste Visionen der Neuausrichtung vorgestellt

Im dritten Schritt soll ein Katalog mit konkret formulierten Maßnahmen und Entwicklungsstrategien – aufgelistet nach Relevanz und zeitlicher Umsetzung – erstellt werden. Und schließlich geht es darum, die Umsetzung der erarbeiteten Maßnahmen zu steuern und die Maßnahmen zu bewerten. Im Rahmen der Leitbildentwicklung sollen dann konkret formulierte Aufgabenfelder und Maßnahmen abgeleitet werden, die dazu beitragen, dass die Kölner Innenstadt für Bürger und Touristen wieder attraktiver wird.

Beim jüngsten Treffen der Initiative Kölner Handelslagen im Juli in Köln stellten die Dortmunder Berater von Stadt+Handel und das Amt für Stadtentwicklung und Statistik den aktuellen Stand und eine Vision für die künftige Ausrichtung der Handelslagen vor. Diese sieht z.B. eine Lagenprofilierung vom Wallrafplatz über die Hohe Straße und Schildergasse bis hin zum Neumarkt vor. Dabei soll der Übergang zur Hohe Straße die gehobene Markenvielfalt vom Wallrafplatz aufgreifen.

Des Weiteren wurde darauf hingewiesen, dass sich die schmalen Gebäudeeinheiten und die geringe Straßenbreite der Hohe Straße für Sortimente und Konzepte mit kleinen Flächen lokaler Akteure eignen würden sowie Konzepte mit Pop-up-Charakter oder neue Innenstadtformate von Nutzern außerhalb des Handels.

Die Schildergasse mit ihren großflächigen Immobilien soll nach diesen Vorstellungen zum Shoppingboulevard werden und mit ihrer Großzügigkeit beim Handelsangebot, ihrer Aufenthaltsqualität bzw. mit Mischnutzungen in den Immobilien punkten. Jüngstes Beispiel für die Nutzungsmischung ist die neue Boulder-Halle, die demnächst in der Schildergasse eröffnen wird.

Wie Stadtmarketing Köln konstatiert, ergänzt dieses Leitbild die schon begonnenen Projekte der Eigentümer beispielsweise am Antritt der nördlichen Hohe Straße mit hochwertigen Markensortimenten und Storekonzepten. Hier haben die Vermieter in den vergangenen Jahren den Fokus auf eine qualitative Vermietung gelegt, um an die Wertigkeit der Handelsformate vom Wallrafplatz und zukünftig des Domhotels sowie des Laurenzkarrees anknüpfen zu können.

Dabei sind Ansiedlungen wie Polo Ralph Lauren, Waterdrop und Juwelier Wempe wegweisende Marken, die den Standort stärken. Aber auch Handelsformate, die monatlich ihre Anbieter wechseln, sind vertreten. In der südlichen Hohe Straße konnten die Eigentümer großflächige Konzepte wie Uniqlo gewinnen, aber auch Technikanbieter wie Dyson.

Mit Blick auf das spürbare Trading-Down im mittleren Teil der Hohe Straße konstatiert Stadtmarketing Köln, dass die Aussichten für die Zukunft vielversprechend sind, weil die Eigentümer unter anderem im Zusammenwirken mit der Initiative Handelslagen die Potenziale der Straße durch Projektentwicklungen wie die Umgestaltung eines ganzen Häuserkomplexes nach den Vorstellungen junger Leute heben wollen. Details des Projekts sollen im Herbst dieses Jahres bekannt gegeben werden. Neue moderne Flächen in diesem Bereich der Einkaufslage dürften es auch leichter machen, attraktive Mieter anzuziehen.